Autor: Markus Oess
Jörg Wichmann, Chef der Berliner Messe PANORAMA, hat in der zurückliegenden Winterausgabe die grüne Mode als neues Angebot für den konventionellen Handel aufgenommen. Partner für die Fläche, die jetzt von 1.000 auf 2.000 Quadratmeter verdoppelt wurde, ist der Veranstalter der INNATEX in Offenbach MUVEO. Gegenüber FT äußerte sich Alexander Hitzel, Projektleiter XOOM/INNATEX, zu Öko-Labels und deren Marktchancen. Tatsache ist, dass viele Anbieter aus ihrer Nische in die Marktmitte drängen. Das Projekt hilft beiden Seiten. Die PANORAMA besetzt das Thema glaubhaft und professionell und MUVEO bringt seine Aussteller näher an die Marktmitte. FT sprach mit Hitzel über XOOM und die Marktmitte.
FT: Herr Hitzel: Ist grüne Mode massentauglich?
AlexanderHitzel: „Es kommt darauf an, was man unter massentauglich versteht. Im Hinblick auf Qualität, Farben, Designs, Materialvielfalt und Vermarktung hat sich insbesondere in den letzten zehn Jahren viel getan. Bei genauerer Betrachtung des Hauptmaterials, der Bio-Baumwolle, fällt auf, dass gerade mal 1 bis 2 Prozent nachweislich weltweit für die Herstellung von ökologischen Textilien verwendet werden.
Die Messe teilt sich in zwei Modebereiche auf. Einerseits haben wir klassische Mode für Erwachsene, von Anbietern wie Schweikardt Moden, Hofius oder LANA naturalwear, die sehr nah an die Mitte des arktes herangerückt sind. Andererseits finden wir Marken, die eine jüngere Zielgruppe ansprechen und mit Streetwear aufwarten, von denen in Bezug auf die Entwicklung von ökofairer Mode aber zum Teil auch noch Nachholbedarf besteht. Wir unterstützen auf unserer INNATEX-Messe junge, modische Labels mit unseren vergünstigten ,Messe-Einsteiger-Ständen‘ wie den DesignDiscoveries. Hier präsentieren wir von Mal zu Mal knapp zehn Newcomer, die zu einem vergünstigten Preis zum ersten Mal INNATEX-Luft schnuppern dürfen.“
Die Fläche in Berlin wurde mit 2.000 Quadratmetern verdoppelt. Was gibt es noch für Veränderungen?
„Wir hatten im Januar einen wirklich guten Start und mussten bereits eine Warteliste anlegen. Da wir von den Ausstellern, die in Berlin waren, ebenfalls ein überaus positives Feedback erhalten haben, war es naheliegend, die Fläche auszuweiten. Konzeptionell hatten wir mit unseren Green Fashion Brand Talks unserer Aussteller, dem individuellen Shuttle-Service für Besucher oder speziellen Services unseren Ausstellern gegenüber bereits einiges bieten können. Wir wollen auf das Bewährte setzen und unser Konzept vom Januar weitgehend so fortsetzen.“
Nach welchen Kriterien lassen Sie die Aussteller zu?
„Um auf der INNATEX ausstellen zu können, erwarten wir, dass die in der Produktion verarbeitete Baumwolle zu mindestens 50 Prozent aus Bio-Baumwolle besteht. Bei Wolle sind es 10 Prozent. Inzwischen gibt es auch eine Vielzahl von Herstellen, die sich mit Up- und Recycling beschäftigen und daher ebenfalls nachhaltig produzieren. Auch Fair-Trade-Anbieter gehören zu uns auf die Messe. Überdies haben wir vor ein paar Jahren von neuen Stoffen wie zum Beispiel Textilfasern aus dem Milchprotein Kasein noch nicht gesprochen. Unseren Kriterienkatalog galt es dahingehend abzustimmen und so werden wir 2019 mit angepassten Kriterien starten. Da wir in Berlin ein breites Publikum ansprechen wollen und gut 99 Prozent der Aussteller auch auf der INNATEX sind, haben wir hier keinen gesonderten Kriterienkatalog angelegt. Die Firmen müssen sich nachweislich der Nachhaltigkeit verschrieben haben. Dies betrifft die Produktion,die verarbeiteten Materialien und sowohl die soziale als auch die ökologische Verantwortung. Und wir wollen die Fashion für Erwachsene kompakt präsentieren. Daher auch das Kunstwort XOOM, das sich aus dem X der Bildmarke der INNATEX und dem Wort Zoom zusammensetzt
Welche Händler wollen Sie mit der XOOM ansprechen?
„Auf die INNATEX kommen die Händler aus ganz Deutschland, die oft nicht nach Berlin reisen und meist der klassische Anbieter von nachhaltigen Textilien sind. Dazu haben wir mit den INNATEX-Showrooms in Bern und Salzburg am Ende der Ordersaison regionale Veranstaltungen. Unsere Aussteller suchen aber auch ganz explizit den Kontakt zu den konventionellen Händlern. Hierzu entstand als logische Schlussfolgerung die Kooperation mit der PANORAMABERLIN, die als Europas größte B2B-Plattform für Fashion gilt.“
Kritik aus dem ökologischen Lager, mit der Öffnung zum konventionellen Markt in die falsche Richtung zu gehen und am Ende vielleicht sogar die eigenen Ziele aufzuweichen, um mehr Volumen zu erzeugen, habe es nicht gegeben, sagt Hitzel. Das Gegenteil sei der Fall, der Wunsch, in Berlin auf den konventionellen Handel zuzugehen, sei aus der Branche an ihn herangetragen worden. Daher wolle XOOM ganz bewusst über die Mode kommen. Dass die dann ökologisch produziert werde, stelle einen Mehrwert und ein zusätzliches Kaufargument dar.In Wallau werden rund 11.000 Quadratmeter Bruttofläche mit 250 Brands im Sommer beziehungsweise etwa 300 Brands im Winter gefüllt. In Berlin sind es deutlich weniger, was sich auch dadurch erklärt, dass es auf der INNATEX ein großes Angebot an Kindermode und Accessoires gibt, was keine Option für die Berliner Messe darstellt. Für die PANORAMA haben sich für den Sommer 15 bis 20 weitere Aussteller angemeldet, sodass XOOM jetzt rund 60 Brands zählt. Nach Angaben von Hitzel kommt die Menswear auf einen Anteil von rund 40 Prozent, unter anderem mit recolution, KnowledgeCotton Apparel, HempAge, GREENBOMB, ORGANICATION. Mit weiteren Marken sei man im Gespräch. Reine Menswear-Anbieter wie KnowledgeCotton Apparel gibt es wenige. Da ist die grüne Mode der konventionellen ziemlich ähnlich.
Das Modeangebot ist dem Anschein nach sehr DOB-lastig. Warum ist das so?
„Das stimmt. Wie im konventionellen Bereich sind Frauen generell empfänglicher für Mode. Andererseits sehen wir auch, dass die Männer aufholen. Heute können Sie auch grüne Business-Mode kaufen, vor einigen Jahren war das noch fast nicht möglich.“
Inwiefern passt XOOM ausgerechnet auf die PANORAMA?<
„Wir beide profitieren sehr stark voneinander. Wir haben eine Plattform für konventionelle Händler, die wir nutzen können, und umgekehrt hat die PANORAMA mit uns das wichtige Thema der nachhaltigen Mode kompetent besetzt.“
Was unterscheidet XOOM von den beiden grünen Messen im Kraftwerk, die zum Winter zur NEONIT verschmolzen werden?
„Der ganz große Unterschied ist eben der, dass wir mit XOOM eine Drehtür in den konventionellen Markt installiert haben, die grüne Labels aus der Nische hinaus in die Marktmitte führt. Für den klassischen nachhaltigen Modehandel haben wir mit der INNATEX die richtige Plattform in der Mitte von Deutschland.“
Grüne Koalition
Nach der Premiere im Januar 2018 präsentiert die XOOM auch im Sommer wieder auf der PANORAMA BERLIN(3. bis 5. Juli 2018) ein selektiertes Portfolio an Green Fashion Brands.Die Symbiose aus INNATEX und PANORAMA BERLIN wurde seitens der Veranstalter aufgrund vielfältiger Ausstelleranfragen initiiert. Die XOOM hat zur Sommerausgabe 2018 mit 2.000 Quadratmetern in den Hallen 7B und 7C die Ausstellungsfläche verdoppelt.„Nachhaltigkeit ist bereits seit Jahren ein wichtiges Marktthema und wird in Zukunft noch mehr an Relevanz gewinnen, deshalb wollen wir dem auch auf der PANORAMA BERLIN mehr Raum geben“, erklärte Jörg Wichmann, Geschäftsführer der PANORAMA BERLIN, die Kooperation. „Mit der INNATEX haben wir einen starken und glaubwürdigen Partner gewonnen.“