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Autor: Markus OessDie EK-Gruppe hat im Jahr 2024 einen Umsatzrückgang von 6 Prozent verzeichnet. Vor diesem Hintergrund stellt sich das Unternehmen neu auf, um die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. EK-Chef Martin Richrath gibt gegenüber FASHION TODAY einen Überblick über die Entwicklungen, Strategien und Zukunftspläne.
FT: Herr Richrath, wann war klar, dass das Jahr 2024 diesen Verlauf nehmen würde?
Martin Richrath: „Die gesamtwirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen der vergangenen Jahre haben den Handel extrem herausgefordert. Dass sich daran auch 2024 nichts Grundlegendes ändern würde, war uns von Anfang an klar. Deshalb haben wir uns wie immer auf das konzentriert, was wir selbst in der Hand haben: den Ausbau unseres Leistungsportfolios mit klarer Fokussierung auf die Bedürfnisse der Verbraucher. Natürlich sind wir über den bereits nach dem zweiten Quartal absehbaren Umsatzrückgang nicht glücklich, aber wir können uns leider auch nicht komplett von den Marktentwicklungen abkoppeln.“
Wie haben sich überschlägig die einzelnen Geschäftsfelder entwickelt, gab es vielleicht sogar „Gewinner“?
„Unsere Business Units und Absatzmärkte haben sich 2024 unterschiedlich entwickelt. Die Umsätze in EK Fashion beispielsweise liegen auf Vorjahresniveau, bei anderen Einheiten verzeichnen wir dagegen Umsatzrückgänge. In Frankreich konnten wir die Umsätze deutlich steigern, während die Umsatzrückgänge in Deutschland erheblich waren. Aber es gibt auch länder- und branchenübergreifende Gewinner: Die Handelspartner, die auf konzeptbasierte Absatzlösungen wie electroplus, happy baby oder INTERSPORT setzen, haben dem konjunkturellen Gegenwind deutlich besser standgehalten als ihre Händlerkollegen.“
Die EK ist auch im Ausland unterwegs. Wie sieht die Lage verglichen mit dem Heimatmarkt aus für die EK, aber auch für die Anschlusshäuser?
„Zum moderaten wirtschaftlichen Wachstum in Europa trägt Deutschland aktuell wenig bei. Soll heißen, es gibt durchaus Auslandsmärkte, die den dortigen Handel besser tragen als bei uns. Grundsätzlich warten aber alle Händler auf eine nachhaltige Belebung der Konjunktur. Worauf unsere Handelspartner in weiten Teilen Europas nicht warten müssen, sind personalisierte Marketingmaßnahmen und rentable Markenstore- und Flächenkonzepte, die genau auf die Zielgruppen vor Ort, sei es in Ostfriesland, Südtirol, der Normandie oder in Holland, ausgerichtet sind. In Frankreich hat das wie schon erwähnt auch 2024 hervorragend funktioniert: Unsere Auslandstochter EK France hat beim Umsatz nicht zuletzt durch die hohe Akzeptanz der Markenstore-Lösungen Culinarion und Ambiance&Styles um 6 Prozent zulegen können. Die klare strategische Positionierung unserer Handelspartner vor Ort und im Netz steht deshalb weiter grenzüberschreitend ganz oben auf der Prioritätenliste.“
„Wir bewegen uns in einem Wettbewerbsumfeld, das Einzelkämpfern trotz aller Hingabe und Leidenschaft für den Beruf nur wenig Chancen lässt.“
Ein weiterer Grund neben den volkswirtschaftlichen Fundamentaldaten ist ein Abschmelzen des nicht konzeptbasierten Fachhandels. Was genau ist damit gemeint und was bedeutet das in der Konsequenz für die EK, mehr Franchise …?
„Wir bewegen uns in einem Wettbewerbsumfeld, das Einzelkämpfern trotz aller Hingabe und Leidenschaft für den Beruf nur wenig Chancen lässt. Dafür sind die unternehmerischen Herausforderungen einfach zu vielfältig. Hier setzen wir unter anderem mit unseren franchiseähnlichen Markenstore-Konzepten an: Das optimierte, zentral gesteuerte Handling der hochrentablen Systeme schafft den Raum für die Entfaltung der eigenen Unternehmerpersönlichkeit. Das Geheimnis liegt hier in der richtigen Abstimmung von Verbindlichkeit und Individualisierung, das wir Hand in Hand mit unseren ‚Local Heroes‘ entwickeln. Das sichert die Markttauglichkeit der Angebote. Deshalb werden wir in allen Business Units weiter intensiv am Ausbau unserer Konzeptlösungen arbeiten.“
Die EK will neben EK Home vor allem in der Verwaltung und Ablauforganisation umstrukturieren. Inwiefern wird sich das auf die Betreuung der Mitglieder auswirken?
„Die kompetente und individuelle Betreuung der Handelspartner ist der Schlüssel für die Akzeptanz unseres Leistungsportfolios und hat deshalb oberste Priorität. Daran wird sich nichts ändern. Im Gegenteil, je schlanker wir die internen Abläufe gestalten, desto schneller und flexibler können wir auf die Bedürfnisse unserer Mitglieder reagieren. Das ist unser Weg, die Zukunft des unabhängigen Einzelhandels zu sichern.“
Wie weit sind die ausländischen Einheiten betroffen?
„Wir konzentrieren uns aktuell auf die Reorganisation der Zentrale in Deutschland. Grundsätzlich sind aber auch alle Auslandsniederlassungen in die Gesamtstrategie eingebunden. Es geht hier wie dort darum, die Wirtschaftlichkeit und Effizienz aller Prozesse zu optimieren, denn nur eine gut aufgestellte EK ist in der Lage, den inhabergeführten Fachhandel so zu unterstützen, wie es in schwierigen Zeiten notwendig ist.“
Rund 85 Stellen sollen wegfallen. Gleichzeitig wollen Sie in wettbewerbsfähige Konzepte investieren und diesen Bereich offenbar stärken. Wie passt das zusammen?
„Um die langfristige Wettbewerbsfähigkeit unserer Verbundgruppe zu sichern, müssen wir die Unternehmensstruktur an die Realitäten anpassen. Die Umsatzrückgänge der letzten beiden Jahre, der steigende Kostendruck und die Unvorhersehbarkeiten der wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen lassen uns keine andere Wahl, als auch den Personalbereich in die Reorganisation miteinzubeziehen. Wir bedauern den notwendigen Stellenabbau, den wir 2026 abschließen wollen, sehr. Parallel werden wir die sukzessiv frei werdenden Ressourcen nutzen, um unser Leistungsspektrum auszubauen und neue Wachstumsfelder zu erschließen. Die Weiterentwicklung und Expansion unserer erfolgreichen Shopkonzepte spielt dabei eine wichtige Rolle.“
Sie wollen 2026 mit allem durch sein. Wie sehen Ihre Prognosen vor diesem Hintergrund für die EK aus?
„Wir streben auch für 2025 ein positives operatives Ergebnis an und werden weiter in unser Leistungsportfolio investieren. 2026 werden wir dann unsere proaktiv angestoßenen Maßnahmen zur Anpassung der Unternehmensstruktur abschließen. Was den inhabergeführten Handel angeht, sehen wir nach wie vor viel Potenzial für nachhaltiges, profitables Wachstum im Kreise unserer Handelspartner.“
Hintergrund
Die EK Retail rechnet für 2024 mit einem Umsatzrückgang von rund 6 Prozent auf etwa 2 Milliarden Euro. Trotz steigender Kosten erwartet das Unternehmen ein positives operatives Ergebnis. „Es war ein herausforderndes Jahr für den Einzelhandel mit verunsicherten Konsumenten und steigenden Kosten“, sagt CEO Martin Richrath. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen blieben schwierig, insbesondere durch die schwache Baukonjunktur und sinkende Geburtenraten.
Händler, die konzeptbasierte Lösungen wie electroplus oder happy baby nutzen, haben sich laut EK Retail besser als der Markt entwickelt. Daher will das Unternehmen diese Konzepte weiter ausbauen. Gleichzeitig setzt EK Retail auf Effizienzsteigerungen und strikte Kostenkontrolle, um die wirtschaftliche Stabilität zu sichern. Dazu gehört auch ein Stellenabbau: Bis 2026 sollen in Deutschland rund 85 Arbeitsplätze wegfallen. Sozialverträgliche Lösungen wie Qualifizierungs- und Abfindungsangebote seien geplant. „Wir bedauern diesen Schritt, aber er ist notwendig, um unsere Wettbewerbsfähigkeit langfristig zu sichern“, so Richrath.
Trotz des Umsatzrückgangs bleibt EK Retail durch die positive Entwicklung in den Niederlanden und Frankreich profitabel. „Damit das auch die kommenden Jahre so bleibt, müssen wir notwendigerweise Kostenstrukturen anpassen“, sagt Daniel Kullmann, Head of Corporate Marketing and Communication. Ein zentraler Faktor sei der Rückgang des nicht konzeptbasierten Fachhandels in Deutschland. „Fehlende Nachfolger oder steigende Kosten führen oft zur Aufgabe von Standorten. Deshalb müssen wir unsere Strukturen anpassen und Stellen in Bielefeld abbauen.“
Der Stellenabbau betrifft insbesondere EK Home, Finanzen, IT und die Verwaltung der Holding. Künftig will sich EK Retail stärker auf konzeptbasierte Handelspartner konzentrieren und in Shopkonzepte, Flächenlösungen, Großhandel sowie Online- und Offline-Marketing investieren.