Das Geschäft mit dem Schweiß

Sportsponsoring

Deine Firma: Sportsponsoring wird in der Mode gern genutzt. (Bild Adobe Stocks)

Autor: Markus Oess

Jogi Löws  Fernsehauftritte sind ihr Geld wert, nicht allein was die Slow Motions seiner Reflexhandlungen am Spielfeldrand angeht. Deutschland schaut zu, was der oberste Fußballlehrer der Nation anzieht, und dieses Interesse lässt sich der Deutsche Fußballbund fürstlich entlohnen. 3,5 Milliarden Euro schwer ist der Markt des Sportsponsorings allein in Deutschland. Letztlich dominiert vor allem der Fußball das Geschehen. Neue Plattformen wie sponsoo könnten aber weniger populären Sportarten und ihren Vertretern helfen.

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OLYMP kleidet Borussia Dortmund ein. (Bild: OLYMP)

Chancenlos – so bezeichnet Prof. Dr. Gerd Nufer die Erfolgsaussichten von Sponsoring-Aktivitäten wie Kultursponsoring, Soziosponsoring, Ökosponsoring, Mediensponsoring etc. Frei nach dem guten alten Highlander-Motto, „Es kann nur einen geben“, sticht der Sport alle übrigen Bereiche des Sponsorings aus. „Das Sportsponsoringvolumen in Deutschland betrug im Jahr 2016 rund 3,5 Milliarden Euro. Das macht knapp zwei Drittel der gesamten Investitionen in Sponsoring aus. Das heißt, andere Sponsoringarten wie Kultursponsoring, Soziosponsoring, Ökosponsoring, Mediensponsoring etc. haben gegen den Sport keine Chance. Auch die aktuelle Entwicklung spricht für den Sport: In den letzten fünf Jahren konnte das Sportsponsoring von 2,6 auf 3,5 Milliarden Euro sogar noch deutlich zulegen“, sagt Prof. Nufer im Interview mit FT (siehe nebenstehender Artikel). Er weiß sehr gut, wovon er redet, der Wissenschaftler lehrt Betriebswirtschaftslehre mit den Schwerpunkten Marketing und Sportmanagement an der ESB Business School der Hochschule Reutlingen. Darüber hinaus leitet er das Deutsche Institut für Sportmarketing.

Zwar hat Jogi Löws blauer Pullover Strenesse auch nicht retten können, aber er hat seinen Zweck auf jeden Fall erfüllt. Nicht nur Deutschlands Experten wussten, der Erfolgstrainer der deutschen Fußballnationalmannschaft zeigte sich eine ganze Weile gerne bei Länderspielen in der ehemals so erfolgreichen Premiummarke. Nun stattet HUGO BOSS die Edelkicker aus. Die haben zwar auch mit sich zu tun, aber es wäre doch verwegen, den bundesdeutschen Edelkickern ein schlechtes Mantra zu unterstellen. Mercedes-Benz zum Beispiel, einer der Hauptsponsoren, ist ja derzeit ganz gut unterwegs.

Sponsoringplattformen etablieren sich

Im Sportsponsoring geht es nur mittelbar um die Ehre. Es geht ums Geschäft, um Imagetransfer und Werbung auf der einen und einträgliches Einkommen oder wenigstens eine finanzielle Unterstützung im Trainings- und Wettkampfalltag auf der anderen Seite. Bei Weitem nicht alle Sportprofis, die ihren Namen vermarkten, müssen nun regelmäßig ein Ticket ins nächstgelegene virtuelle oder reale Steuerparadies lösen. Im Gegenteil, die meisten können von ihrem Sport nicht leben. Um die eigene Vermarktung für Sportler zu erleichtern und den Sponsoren einen leichten Zugang zu interessierten Sportlern zu ermöglichen, haben sich eigene Plattformen etabliert.

Das sponsoo-Team (Foto: sponsoo)

sponsoo (www.sponsoo.de), Hamburg, ist eine solche Plattform: „Wir haben sponsoo im August 2014 gegründet. Uns ist damals aufgefallen, dass im Breiten- und Spitzensport noch viel ungenutztes Marktpotenzial verborgen liegt. Um den Markt zugänglich und effizient zu machen, haben wir einen digitalen Marktplatz gegründet, der Marken mit Sportlern und Vereinen verbindet“, berichtet Andreas Kitzing, Geschäftsführer und Mitgründer von sponsoo. Sportler und Vereine legen sich auf sponsoo ein Profil inklusive der für potenzielle Geldgeber wichtigen Daten an. So werden beispielsweise die Social-Media-Accounts mit der Plattform verknüpft. Auf Basis dieser Daten schlagen die Hamburger für jedes Marketing-Ziel passende Sponsorings vor. „Durch die Digitalisierung des Prozesses können die Sponsorings dann auch wesentlich effizienter umgesetzt und nachbetreut werden. Auch die Ergebnisse sind viel einfacher und exakter messbar“, sagt Kitzing. Von jedem realisierten Sponsoring streicht sponsoo eine Provision in Höhe von 20 Prozent ein. „Außerdem berechnen wir zusätzliche Services wie Marktanalysen oder Beratungskonzepte zu marktüblichen Konditionen.“ Die Geschäftsidee kommt an. So ist Jung von Matt/sports bereits im November 2015 als strategischer Partner eingestiegen. Im August 2016 sind vier Privatinvestoren dazugekommen. „Aktuell sind wir in Gesprächen mit weiteren Investoren, um eine etwas größere Finanzierungsrunde abzuschließen“, sagt Kitzing. sponsoo decke die ganze Bandbreite des Marktes ab. „Vom kleinen Hobbysportler bis hin zum Olympiasieger, Bundesligisten oder großen Verband ist bei uns alles vertreten. Bekannte Sportler und Vereine sind beispielsweise die mehrfache Olympiasiegerin Kristina Vogel, der Pokal-Halbfinalist Sportfreunde Lotte oder der Deutsche Golf Verband. Unsere kleinsten Sponsoren sind Einzelunternehmer; die größten Unternehmen sind bekannte Marken wie die Sparkasse, Red Bull oder ThyssenKrupp.“

Auch Extrembügeln wird als Sport gesponsert

In der Sportszene jedenfalls habe es sich schnell herumgesprochen, dass es sponsoo gebe. „So sind wir ohne große Marketing-Aufwendungen auf über 6.000 registrierte Sportler und Vereine gekommen. Unsere Marketing- und Vertriebsaktivitäten fokussieren wir daher auf die Sponsorenseite“, erläutert Kitzing. Kleinere Unternehmen werden hauptsächlich über digitales Marketing und die organische Google-Suche angesprochen. Große Unternehmen werden vor allem über Jung von Matt/sports angegangen.

Interessanterweise gibt es auch so etwas wie – Achtung – E-Sport, also wettbewerbsorientierte Computerspiele. Inzwischen sei auch das kein Exot mehr. „Unsere ungewöhnlichste Sportart ist wahrscheinlich ‚Extrembügeln‘. Bei diesem Trend übertreffen sich die Sportler damit, an möglichst ausgefallenen Orten ihre Wäsche zu bügeln. Für Sponsoren sind diese Sportarten interessant, weil Sponsoring-Engagements nicht so teuer sind und dennoch ein hohes Potenzial für Storytelling bieten. Auf das Extrembügel-Beispiel werden wir auch Jahre später noch angesprochen – genau den gleichen Effekt können auch Sponsoren erzielen, die ihre Marke dadurch dauerhaft in den Köpfen ihrer Kunden verankern können.“

Mittelfristig soll der Marktplatz auf jeden Fall auch für andere Segmente geöffnet werden. „Aktuell haben wir einen vorsichtigen Test mit ‚Cosplay‘ gestartet. Cosplay ist ein Verkleidungstrend, bei dem die Akteure bekannte Popkultur- oder Comic-Charaktere möglichst originalgetreu nachstellen. Da die bekanntesten Cosplayer eine erstaunlich hohe Reichweite mitbringen, verläuft der Test bislang recht vielversprechend.“

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Modelabels sind sehr aktiv

Der Nürnberger Eishockeyspieler Jesse Blacker im Anzug von CG -CLUB OF GENTS (Bild: Création Gross)

Bis es aber so weit ist, bleibt es erst mal beim Sport. Was die Mode angeht, seien unzählige kleine Modelabels oder lokale als Sponsor aktiv. „Aktuell setzen wir außerdem mit einer bekannten Fashionmarke eine Influencer-Marketing-Kampagne durch. Die Ergebnisse werden mit Sicherheit in den nächsten Wochen auch auf unseren eigenen Instagram- und Facebook-Kanälen zu sehen sein.“ Auch wenn Deutschland Fußballland sei, bestehe auch nach den über 200 anderen Sportarten auf unserer Plattform eine hohe Nachfrage. „Im Fashionbereich besonders gefragt sind Lifestyle-Sportarten wie Beachvolleyball, Surfen oder Snowboarden, da diese bei einer modeaffinen Zielgruppe besonders gut ankommen.“

Der Poloshirt-Anbieter hajo POLO & SPORTSWEAR, Weiden, engagiert sich mit großem Erfolg seit Längerem bei der German Polo Tour. Jetzt ist das Unternehmen auch offizieller Bekleidungsausstatter. Die Spieler aller Teams werden bei den sechs Turnieren der German Polo Tour die Poloshirts von hajo überstreifen. Für hajo-Geschäftsfüher Wolfgang Müller habe sich der Deal schon jetzt gelohnt, sagt er (siehe nebenstehender Artikel). Der Hersbrucker HAKA-Spezialist Création Gross (CARL GROSS und CG Club of Gents) dagegen ist im Bereich Eishockey aktiv. Die Wahl fiel auf die Thomas Sabo Ice Tigers, Nürnberg. Ausschlaggebend waren die regionale Nähe, „aber vor allem die Art und Weise, wie der Verein geführt wird. Es ist eine sehr beständige Geschäftsführung mit klaren Zielen im sportlichen wie auch im wirtschaftlichen Bereich. Diese Art der Vereinsführung deckt sich zu weiten Teilen auch mit unserem Verständnis der Unternehmensführung“, argumentiert Marketing-Chef Jürgen Putzer. Die Franken prüfen, ob sie auch in Basketball und Fußball einsteigen werden. „Aber es ist noch nichts unterschrieben und es hängt immer davon ab, welche Leistungen die jeweiligen Partner mit uns zusammen realisieren können, damit wir unser Ziel der Steigerung der Markenbekanntheit erreichen.“

Fußball ist in Mode

Julian Korb (l.) und Jonas Hofmann von der Borussia Mönchengladbach tragen Kleidung von BRAX. (Bild: Borussia Mönchengladbach)

Das Herforder Lifestyle-Label BRAX ist Premiumpartner vom Fußballbundesligisten Borussia Mönchengladbach. „Hier sind wir Business-Ausstatter für Team und Präsidium, Management sowie Mitarbeiter. Zusätzlich sind wir mit festen Bandenplatzierungen und rollierenden Banden im Stadion präsent. Die im Paket enthaltenen Business-Seats nutzen wir an Spieltagen gemeinsam mit Kunden und Partnern“, erläutert ein Sprecher. Im Lokalsport sponsert BRAX in kleinem Rahmen den heimischen Eishockeyklub Herforder EV.

„Wir sind eine Premium-Fashionmarke und haben daher stets hohe Ansprüche und Erwartungen, auch an unsere Partner. Als die Option der Premiumpartnerschaft inklusive Ausstattung bei Borussia bestand, mussten wir nicht lange überlegen. Die Bundesliga ist eine spannende und tolle Plattform der Markenkommunikation“, sagt der Sprecher. Wie auch Création Gross redet man in dem Zusammenhang nicht gern öffentlich übers Geld, aber das Sponsoring mache weniger als 5 Prozent des Marketingbudgets aus. BRAX hält nach eigener Aussage auf jeden Fall an der Borussia fest. „Die Entwicklung der Borussia in den letzten Jahren ist einfach wahnsinnig gut! Die Bedeutung einer Partnerschaft sieht man allerdings erst in schwierigen Zeiten. Gerade als die Borussia noch weit entfernt von den Europapokalplätzen lag, waren wir ein verlässlicher Partner. Wir denken stets langfristig.“

Der Hemdenhersteller OLYMP ist für sein starkes Marketing auch über die Mode hinaus bekannt. Unternehmens-Chef Mark Bezner ist im Sponsoring auf vielen Spielfeldern unterwegs, wie er gegenüber FT ausführt: „Vorrangig werden die verfügbaren Mittel für die ersten Mannschaften der Frauen und Männer der Sportgemeinschaft Bietigheim-Bissingen-Metterzimmern (SG BBM) aufgewendet, die seit Jahren erfolgreich in der 1. beziehungsweise 2. Handball-Bundesliga vertreten sind. Insbesondere die Damenmannschaft, deren Kader einige aktuelle Nationalspielerinnen und Champions-League-Siegerinnen vorweisen kann, hat sich inzwischen zu einem der besten Handballteams in ganz Europa entwickeln können. Abseits des Handballfeldes ist OLYMP seit der Saison 2015/2016 Produktpartner von Borussia Dortmund. Durch den besonderen Partnerstatus bekommt OLYMP eine Exklusivität für Hemden, Krawatten und Strickwaren bei der Ausstattung der Bundesligamannschaft und der Vereinsführung des BVB. Außerdem ist OLYMP Premiumpartner des SC Bietigheim Steelers in der 2. Eishockey-Bundesliga. Und auch darüber hinaus werden immer wieder talentierte Spitzensportler aus der Region Bietigheim-Bissingen unterstützt, ganz unabhängig davon, welcher Sportart sie sich verschrieben haben.“

Für Bezner ist es nicht allein die persönliche Leidenschaft für die Sportarten. „Wir sehen uns nicht zuletzt auch als kultureller Förderer des Gemeinwesens der Stadt Bietigheim-Bissingen und unterstützen gerade deshalb die lokalen Sportvereine. Bei der Produktpartnerschaft mit Borussia Dortmund hingegen war ausschlaggebend, dass der BVB einer der traditions- und erfolgreichsten deutschen Fußballklubs ist, dessen Werte wie Echtheit, hohe Bindungskraft und ausgeprägte Ambition gleichermaßen für OLYMP Gültigkeit haben.“ Bezner will das Sponsoring in gleichem Umfang weiterfahren.

sponsoo-Chef Kitzing sagt, im Gegensatz zu den USA werde Sponsoring immer noch zu sehr als Mäzenatentum betrachtet. Da mag er recht haben; ob allerdings ein so unbedarftes Verhältnis zum Kommerz wie in den USA immer hilfreich ist?