
Autor: Markus OessAngesichts der Inflation und stark gestiegenen Arbeitskosten positioniert sich die türkische Textilindustrie mit der Konzentration auf Digitalisierung und Nachhaltigkeit sowie der geografischen Nähe besonders zu europäischen Märkten als Alternative, die die Wertschöpfungsprozesse im Griff hat und sowohl schnell als auch zuverlässig liefern kann. Damit hofft die türkische Textilindustrie, die Exporte nachhaltig nach oben zu bringen. Die TEXHIBITION soll für den Textilexporteure-Verband İTHİB und seine Mitglieder zum Schaufenster in die westliche Welt werden. Nach sieben Ausgaben der Sourcingmesse sind die Türken diesem Ziel ein ganzes Stück näher gekommen.
Läuft doch. Nach sieben Ausgaben hat sich die Sourcingmesse TEXHIBITION einen festen Platz im internationalen Kalender gesichert. Ahmet Öksüz, Vorsitzender des Istanbuler Textilexporteure-Verbandes (İTHİB), betonte die Bedeutung der Veranstaltung für die Branche: „Die TEXHIBITION ISTANBUL ist weit mehr als nur eine Handelsmesse. Sie stärkt die internationale Präsenz der Türkei in der Textilindustrie.“ Fatih Bilici, stellvertretender Vorsitzender der İTHİB und Leiter des Ausstellungsausschusses, hob hervor: „Die Messe zeigt, dass die Zukunft der Textilindustrie nicht nur in hochwertigen Materialien, sondern auch in intelligenten, umweltfreundlichen Lösungen liegt.“
Den Marktdruck der billigeren Konkurrenz aus Ländern wie Bangladesch oder Vietnam versucht die türkische Industrie durch Innovationen und Qualitätssteigerungen abzufedern. Klar ist, angesichts hoher Inflation und deutlich gestiegener Arbeitskosten können die Türken lange nicht mehr jeden Preis mitgehen. Also gilt es, die abwandernden besonders preissensiblen Auftraggeber durch neue zu ersetzen, die nicht allein den billigsten Preis, sondern auch Dinge wie Qualität, Nachhaltigkeit oder Nähe zum Markt als weitere Entscheidungsparameter ansehen. Wenn der Industrie-Verband Buyer proaktiv nach Istanbul einlädt, trifft das in den Firmenzentralen auf Zustimmung. So unterstrich TIM-Präsident Mustafa Gültepe die Notwendigkeit langfristiger Strategien und Investitionen in die Digitalisierung sowie nachhaltige Produktion, um international wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Türkei verfügt über eine integrierte Lieferkette von der Baumwolle bis zur Konfektionsware und hat über 20.000 Hersteller, die eine schnelle, nachhaltige und ethische Produktion gewährleisten. „Unser Ziel ist es, zu den drei größten Textilexporteuren der Welt zu gehören. Im Jahr 2025 werden wir unsere Textilexporte um 20 Prozent auf 15 Milliarden US-Dollar steigern und 212 Länder und Regionen erreichen.“
Die TEXHIBITION ISTANBUL 2025, die vom 5. bis 7. März im Istanbul Expo Center stattfand, brachte über 500 Aussteller aus der Textilbranche zusammen. Auf mehr als 35.000 Quadratmetern präsentierten sie die neuesten Entwicklungen in den Bereichen Webstoffe, Strickwaren, Denim, Stickereien, Accessoires und Garne. Insgesamt reisten 22.623 Fachleute aus 106 Ländern an. Wichtigste Besucherländer waren den Angaben zufolge Europa (41,3 Prozent), Naher Osten (14,6 Prozent), Asien (32,4 Prozent), Nordafrika (6,8 Prozent), Nordamerika (4,9 Prozent). Bemerkenswert: Der Anteil europäischer Besucher stieg im Vergleich zur September-Ausgabe 2024 um 30 Prozent und sorgte so für insgesamt stabile Besucherzahlen aus dem Ausland. Einkäufer von Joseph Ribkoff and Simons aus Kanada, LTM GARMENTS, Nike, alexanderwang LLC aus den USA, asos PLC, REISS Ltd aus UK oder Ferrotex Industrial, Multigestion und Puntex aus der Dominikanischen Republik waren nach Istanbul gekommen.
Texhibition in Bildern
Ein Schwerpunkt der Messe war die nachhaltige Transformation der türkischen Textilindustrie. Unternehmen präsentierten ressourcenschonende Materialien und digitale Lösungen. Karafiber etwa stellte Lyocell-Fasern aus nachhaltig angebautem Holz vor, während KORTEKS eine neue Polymer-Recyclinganlage präsentierte. Zudem zeigten Unternehmen wie IŞIK ETIKET intelligente Textiletiketten mit QR-Codes, die Produktionsinformationen und Pflegehinweise liefern. YENEL ETİKET mit Sitz in Başakşehir nahe Istanbul, hat aus diesem Grund bereits vor drei Jahren den Wandel zu Nachhaltigkeit angeschoben, um so den Rückgang der Volumina zu stoppen, bestenfalls wieder umzukehren. Das Unternehmen hat unter anderem Abnehmer in Deutschland, Belgien, Italien, Spanien und Polen, exportiert rund 10 Millionen Stück im Jahr. Innerhalb von drei Tagen sei man in der Lage, die fertige Ware zu liefern. Die Messe bot damit eine funktionierende Plattform für internationale Geschäftsabschlüsse. Ali Solak, Vorstandsmitglied von antik dantel, erklärte: „Wir hatten sehr gute Gespräche mit europäischen Einkäufern und konnten Aufträge platzieren.“ Onur Ertuğrul, Verkaufsleiter von Tepar, ergänzte: „Das Interesse an unserer Stoffabteilung war groß und unsere B2B-Treffen waren produktiv.“
Im Denim-Bereich berichteten die Aussteller von einer guten Nachfrage. „Wir hatten Kunden aus Polen, den USA, Großbritannien und Frankreich. Der Bereich Blue Black Denim hat wesentlich zum Erfolg beigetragen“, sagte Murat Aydoğdu, Verkaufsleiter bei Sharabati. Um den Bereich auf der TEXHIBITION zusätzlich zu stärken, veranstalteten die Macher eigens eine Denim Show. Die Bühne sollte das handwerkliche Können und Design des Landes unter Beweis stellen. cotton fabric oder BASSO etwa stehen im Wettbewerb auf internationaler Bühne, stellen unter anderem auf der KINGPINS AMSTERDAM oder der PV in Paris aus. Während die „Garment Power“ an Ägypten verloren gehe und auch Fernost preisaggressiv zu Werke gehe, müsse man sich in der Türkei auf die eigenen Stärken besinnen, so der Tenor auf den Ständen, Know-how, Schnelligkeit und die räumliche Nähe zu Europa und dem Westen generell. Nachhaltigkeit werde zusehends zum kritischen Faktor.
Die Trend Area, kuratiert von Belma Özdemir, präsentierte zentrale Strömungen der Saison Frühjahr/Sommer 2026 und fasste diese in sechs Konzeptbereiche zusammen. Die Schwerpunkte lagen auf minimalistischen Designs, nachhaltigen Materialien, technologischen Innovationen und einer neuen Ästhetik für den Abend. Der Trend „Less is More & Beyond“ setzte auf reduzierte Formen, hochwertige Materialien wie Seide, Kaschmir und Leinen sowie funktionale Stoffe mit temperaturregulierenden Eigenschaften. „Timeless Reimagined“ kombinierte klassische Textilien mit modernen technischen Features. „Exotic Flourish“ brachte tropische und organische Elemente in den Fokus. Materialien wie Bambus, Hanf und biologisch abbaubare Leder-Alternativen dominierten. Neue Färbetechniken auf Pflanzenbasis wurden präsentiert. Mit „Immersive Evolving“ zeigte die Trend Area intelligente Textilien, 3-D-gedruckte Stoffe und KI-gesteuerte Designs. Nanotechnologie sorgte für Wasser abweisende, antibakterielle und selbstreinigende Materialien. „Mystical Glow“ stand für schimmernde Oberflächen, holografische Effekte und metallische Texturen. Satin, laminierter Gabardine und Tencel-Mischungen dominierten die luxuriösen Stoffe für die Nachtmode. Der Trend „Spellbound Allure“ vereinte technische Materialien wie Memory-Foam-Stoffe mit organischen Fasern und nachhaltigen Innovationen. Voluminöse Textilien und strukturierte Oberflächen schufen neue haptische Erlebnisse.
Das Trend Lab schließlich demonstrierte, wie Technologie-Innovationen die Textilproduktion prägen werden. Dort waren unter anderem transformative Denim-Stoffe von AYYILDIZ FABRICS sowie interaktive Kleidungsstücke mit Farb- und Lichtreaktionen zu sehen. Überdies wurden Exponate aus dem 3-D-Drucker gezeigt und so die weitergehende Individualisierung der Textilprodukte nachgezeichnet. „Die Messe bleibt ein wichtiger Treffpunkt für die Branche“, sagt İTHİB-Vize Bilici selbstbewusst. Die nächste TEXHIBITION ISTANBUL findet vom 10. bis 12. September 2025 statt.