Monotone Klassik?

KOMMENTAR

Tays Jennifer Köper-Kelemen

Autorin:
Tays Jennifer Köper-KelemenAutorin:
Bereits über die letzten Wehen der Pandemie-Jahre zeichnete es sich ab: Klassik befindet sich auf dem Vormarsch. Genug von gechillten Homeoffice Styles, genug von sportiven Everyday Looks. Stattdessen melden sich Anzüge und klassische Kombinationen zurück. Auf den vergangenen Designerschauen Herbst/ Winter 2024 war die Krawatte eines der wichtigsten Key Items. Ein Sinnbild, das nachwirkt, entscheidend den Weg weist. Quiet Luxury mit eleganten, zurückgenommenen Modellen aus reichen Materialien ist das Thema der Stunde.

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Die Wende hängt dabei wohl nicht nur mit einem simplen Trendumschwung zusammen. Der Mann und sein Selbstverständnis stehen zur Debatte. Inmitten von sozialen Gender- und Rollenbilder-Diskussionen, die gerade nach den Lockdowns neu entflammt sind, gesellschaftlichen Auseinandersetzungen um Ideen von Beziehung, Vaterschaft und Berufstätigkeit in der heutigen Zeit gilt es für Männer, sich neu zu finden und zu positionieren, persönliche Ideale, Werte und Haltung neu zu denken. Und auch die schwierige politische Weltlage sowie globale Umweltsituationen tragen ihren Teil zu einem Spurwechsel bei. Nachrichten über Kriege und klimawandelbedingte Naturkatastrophen fluten täglich sämtliche Kanäle und fördern Sehnsüchte nach Stabilität.

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Ordnung und Struktur geben Halt, aufgeräumte Angezogenheit vermittelt Souveränität. Der Anzug als Inbegriff von Männlichkeit knüpft an traditionelle Bilder, an Altbewährtes und Gedanken um Sicherheit. Nach femininen und genderfluiden Ansätzen, die in vergangenen Kollektionen über Transparenz, Spitze und einschlägige Designs gespielt wurden, führt der Bogen nun zurück zu einer mehr noch ursprünglichen Form von Maskulinität. Bedeutet die Wiederaufnahme von Altbewährtem gleichzeitig auch einen Rückschritt, hin zu uniformen, monotonen Konzepten? Nein. Die Silhouetten geben sich formbeständig, dennoch weich fließend, bewegt, flexibel. Oberflächen präsentieren sich betont fein und soft bis hin zu flauschig. Kombinationen sorgen in Ton-in-Ton-Optiken für neue Impressionen. Naturnahe Farben schaffen Abwechslung zu gesetzten Schwarz- und Anthrazit-Stufen. Klassik zeigt sich gegenwartsnah, unbeschwert. Und sie schlägt damit eine Brücke zwischen Tradition und Moderne, schafft es, sich mit frischen Impulsen geradezu progressiv aufzustellen.