Was tun gegen sinkende Frequenzen? Kunst hilft. Die Ahlers AG, Herford, verfügt über eine eindrucksvolle Kunstsammlung. Jetzt haben die Herforder einen Teil bei Hagemeyer, Minden, ausgestellt: „Rollenspiele in der Porträtkunst“. Das Paar Kunst und Kleidung hat Tradition. Im Gespräch mit FT ziehen Dr. Stella Ahlers, Vorstandsvorsitzende der Ahlers AG, und Matthias Linn, Geschäftsführer bei Hagemeyer, Bilanz. Wertvoll im wahrsten Wortsinn ist die Ausstellung allemal.
FT: Frau Dr. Ahlers, wann hat Ahlers begonnen, Kunst auf die Verkaufsfläche zu bringen?Dr. Stella Ahlers: „Die erste Zusammenarbeit dieser Art zwischen Ahlers und seinen wichtigen Partnern im Einzelhandel fand bereits Ende der 1990er-Jahre im Rahmen der großen Wanderausstellung ,ahlers collection on tour‘ statt. An diese Tradition knüpfte Ahlers nach der Jahrtausendwende mit mehreren kleineren Projekten an. So wurde im Frühjahr 2007 bei MODEWAGENER in Baden-Baden für sechs Wochen die Ausstellung ,Yves Klein aus der Sammlung der Ahlers AG‘ gezeigt. Im Herbst 2007 war diese erfolgreiche Ausstellung bei HIRMER in München zu Gast, ein Jahr später bei engelhorn in Mannheim. Im Oktober 2009 präsentierte Ahlers im Modehaus GARHAMMER in Waldkirchen die Ausstellung ,China in Transition‘.“
Herr Linn, haben Sie lange überlegen müssen, bevor Sie die Ausstellung angegangen sind?
Matthias Linn: „Nein! Schon beim ersten Besuch der Ausstellung ,Gesicht und Maske‘ in Herford war ich sehr beeindruckt. Es war für mich sofort klar, dass wir für diese Ausstellung Fläche in unserem Hause zur Verfügung stellen werden, um auch unseren Kunden diese tollen Bilder zu präsentieren. In der Zeit, in der sich die Konsumentenanforderung permanent verändert, ist Excitement ein wichtiges Thema, welches wir mit dieser Ausstellung darstellen konnten.“
Was verbindet Mode und Kunst und welche Erwartung verbinden Sie mit diesen Aktionen?
Dr. Stella Ahlers: „Kunst spiegelt, ebenso wie Mode, die Kultur und den Geschmack ihrer jeweiligen Entstehungszeit. In beiden manifestiert sich der Wandel des Zeitgeistes, der politisch-sozialen Rahmenbedingungen und der technischen Möglichkeiten. Kunst ermöglicht es, die Welt auf neue Weise zu betrachten, sie regt zum Nachdenken und zur Diskussion an; sie ist, genauso wie hochwertige Mode, ein Ausdruck von Exklusivität und Lebensart. Darum ist Kunst für uns und unsere Marken ein wichtiger Baustein der Unternehmens- und Markenkommunikation. Basierend auf dem Grundgedanken, dass Kunst und Mode gleichermaßen in Kreativität wurzeln, diese ihrerseits aber auch stimulieren, ist die ahlers collection ein ideales Kommunikationsmedium und dient als Instrument für positiven Imagetransfer und Kundenbindung, etwa auch durch Kunst-Events wie aktuell bei Hagemeyer. Darüber hinaus möchten wir mit solchen Projekten auch unsere Wertschätzung gegenüber wichtigen Geschäftspartnern zum Ausdruck bringen und die gemeinsamen Bande im Hinblick auf eine positive Zusammenarbeit in der Zukunft stärken.“
Hagemeyer ist auch eine soziale Institution und natürlich der Anlaufpunkt für Mode in der Region. Was sagen die Menschen zu der Ausstellung, was Ihre Kunden?
Linn: „Nach einem Eröffnungs-Event für geladene Gäste waren auch all unsere anderen Kunden von der Ausstellung sehr begeistert. Unsere Kunden fanden die Kombination ,Mode und Kunst‘ unter einem Dach sehr gelungen. Wir haben in Minden und Niedersachsen Schulen über diese Ausstellung informiert und konnten somit Schüler und Lehrer für einen Besuch begeistern. Die Schüler konnten viele Anregungen für ihre eigene praktische Auseinandersetzung zum Semesterthema mitnehmen. Auch für die Lehrer stellte die Zusammenstellung dieser Werke eine Bereicherung für deren Unterricht dar.“
Wie fällt die Bilanz aus, wo sehen Sie die Vorteile für Hagemeyer?
Linn: „Die Zusammenstellung ,Mode und Kunst‘ spricht Kunden auf einem anderen Weg an. Wir sehen uns heute nicht mehr rein als Verkaufsfläche. Wir erkennen einen Vorteil darin, andere Erlebnisse auf unseren Flächen zu schaffen und damit unsere Strategie eines ,Third Places‘ zu verfolgen.“
Was muss ein Händler eigentlich erfüllen und wer kümmert sich um was? Eine Kunstausstellung organisiert sich ja nicht eben selbst.
Dr. Ahlers: „Derartige Kooperationen führen wir nur mit maßgeblichen Kunden durch, die unsere Marken, wie zum Beispiel pierre cardin, hervorragend präsentieren. Es muss eine Vertrauensgrundlage gewachsen sein – schließlich geht es um wertvolle Kunstwerke und wir müssen sicher sein können, dass das Projekt professionell durchgeführt wird. Zu den Voraussetzungen zählt ein ausgeprägtes Interesse an Kunst, aber auch die Möglichkeit, eine attraktive Fläche für mehrere Wochen zur Verfügung zu stellen. Natürlich müssen außerdem die nötigen Sicherheitsanforderungen erfüllt werden. Das Konzept für die Ausstellung erstellt der Kurator unserer Kunstsammlung. Auch die Transporte sowie den Auf- und Abbau der Ausstellung übernehmen wir. Unser Kooperationspartner kümmert sich hingegen um die Organisation der Eröffnung und die Durchführung der Ausstellung sowie die flankierenden Marketingmaßnahmen, wie beispielsweise Schaufenster und Mailings, damit die Ausstellung bestmöglich wahrgenommen wird.“
Was antworten Sie einem Handelskollegen, der Sie fragt, ob Sie ihm eine solche Ausstellung empfehlen können – was raten Sie ihm?
Linn: „Ich kann nur jedem Kollegen empfehlen, wenn sich die Möglichkeit einer Ausstellung bietet, diese wahrzunehmen. Hierfür muss jedoch eine attraktive, separate Fläche zur Verfügung gestellt werden, um die Bilder im richtigen Ambiente präsentieren zu können.“
Haben Sie bereits neu Aktionen geplant, etwa als ‚Wanderausstellung‘?
Dr. Ahlers: „Aktuell gibt es noch keine festen Termine. Wir können uns aber vorstellen, die Ausstellung ,Gesicht und Maske: Rollenspiele in der Porträtkunst‘ künftig auch bei anderen geeigneten Einzelhandelskunden zu zeigen.“
Rollenspiele in der Porträtkunst
Das Modehaus Hagemeyer, Minden, und die Ahlers-Marke pierre cardin, Herford, hatten in Minden die Ausstellung „Gesicht und Maske – Rollenspiele in der Porträtkunst“ mit Werken der ahlers collection präsentiert. Die Ausstellung lief vom 19. Oktober bis 8. November 2018. „So eine kostbare Ausstellung hatten wir bei uns im Hause noch nie. Kunst und Mode sind gleichermaßen Luxusprodukte, die mit ihrer Schönheit das Leben lebenswert machen“,sagte Jürgen Ahrens, geschäftsführender Gesellschafter des Hauses Hagemeyer, bei der Eröffnung. Unter dem Motto „Mode trifft Kunst – eine Kooperation der besonderen ART“ wurden mehr als 30 Exponate unter anderem von Francis Bacon, Stephan Balkenhol, Max Beckmann, Joseph Beuys, Lovis Corinth, Horst Janssen, Alexej von Jawlensky, Man Ray, Dieter Roth, Timm Ulrichs, Yue Minjun und Zhang Xiaogang ausgestellt.
Magischer Expressionismus
Im Jahr 1995 wurde die Stiftung Ahlers Pro Arte (https://ahlers-proarte.com)gegründet. Ihre Aufgabe ist es, die Ahlers-Kunstsammlung weiter aufzubauen. Im Zentrum der Sammlung stehen die Künstler des „Blauen Reiters“ (Wassily Kandinsky, Franz Marc, Gabriele Münter, Alexej von Jawlensky und andere), der Künstlergruppe „Brücke“ (darunter Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel, Karl Schmidt-Rottluff) und auch Emil Nolde. Ebenso zeitgenössische Kunst mit Schwerpunkt Yves Klein gehört dazu sowie Werke von Künstlern, in denen der Expressionismus weiterwirkt. Die Stiftung fördert bildende Kunst, Literatur und Musik. Ihre Hauptaufgabe sind allerdings die Erforschung und wissenschaftliche Dokumentation des Einflusses des deutschen Expressionismus auf die weitere Entwicklung der Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts.