Bis dass der Tod uns scheidet

Mode im Alter

Die Elwood ist seit fast 25 Jahren im Programm bei G-Star Raw und hat eine treue Fangemeinde - mancher möchte gar keine andere Jeans mehr tragen! Ihr Markenzeichen: eine etwas verbeulte Silhouette, die dem Träger O-Beine verleiht. ©G-Star RAW

Autorin: Katja Vaders
Es gibt Kleidungsstücke, mit denen man alt werden möchte – wie zum Beispiel das Denim-Modell Elwood von G-STAR RAW. FT sprach mit Leo Brancovich, Men’s Design Manager bei G-STAR RAW, über einen Fashionklassiker, den ursprünglich keiner haben wollte.

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Es gibt Kleidungsstücke, die man sein ganzes Leben lang tragen möchte und daher immer wieder nachkauft. Zumeist war es Liebe auf den ersten Blick, als man dieses Teil als Teen oder Twen das erste Mal zu Gesicht bekam: Es war schön und hip, passte wie angegossen und war ein Meilenstein auf dem Weg, seinen eigenen Stil zu finden. Und irgendwann, als das Teil unansehnlich oder kaputt war und man es durch genau das gleiche ersetzte, war klar, dass man mit ihm alt werden wollte. Gründe für diese Entscheidung sind Bequemlichkeit oder der Wunsch, mit dem Teil ein bisschen an seiner Jugend festzuhalten.

Wenn man Männer Ü50 fragt, mit welchem Kleidungsstück sie diese ganz besondere, lebenslange Bindung eingegangen sind, werden zahlreiche Design-Klassiker genannt: Nike Air Force 1, Dr.-Martens-Boots, Chucks, adidas Superstar, Bomberjacke, Calvin-Klein-Unterhosen oder die LEVI’S 501 … Ein Klassiker, der eher selten Erwähnung findet, weil er es immer schon ein bisschen schwerer hatte zu gefallen, ist definitiv die Elwood 5620 von G-STAR RAW, die das Amsterdamer Label nichtsdestotrotz seit stolzen 25 Jahren im Programm hat.

Dass die Elwood nicht Everybody’s Darling ist, könnte definitiv an ihrem Schnitt liegen – der war eigentlich noch nie so richtig in Mode. Zudem ist er alles andere als vorteilhaft für die meisten seiner Träger.

Leo Brancovich ist Men’s Design Manager bei G-STAR RAW und antwortet auf die Frage, wie viele Elwoods das Amsterdamer Label über all die Jahre verkauft hat, lakonisch: Zu viele, um sie zählen zu können. Wir haben mehr Elwoods abgesetzt, als die meisten anderen Brands insgesamt Jeans verkauft haben.“ Irgendetwas muss also dran sein an diesem Denim-Modell, das Mitte der 1990er-Jahre auf den Markt kam, das bei seinem Launch allerdings zunächst niemand haben wollte. Seinerzeit dominierten alteingesessene Denim-Brands wie LEVI’S, Lee oder Wrangler den Markt. G-STAR, gegründet 1989, war ein Newcomer und wollte vielleicht gerade deshalb die Denim mit einem innovativen Cut revolutionieren. Wie kam man auf die Idee, eine völlig neue Silhouette zu entwerfen?

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„Die Inspiration zur Elwood kam dem Designer Pierre Morisset, als er einen vom Regen völlig durchnässten Motorradfahrer auf einem Rastplatz an einer französischen Autobahn sah. Seine Jeans passte sich komplett der Form seines geduckten Körpers auf dem Motorrad an und während der arme Kerl einen heißen Café au Lait genoss, zeichnete Pierre schnell eine Skizze von dem, was später die Elwood werden sollte: eine anatomische Jeans mit Verstärkungsnähten am Knie“, erklärt Leo Brancovich. Geboren war eine etwas merkwürdige Jeans, die sich zunächst nur sehr schlecht verkaufte und sogar bis heute extrem polarisiert. Die ersten Missverständnisse rund um die Elwood entstanden bereits bei ihrer Namensfindung. „Pierre wollte den Stil der neuen Denim ‚Hailwood‘ nach dem berühmten Rennfahrer Mike ‚The Bike‘ Hailwood nennen. Leider wurde sein starker französischer Akzent von einem Kollegen falsch interpretiert und das neue Jeansmodell unabsichtlich falsch ‚Elwood‘ genannt“, erzählt Brancovich.

Die Elwood ist um einiges radikaler als die klassische Five-Pocket-Jeans, die LEVI’S in den 1850er-Jahren kreierte und die seitdem von den meisten Denim-Marken nur in kleinen Details variiert wurde. Sie sieht ein bisschen so aus wie eine ausgebeulte Lederhose und verleiht dem Träger durch ihre Abnäher, die der Jeans eine Art 3-D-Look verpassen, O-Beine. Ein definitives Plus ist ihre hohe Funktionalität, die sie vor allem durch die Widerstandsfähigkeit des Raw Denims erlangt; außerdem geht sie mit der Mode. „Ihr Stil hat sich ständig weiterentwickelt mit Hunderten Variationen der gleichen Details: die abgewinkelte Vordertasche, die doppelt genähte und abgenähte Kniepartie, der Fersenaufnäher, die hintere Verstärkung und die Oberschenkelnähte. Es gab Laufstegversionen, superschlanke und breite, skulpturale Versionen“, so Leo Brancovich. „Die Elwood hat sich immer wieder subtil verändert, um sich an die verschiedenen Zeiten anzupassen. Auch momentan arbeiten wir wieder an neuen Versionen.“

Eine gute Nachricht also für alle eingefleischten Fans: Ihr müsst nicht mit dem identischen Denim-Modell alt werden, sondern könnt euch immer wieder auf kleine Variationen freuen! In Amsterdam ist man nämlich sehr interessiert daran, auch ein junges Publikum für den G-STAR-Klassiker zu gewinnen. Wir haben sowohl ältere als auch sehr junge Kunden. Darunter sind Millionen von Männern, die mit der Elwood erwachsen geworden sind, aber auch sehr viele neue Kunden, die den original 1990s Style adaptieren wollen. Für unsere jungen Designer ist es eine besondere Herausforderung, die Elwood in alle möglichen Richtungen zu denken. Sie präsentiert sich in vielen Qualitäten, mit denen wir arbeiten wollen. Ihre Langlebigkeit ist darauf zurückzuführen, dass diese Jeans in einem völlig unabhängigen Denkprozess konzipiert wurde; unter Designkriterien, die jenseits von Modeerscheinungen und dem Mainstream entwickelt wurden. Diese ganz spezielle Qualität eines anatomischen Designs und dass die Elwood sich immer wieder neu erfinden kann, kennzeichnen den Designprozess unserer Marke“, so Leo Brancovich.

Bei G-STAR wird also alles dafür getan, dass die Fangemeinde der Elwood stetig nachwachsen kann. Denn eins scheint sicher: Wer sich einmal in diese ganz spezielle Jeans verliebt hat, kommt nicht mehr von ihr los. Bis dass der Tod uns scheidet!