Autor: Markus OessMaro Nachtrab, geschäftsführender Gesellschafter von BRÜHL, gibt gegenüber FASHION TODAY einen Einblick in die aktuelle Entwicklung und die Zukunftspläne der Marke. Seine Botschaft ist klar: „Dieses Jahr werden wir einen großen Schritt nach vorne gehen.“ Die Grundlagen dafür waren gelegt, doch die Corona-Pandemie brachte eine unerwartete Verzögerung mit sich. „Wir hatten die Pläne in der Schublade und auch die Gelder dafür standen bereit. Dann kam Corona und wir mussten wie alle anderen auch schauen, wie wir unseren Kopf über Wasser halten. Wir haben uns wieder freigeschwommen.“
Die Ausgangslage des Hosenspezialisten BRÜHL, Rotenburg an der Fulda, ist gut. „Unsere Auftragsbücher sind voll, sodass wir bis Ende 2025 mit Vollauslastung produzieren und in die Auslieferung gehen können – auch dank eines starken Nachzuggeschäfts. Für mich ist das der Beweis, dass wir produktseitig sehr gut aufgestellt sind“, sagt Maro Nachtrab, geschäftsführender Gesellschafter von BRÜHL, gegenüber FASHION TODAY. Die stabile Ausgangslage basiere nicht nur auf den Produkten: „Dazu kommt ein sehr guter Service, der uns vom Handel immer wieder bestätigt wird. Die Händler können sich voll auf den Verkauf unserer Hosen konzentrieren. BRÜHL hat sich als bewährter Marktpartner etabliert. Das ist ein nicht zu unterschätzender Wettbewerbsvorteil.“
Neue Kollektionen und strategische Anpassungen
Eine wichtige Rolle in der Produktstrategie spielt die „Trendline“-Kapsel, die erstmals für die Sommerorder 2025 vorgestellt wurde. „Wir haben neben der Comfort und Modern Line eine weitere Kapsel ,Trendline‘ für Frühjahr/Sommer 2025 gelauncht: sechs Artikel à drei Farben. Die Hosen haben eine Ausstattung mit noch höherem Mehrwert mit abgesteckter Leistentasche und Fähnchen, einem kleineren Lederetikett und sind moderner mit einer schönen Silhouette mit einer Fußweite von 38 und einer 20er-Bundweite. Absoluter City-Chic mit Flatfront und Five Pocket. Das Wichtigste: Der VK liegt im Schwerpunkt bei 89 Euro mit einer Kalkulation von 175. Die Kapsel war ein voller Erfolg und wird diesen Winter wieder angeboten. Das wird uns weiteren Auftrieb geben.“
Auch die Materialauswahl wurde angepasst: „Wir haben die Anteiligkeiten dem Markt angepasst. Gabardine und einfache Baumwolle haben wir zugunsten der Trendline und Struktur- beziehungsweise Volumenstoffen reduziert. Der Umfang der Gesamtkollektion bleibt damit erhalten. Auch Wolloptiken haben wir im Winter wieder ausgebaut. Unser Endkunde ist im Schnitt 60 Jahre alt und liebt flauschige und soft gewaschene Qualitäten.“ Funktionalität bleibt dabei ein wichtiger Aspekt: „Noch immer gilt: Fashion meets Function – zum Beispiel mit unserem japanischen Funktionsstoff (Modell Aversa). Mit 200 Gramm superleicht für Frühjahr/Sommer und 320 Gramm für Herbst/Winter. Ein absoluter Allrounder – knitterfrei, schnell trocknend sowie im Job und im Alltag gleichzeitig tragbar.“
Für die nähere Zukunft ist auch eine Änderung im Labeling geplant: „Zum Frühjahr/Sommer 2026 werden wir auch ein komplett neues Labeling einführen. Feiner im Auftritt und edler. Neben der Hauptfarbe Blau werden wir zusätzlich mit Silbertönen arbeiten, um ein zeitgemäßeres Erscheinungsbild zu erzeugen.“
Expansion und Shop-Systeme
Die Marke wolle international wachsen, auch die Präsenz in Asien werde ausgebaut, sagt Nachtrab. Der BRÜHL-Chef setzt indes vor allem auf die Stammabteilung und ein klassisches Wholesale-Geschäft: „Wir starten in China mit einem neuen Shopsystem, das wir bereits in zwei Läden implementiert haben. Es ist moderner und kommt mit Holzelementen auch wertiger rüber. Wir arbeiten mit Shops beziehungsweise Softshops, etwa bei INNO in Belgien oder Italien. Am wohlsten fühlen wir uns aber in der Stammabteilung mit einer fest definierten Fläche auf den Möbeln der Händler in unserem Markenumfeld. Dort funktioniert auch die Marke am besten. Auf Anfrage stellen wir den Shop allerdings sehr wohl dem Handel zur Verfügung – verbunden mit marktüblichen Kalkulationsverbesserungen. Auch Konsignation, die wir mit drei Kunden fahren, wird nicht das Mittel der Wahl sein, um unsere Marktpräsenz zu steigern. Wir wollen uns keine Umsätze erkaufen.“
Die Herausforderungen des chinesischen Marktes sind Nachtrab bewusst: „In China läuft das Geschäft nach dem Corona-Stopp nur sehr verhalten an. Die Malls sind leer und auch in China wachsen die Bäume nicht mehr in den Himmel. Die Inflation ist vergleichsweise hoch, die Investitionen sinken und die Menschen haben in der Folge reale Kaufkraftverluste zu verkraften. Aber es gibt auch Anzeichen auf Besserung. Aus diesem Grund werden wir in Shanghai mit unserem Franchise-Partner einen weiteren Store im Frühjahr 2026 eröffnen. Es folgt ein erster Store im Herbst/Winter 2026 in Südkorea.“
Produktion und Zielgruppenstrategie
BRÜHL legt Wert auf nachhaltige Partnerschaften in der Produktion. „Wir lassen unsere Hosen im Schwerpunkt bei fünf langjährigen Partnern in Tunesien fertigen. Wir bedienen zwei, drei preissensible Händler mit Vollkauf aus Asien. Diese Hose ist zwar 10 Euro im VK günstiger, aber in der Ausrüstung auch entsprechend reduzierter. Wir wollen mit der Schwerpunktpreislage von 89 Euro im VK wachsen. Darauf zielen unsere Anstrengungen.“
Auch im Private-Label-Geschäft will Nachtrab strategisch weiterentwickeln und dies mit einem Ziel: „Aktuell beliefern wir 820 Kunden, wobei der Anteil kleinerer Händler im Ausland höher ist. Aber wir wollen gerade in Deutschland den Umsatzanteil im Fachhandel genauso wie bei Großkunden merklich ausbauen. Gleichzeitig bleibt auch das Private-Label-Geschäft eine feste Umsatzsäule im Unternehmen. Auch Private Label werden wir ausbauen. Ich gehe davon aus, dass wir im Hosensegment bis Ende 2026 zur Nummer zwei hinter der OSPIG-Gruppe aufsteigen werden.“
Investitionen am Standort und Ausbau des Online-Geschäfts
Der Standort Rotenburg an der Fulda steht ebenfalls im Fokus: „Wir investieren in den Standort und werden unser Outlet von 350 Quadratmetern auf 535 Quadratmeter erweitern. Die Baupläne sind bereits genehmigt und im Juli 2025 geht es mit der Erweiterung los. Dann werden wir unter BRÜHL auch ausgewählte Artikel aufnehmen: fünf bis sechs Hemden, zwei Strickartikel, zwei Wirkartikel und zwei Wollmäntel im Winter. Das soll nur eine Ergänzung sein, um das Outlet und unseren Online-Shop aufzuwerten.“
Der Online-Shop entwickelt sich positiv: „Inzwischen trägt der Online-Shop rund 5 Prozent des Umsatzes bei – Tendenz steigend. Der Online-Shop läuft jetzt rund, aber wie viele andere Marktteilnehmer auch mussten wir am Anfang Lehrgeld bezahlen.“ Zusätzlich plant BRÜHL die Eröffnung eines zweiten Online-Shops: „Es wird auch ein zweiter Online-Shop im Februar an den Start gehen. Das Konzept ist aber ein anderes. Wir öffnen diesen Shop als Hosenspezialisten auch anderen Eigen- und Handelsmarken. Wir wollen eine preislich attraktive Anlaufstelle bieten für unsere Zielgruppe, Männer um die 60 Jahre, die Hosen im Internet kaufen wollen – schnell, unkompliziert und verlässlich. Wir sind da offen und sprechen auch mit weiteren Marken, die vom Konzept überzeugt sind.“
Nachtrab reflektiert auch die Rückschläge der vergangenen Jahre: „Wir haben die Pandemie gut überstanden und sind nicht in die roten Zahlen gerutscht. Wir hatten Kurzarbeit, aber wir mussten keinen einzigen Mitarbeitenden entlassen. Leider hatte uns dann die KLiNGEL-Pleite kalt erwischt. 2024 war bedauerlicherweise dadurch mein erstes Jahr als Geschäftsführer bei BRÜHL, in dem wir Verluste hinnehmen mussten. KLiNGEL war unser zweitgrößter Kunde und wir mussten einen schmerzhaften Umsatzverlust in siebenstelliger Höhe verkraften. Wir hatten die Ware bereits zum größten Teil ausgeliefert, als die Insolvenzmeldung kam. Wir haben uns aber rascher von dem Verlust erholt als gedacht und kommen schneller wieder in die schwarzen Zahlen als angenommen. Der Fehlbetrag für 2024 wird deutlich geringer ausfallen als erwartet. Wir konnten gut die Hälfte des verlorenen Umsatzes über Bestands- und Neukunden wieder reinholen.“
Abschließend betont Nachtrab: „Es geht uns gut. Wir sind mit einer Eigenkapitalquote von 92 Prozent ausgestattet und können mit einem top eingespielten Team durchstarten. Ich bin zuversichtlich, dass wir in diesem Jahr spürbar zulegen und unsere Marktstärke weiter festigen werden.“