„Am Anfang steht immer das Produkt“

MARC O’POLO

©MARCO O’ POLO
Autor: Markus Oess

Dieter Holzer ist im September 2017 als Vorstandsvorsitzender von MARC O’POLO in Stephanskirchen angetreten, um das Label auf eine neue Wachstumsebene zu hieven und die Marke weiterzuentwickeln. Im Gespräch mit FT zieht der Top-Manager Bilanz und erklärt, wie das Label weiter wachsen will und wo die Chancen speziell für die Menswear liegen.

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Wir werden das internationale Geschäft noch sehr viel stärker forcieren als bislang schon. Dieter Holzer, Vorstandsvorsitzender MARC O’POLO

Herr Holzer, von Mainstream zu Premium. War das für Sie eine Umstellung oder ist Mode gleich Mode?
Dieter Holzer: „Natürlich bestehen zwischen Brands und einzelnen Marktsegmenten große Unterschiede, aber im Grunde bleibt die Aufgabenstellung für die Unternehmen die gleiche: Wie schaffe ich neue Bedürfnisse und wie bringe ich die Leistungen und Produkte einer Marke mit den Erwartungen der Verbraucher überein? Letztlich geht es immer um das Produkt und den Kunden.“

Was war Ihre erste Amtshandlung in Stephanskirchen, als Sie im September 2018 anfingen?
„Menschen kennenlernen und viele Gespräche führen, nicht nur mit dem Management. MARC O’POLO ist zwar eine AG, aber eine familiengeführte und das hat einen besonderen Charme.“

Sie sollten das Label weiterentwickeln. Wann wussten Sie, welche Richtung eingeschlagen werden soll?
„Bevor man so eine Aufgabe übernimmt, macht man sich viele Gedanken, spricht mit Vertrauten, erkundigt sich genau und auch der Inhaber hatte Vorstellungen, in welche Richtung sich das Unternehmen entwickeln soll. MARC O’POLO hat eine 50-jährige Geschichte und war immer weit vorne in seiner Produktexzellenz und dem Kundenverständnis. Marke, Produkt und Verbrauchererwartung waren nicht mehr ganz deckungsgleich. Grundsätzlich wusste ich sehr schnell, wo wir ansetzen mussten: die Womenswear zu alter Stärke führen, die Menswear weiter nach vorne bringen, mit Denim neue Kunden an die Marke heranführen und die Digitalisierung noch stärker vorantreiben. Daten und Erkenntnisse gezielt zum Steuern des Unternehmens nutzen, um Entscheidungen faktenbasiert zu treffen. Dazu kommen noch Themen, die für unser Wachstum essenziell sind, wie Technologien und Logistik, wo wir uns auch personell verstärken. Dafür werden wir in Kürze den Vorstand um die Position des COO erweitern.“

Wie fällt die Bilanz aus?
„Wir sind eine Premium Modern Casual Brand. In der Womenswear sind wir in unseren Kernmärkten marktführend. Diese Position gilt es zu behaupten und bestmöglich auszubauen. Da sind wir schon auf einem guten Weg. Bei der Menswear sehen wir noch Wachstumspotenzial. Wir wissen, dass wir hier noch mehr leisten und Marktanteile gewinnen können. Wir haben mit Susanne Schwenger einen exzellenten Produktvorstand im Unternehmen, der uns im Markt noch einmal deutlich nach vorne gebracht hat und weiterbringen wird. Und wir haben mit MARC O’POLO DENIM eine Linie, die wir klar auf die junge Zielgruppe ausgerichtet haben und die nun gezielt im Markt ausbauen werden. Die Tatsache, dass wir am PoS like-for-like zweistellig wachsen, zeigt uns: Wir sind auf einem sehr guten Weg.“

Welche Brandvision haben Sie?
„MARC O’POLO ist bei den Verbrauchern als Premium Modern Casual Brand gesetzt. Teil unserer DNA ist auch die Nachhaltigkeit, sei es produktseitig, sei es operativ und strategisch im Unternehmen. Diese Verbindung beider Markenattribute wollen wir noch klarer zuspitzen und deutlicher kommunizieren.

Und der Verbraucher?
„Der Verbraucher kauft mit großer Begeisterung MARC O’POLO.“

Wie sieht der Markenaufbau aktuell aus?
„Wir haben unsere Hauptmarke MARC O’POLO Casual Women und Men mit Shoes und Accessories, die Subbrands MARC O’POLO DENIM mit einer eigenständigen Kollektion und Vertrieb sowie MARC O’POLO Pure, unsere Contemporary Casualwear für Damen, Skandinavian Design mit High-Fashion-Spirit. Und wir haben die Lizenzen.“

Welche Ergänzungen sind noch denkbar oder sogar in der Planung?
„Wir sehen uns mit dem aktuellen Programm gut für die Zukunft gerüstet.“

Viele Marken stehen unter dem Zwang, den Erfolg der Vergangenheit fortzuführen, mit bewährter Kundenansprache, gleichzeitig sollen neue Kunden an die Marke herangeführt werden. Wie hält man es in Stephanskirchen?
„Am Anfang steht immer das Produkt. Die Verbraucher verbinden eindeutige Markenattribute mit uns, die sie auch in der Ware wiederfinden müssen, sonst wenden sie sich von uns ab. Es gelingt uns sehr gut, auch mit anderen Themen sowohl bestehende als auch neue Kunden für uns zu begeistern. Zum Beispiel hatten wir zum Black Friday die Black Fashion Week ausgerufen und limitierte DOB- sowie HAKA-Kollektionen, die ausschließlich schwarze Teile beinhalteten, zu attraktiven Preisen verkauft. Zurzeit läuft eine ähnliche Edition, ,White Here. White Now‘. Wir müssen intelligente Inhalte definieren, mutig umsetzen und clever kommunizieren, dann haben wir auch Erfolg. Und wir haben mit Denim eine eigenständige Linie in einem Wachstumssegment, die die Marken-DNA in sich trägt, aber mit einer eigenen Sprache junge Konsumenten anspricht.“

Wie kommen Sie speziell an junge Käufer?
„Zunächst müssen wir eine Basis für Denim im Markt schaffen, um die Marke stärker physisch für den Kunden erreichbar zu machen. Wir suchen die Kooperation mit dem Fachhandel und konnten schon Kunden wie engelhorn, LE BVH MARAIS in Paris oder auch zalando gewinnen. In den Münchner Riem Arcaden haben wir kürzlich unseren ersten MARC O’POLO DENIM Store eröffnet. Wir benötigen eine feste vertriebliche Basis im Markt, dann folgt eine entsprechende Marketing-Kampagne, die wir vor allem digital fahren werden.
Wir haben uns auch hier mit André Hennigers als Geschäftsführer der MARC O’POLO DENIM & CAMPUS GmbH und Nicole Komaritzan als Produktverantwortlicher verstärkt. Wir sind fest entschlossen, das Segment auszubauen.“

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Sie haben das Kundenbindungsprogramm neu aufgelegt, wen wollen Sie damit erreichen?
„Die Fans von MARC O’POLO, also unsere bestehenden Kunden ebenso wie neue. Aber wir verstehen das neue Kundenbindungsprogramm mit seinen Cross-Channel-Services als wichtigen Teil unserer Strategie, die Online- und Offline-Welt mithilfe von digitalen Services zu verbinden. Dazu haben wir letztes Jahr unseren Online-Shop neu aufgesetzt und den .com-Shop gelauncht, mit dem wir auf einen Schlag zusätzlich 13 Länder angegangen sind. Inzwischen verkaufen wir mit unserem Online-Shop in 20 Ländern. Die Entwicklung des digitalen Handels ist auch für unseren stationären Retail entscheidend. In einem nächsten Schritt wollen wir die Mechanismen des Online-Kaufs auf den Retail übertragen. Warum sollen Kunden zum Beispiel nicht eine Auswahl an Teilen mit nach Hause nehmen und das zurückschicken, was ihnen nicht gefällt? Nehmen Sie die Bezahlung und die Kundenkarte. Mit einem Mausklick ist das im Internet passiert. Das wird auch die Zukunft im stationären Handel sein. Aktuell arbeiten wir daran, wie man das im Store umsetzen kann, und wollen es in unserem dafür neu eröffneten Store in den Münchner Riem Arcaden schon bald testen.“

In Deutschland dürften Sie keine weißen Flecken mehr haben, oder?
„In der Tat. In unseren Kernmärkten wollen wir über Bestandskunden wachsen, dazu gehört auch Deutschland.“

Wie läuft es im Ausland, welches sind Ihre Wachstumsmärkte?
„Wir erzielen rund 35 Prozent unseres Umsatzes im Ausland und werden das internationale Geschäft noch sehr viel stärker forcieren als bislang schon. So überdenken wir, unsere internationale Kommunikation globaler und weniger auf die einzelnen Länder auszurichten. Als Brand, die in den Metropolen der Welt zu Hause ist.

Wir sind aktuell in mehr als 30 Ländern erhältlich, darunter Österreich, die Schweiz, Belgien, die Niederlande, Finnland, Norwegen, Irland, Frankreich sowie China, Polen, Russland und der osteuropäische Raum. Speziell in kleineren Märkten verzeichnen wir ein überproportionales Wachstum. Schwerpunkt unserer Wachstumsaktivitäten sind jedoch Ost- und Südosteuropa sowie China.“

China und MARC O’POLO … Wie läuft es denn augenblicklich?
„Wir haben einen sehr starken, aktiven Partner. Es läuft sehr gut dort. Wir wachsen kontinuierlich. Ein starker Wille und natürlich die Möglichkeiten, Know-how und Geld zu investieren, sind essenziell. Das ist in China unbestritten der Fall.“

Das Land ist riesig, die Perspektiven sicher auch, aber gekauft wird das Label doch eher in der Stadt oder online?
„Ja, unsere aktuell 62 Filialen sind in den Megacitys von China wie Beijing oder Shanghai zu finden. Tendenz weiter steigend. Ende des Jahres werden es 70 Standorte sein.“

Welche strategische Bedeutung hat China für das Label?
„China ist enorm wichtig für uns. Das Potenzial des Landes ist noch nicht einmal ansatzweise ausgeschöpft. Wir wollen dort noch deutlich stärker wachsen.“

Produzieren Sie die Ware im Land oder wird auch importiert?
„Teilweise wird in China gefertigt. Der größere Anteil wird importiert. Natürlich stellen wir uns modisch und größentechnisch auf das Land ein. Unsere Beschaffung werden wir aber nicht ändern.“

Wie finanzieren Sie das Wachstum?
„Wir waren schon immer ein sehr profitables Unternehmen und sind zuversichtlich, dieses Geschäftsjahr, das am 31. Mai endet, positiv abzuschließen. Wir können sehr viel aus eigener Kraft stemmen.“

Der Gesprächspartner:

Dieter Holzer ist seit September 2017 als CEO für das Geschäft der MARC O’POLO AG und der Tochtergesellschaften verantwortlich. Davor arbeitete er rund zehn Jahre in der Funktion des CEO für die TOM TAILOR Group und führte das Unternehmen 2010 an die Börse. Bei Tommy Hilfiger Europe stand der Manager von 2000 bis 2006 als Managing Director Germany North & Eastern Europe, E-Com Europe/US auf der Payroll und von 2000 bis 2005 betreute er das Wholesale-Geschäft von ESPRIT in Europa. Holzer absolvierte eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann. Er ist 1964 in Ravensburg geboren, verheiratet und hat drei Kinder.

Die MARC O’POLO AG mit Sitz in Stephanskirchen kam im Geschäftsjahr 2017/2018 (01.06.2017 bis 31.05.2018) auf einen Markenumsatz von 440 Millionen Euro. Die Stephanskirchner beliefern mehr als 2.000 Handelspartner weltweit. Zurzeit zählt die Marke 105 eigene und 170 Franchise Stores. 35 Prozent des Umsatzes erwirtschaftet das Unternehmen im Ausland.