Autorin: Marilyn ReppDie echte und die digitale Realität verschwimmen zunehmend. Dieser Prozess ist nicht aufzuhalten. Welche Chancen bietet der Megatrend Virtual und Augmented Reality für den Handel?
Zuerst einmal: Was unterscheidet Virtual Reality (VR) von Augmented Reality (AR)? VR lässt Menschen komplett in eine digitale Welt abtauchen – das passiert meist über VR-Brillen. Letztere sind allerdings noch teuer und unpraktisch und daher noch nicht weitverbreitet. Was diese Technologie angeht, befinden wir uns noch ganz am Anfang: VR-Lösungen sind ebenso teuer in der Produktion, weil immersive virtuelle Welten oder Geschichten erstellt werden müssen.
Augmented Reality hingegen ergänzt die echte Realität durch Digitales: zum Beispiel Informationen zum Produkt oder auch Unterhaltsames wie eine Figur, die zum Leben erweckt wird und etwas erzählt. So kann ein einzigartiges Erlebnis geschaffen werden, das die Kundin nicht vergisst. Es geht um Entertainment, Inspiration, Kontexterstellung und um Storytelling.
Während der Pandemie hat sich der QR-Code komplett durchgesetzt und er tut genau das: Die echte und die digitale Welt werden miteinander verbunden. Das hat großes Potenzial: Ohne eine App herunterzuladen, kann die Kundschaft digital in Interaktion treten. Browserbasierte Lösungen liegen voll im Trend – wer lädt sich heute noch eine App herunter?
Virtuelle Anprobe
Aus dem Online-Handel sind schon viele AR-Anwendungen bekannt – durch den Metaverse-Hype 2022 wurden es immer mehr. Hier kennen wir schon länger die IKEA Place App, mit der man sich die Möbel direkt ins Wohnzimmer stellen kann. Auch Douglas bietet in der App ein virtuelles Try-on von Make-up. Sporthersteller NIKE experimentiert mit der virtuellen Anprobe und versucht so, den besten Fit für den Schuh zu finden. Die digitale Anprobe von Schuhen und Kleidung kennen wir auch schon aus einigen Applikationen. Nicht alle funktionieren schon zufriedenstellend. Für die Retourenquote im E-Commerce besteht hier aber in Zukunft erhebliches Potenzial!
Sinnvoll kann aber auch eine Indoor-Navigation auf Basis von Augmented Reality sein. Wo ist die Kinderschuh-Abteilung? Wo ist die Toilette? Diese Fragen kann eine simple Anwendung beantworten, die ich per QR-Code aktiviere. Sieht man sich nun durch die Kamera im Raum um, so erscheinen Pfeile auf dem Boden und erklären den Weg. Solche interaktiven Formate kennen viele schon aus Museen, ihr Nutzen ist aber auch für den stationären Handel offensichtlich.
Echte Magie
Der Handel muss immer mehr Erlebnisse und Inspirationen liefern. So hat beispielsweise GLOBETROTTER vor zwei Jahren eine VR-Experience zu seinem 40. Jubiläum gebaut. Dabei ging es aber gerade nicht um das Darstellen von Produkten, sondern um eine atemberaubende Outdoor-Experience mit VR-Brillen. Man konnte gefährliche Wanderwege in China erklettern, Wind und Kälte wurden dazu durch eigens dafür aufgestellte Maschinen simuliert. So sehen überzeugende VR-Erfahrungen im Handel aus, die Tausende Menschen in den Laden locken. Ausschlaggebend dabei ist aber eine begleitende Marketing-Kampagne, die darauf aufmerksam macht.
Für die Entwickler oder Projektleiterinnen sollte immer im Zentrum stehen: Wie kann ich ein Erlebnis schaffen, das im Kopf bleibt? Im Zentrum sollte nicht immer zuallererst das Produkt stehen. Das Stichwort Storytelling ist auch hier zentral: Es sollte eine Geschichte erzählt werden, die im besten Falle auch mit dem Produktkosmos oder Sortiment zu tun haben kann.
Zur Person
Raus aus der Komfortzone, rein in die Zukunft! Das ist Marilyn Repps Botschaft an mittelständische Unternehmen. Beim Handelsverband Deutschland ist sie stellvertretende Geschäftsführerin vom Mittelstand-Digital Zentrum Handel und unterstützt dort den Handel bei der digitalen Transformation. In ihrem Podcast „Zukunft des Einkaufens“ scannt sie die neuesten Trends und Innovationen der Branche. Marilyn Repp ist außerdem eine gefragte Speakerin und Autorin rund um das Thema Metaverse und Web3 im Handel.