Ade Kulturgut Mode

KOMMENTAR

Andreas Grüter ©Peter Zembol

Autor: Andreas Grüter
Masse statt Klasse, Oberfläche statt Inhalt – die Mode steht im Begriff, ihren Status als Kulturgut dauerhaft zu verspielen. Ein Schicksal, das die Musik schon vor einer ganzen Weile ereilte. Zeit für einen lehrreichen Vergleich.

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Epilog

Fühlen Sie ihn noch, den Drang, morgens aufzuspringen und etwas Brandneues, wirklich Aufregendes und Wegweisendes zu entdecken? Gut für Sie, wenn Sie hier mit einem eindeutigen „Ja!“ antworten können, noch besser, wenn Ihre Antwort „Natürlich, und ich bin aktiv an dessen Entstehung beteiligt“ lautet. Vielleicht haben Sie aber auf der Pirsch nach der unentdeckten Novität du jour auch bemerkt, wie schwer erfolgreiches Diggen in Zeiten des „Everything – Anytime“-Internets geworden ist. Das Internet hat vieles vereinfacht, aber vielleicht noch vieles mehr einfach todlangweilig gemacht. Und diese Langeweile hat Folgen …

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Lost in Music

The Buggles hatten unrecht, als sie 1979 erklärten, dass der Radiostar durch das Video getötet wurde. Nicht Video tötete ihn, sondern YouTube, Spotify und Co, und zwar ziemlich genau ein Jahrzehnt, nachdem das gute alte Musikfernsehen bereits seine Füße hochgelegt und die Rente angetreten hatte. Und weil im Grab noch genug Platz war, machten es sich dort gleich noch Plattenlabels, Vertriebe und natürlich Popkultur-Gazetten, die ehemaligen Gatekeeper of Cool, gemütlich. Nun könnten Sie anmerken, dass noch nie etwas blieb, wie es war, und Fortschritt, quasi qua Definition, schon immer Veränderungen mit sich brachte. Und damit haben Sie selbstredend einen validen Punkt. Allerdings ist festzustellen, dass die neuen Möglichkeiten des schnellen Überall-und-alles-Musikkonsums bei der Kundschaft nicht etwa zu mehr Neugierde, sondern in erster Linie zu einer weitestgehend von Überforderung und Desinteresse geprägten Wahllosigkeit geführt haben. Die alles gleichmachende „Die Hits der 50er, 60er, 70er, 80er und 90er und das Beste aus allen Genres“-Formel der Streamingdienste ist eine Falle, steht sie doch für nichts anderes als gähnende Langeweile.

Dedicated Follower of Fashion

… wie The Kinks, deren gleichnamiger Songtitel für diese Subline herhalten musste, gibt es, wenn man sich in den Einkaufsstraßen der Innenstädte so umschaut, nicht mehr allzu viele. Und woran sollte man sich auch ergötzen, wenn mit einem dumpf-rabiaten „Alles geht“ der feingeistigen Kunst des durchdachten Bekleidungsstils der Garaus gemacht wird? Auch in der Mode stehen längst alle Weichen auf Beliebigkeit. Zugunsten eines möglichst barrierefreien Konsums wird jegliche kreative Inhaltlichkeit über Bord geworfen. Doch genau sie ist die Seele der Mode, die Kraft, die aus Bekleidung Fashion macht. Gehen wir bedächtig mit ihr um.