Autor: Maximilian Fuchs
Nachhaltigkeit in der Textilindustrie. Ein schwieriger Komplex, bei dem man zwischenzeitlich den Eindruck gewinnen könnte, es handele sich nur um ein Lippenbekenntnis, endlich Bewegung zu schaffen. Doch sind es kleine Schritte, die zum Wandel führen. Und einige der großen Brands und Einzelhändler gehen schon heute beispielhaft voran, beginnend beim Rohstoff.
Alles in Bio, bitte!
Auf der Beschaffungsseite ist die Bio-Baumwolle stark im Trend. Diese wird im Rahmen des ökologischen Landbaus produziert, frei von chemischen Pestiziden und Düngemitteln. Das Bio-Zertifikat allein gibt aber nur Aufschluss über den Anbau der Faser – über die Weiterverarbeitung bis zum fertigen Kleidungsstück und der erforderlichen Logistik zum Kunden gibt es keine Auskunft. Dafür gibt es andere, weitreichendere Zertifikate. Aber immerhin werden die Kleinbauern bei Anbau und Ernte vor giftigen Chemikalien geschützt und der Boden bleibt sauber.
Ein knappes Gut
Ein großes Problem ist die Verfügbarkeit, denn der Markt für Bio-Baumwolle ist stark fragmentiert. Nach einer Erhebung der gemeinnützigen Organisation Textile Exchange und des französischen Luxuskonzerns KERING macht der Markt für Bio-Baumwolle nur rund 5 Prozent des Gesamtvolumens aus. Das macht es für Unternehmen oft schwierig, das zu finden, was sie für ihre Produktion benötigen. Andere Schätzungen liegen weit darunter, so geht Tchibo von nur 0,4 Prozent an verfügbarem Rohstoff aus. „80 Prozent aller Tchibo-Baumwolltextilien stammen aus nachhaltigem Anbau, bis 2020 sollen es 100 Prozent sein.“ Das sei eine Herausforderung, erklärt Nanda Bergstein, Head of Vendor Relations and Sustainability Non Food. „Nachhaltige Baumwolle ist weiterhin am Markt nur eingeschränkt verfügbar. Wir bemühen uns daher, den nachhaltigen Anbau vor Ort zu fördern und die Nachfrage gleichzeitig weiter zu stärken. Zusätzlich gibt es jedoch im nachhaltigen Baumwollsektor allgemein – aber auch im Speziellen im Bio-Baumwollbereich – verschiedene Herausforderungen, an denen wir als Sektor gemeinsam arbeiten müssen.“ Dazu setzt man bei Tchibo auf die Kooperation mit der Stakeholder-Initiative Organic Cotton Accelerator (OCA). Dieser gehören auch weitere namhafte Marken an, darunter INDITEX, Superdry, Hennes & Mauritz und C&A. Nach eigenen Angaben ist C&A der weltweit größte Anbieter für Bio-Baumwollbekleidung. Als erster Modehändler hatte man zur Frühjahr/Sommer-Saison 2017 T-Shirts auf den Markt gebracht, die das hohe Cradle-to-Cradle (C2C)-Gold-Level erfüllen. Im August 2018 folgte die weltweit erste C2C-Gold-Level-Jeans. Auch bei C&A hat man sich das ehrgeizige Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2020 ausschließlich Bio-Baumwolle in der Produktion zu nutzen. Zudem soll die gesamte Supply Chain auf den Prüfstand gestellt werden. Die Vision des Unternehmens sei es, „nachhaltige Mode als Selbstverständlichkeit zu sehen.“
Was sagen die Verbraucher?
Letztlich haben es die Verbraucher in der Hand, denn auch bei der Bio-Baumwolle gilt das Prinzip von Angebot und Nachfrage. Im Mai 2017 führte das renommierte Marktforschungsinstitut Harris Insights & Analytics eine weltweite Befragung unter Konsumenten durch, um die Bedeutung von Nachhaltigkeit für Verbraucher und die Auswirkung auf ihre Kaufentscheidungen besser nachvollziehen zu können. Insgesamt wurden 7.365 Interviews in den USA, Großbritannien, Indien, Deutschland, Italien, Mexiko und China durchgeführt (mindestens 1.000 Interviews pro Land). Laut Studie machen sich 86 Prozent der Verbraucher weltweit Gedanken über Nachhaltigkeit. Diese Zahl wächst, denn 57 Prozent gaben an, sie hätten sich seit dem letzten Jahr mehr um Nachhaltigkeit gekümmert.