Autor: Markus OessDa ist die Luft raus, oder? Der Anzug hat einen Hänger. Eigentlich klar, nachdem der Nachholeffekt durch ist. Aber ist die Luft raus aus der Formal Wear? Nicht ganz, es kommt darauf an.
Die Business Wear im Jahr 2025 steht für eine moderne Balance aus traditioneller Eleganz und zeitgenössischer Funktionalität. Anzüge sind nicht länger starr und formell, sondern flexibel, nachhaltig und vielseitig – ideal für den Arbeitsalltag und hybride Arbeitsplatzmodelle. Dabei wird die Nachhaltigkeit die Modebranche 2025 weiter verändern. Anzüge werden zusehends aus umweltfreundlichen Materialien wie recyceltem Polyester, RWS-Wolle und Tencel hergestellt. Diese Stoffe sind langlebig, bequem und reduzieren den ökologischen Fußabdruck. Wobei auf Zertifizierungen wie Responsible Wool Standard (RWS), Global Organic Textile Standard (GOTS) und andere gesetzt wird, um ökologische und soziale Verantwortung zu zeigen.
Stretch-Stoffe oder Jersey sorgen für Flexibilität und erleichtern den Übergang von Büro zu Freizeit. Der Formenpark ist nicht mehr so eingeengt und reicht von leicht weiteren Hosen und weniger taillierten Jacken bis hin zu anderen fließenden Formen. Mit dem Wandel hin zu hybriden Arbeitsplätzen gewinnen universelle, vielseitige Looks an Bedeutung. Sie kombinieren Komfort und Professionalität, ideal für die Arbeit im Homeoffice und im Büro. Leichte Materialien wie Jersey, Baumwoll- und Woll-Blends sowie Knit Weaves sorgen für einen entspannten, aber smarten Stil. Unstrukturierte Jacken und Overshirt-Formen zeichnen bürotaugliche, zeitgemäße Silhouetten mit Bundfaltenhosen und häufig Strick.
Beim Tailoring bleibt der Zweireiher en vogue, modernisiert durch leichtere, folierte Stoffe und schlanke Schnitte. Er vermittelt Selbstbewusstsein und Autorität. Auch hier gilt: schlanke, aber leicht entspannte Silhouetten, mit eleganter Note. Feinfädige, aber softe Stoffe sorgen für Tragekomfort in verschiedensten Klimazonen. Breite Revers bilden ein stilvolles Retro-Element.
Schließlich prägen Innovationen die Anzugsbranche: Temperaturregulierende Stoffe, feuchtigkeitsableitende Materialien und intelligente Taschen werden zunehmend integriert. Diese Performance erfüllt die Anforderungen moderner Business Men. Kurzum, die Anzugtrends 2025 bieten vielseitige Optionen, die auf Nachhaltigkeit, Komfort und individuelle Bedürfnisse eingehen. Mit diesen Innovationen bleibt der Business-Anzug ein zentrales Element der Berufskleidung, dies aber angepasst an die Ansprüche moderner Arbeitswelten.
Und der Markt? Der hat an Dynamik verloren, nachdem der pandemiebedingte Nachholbedarf gedeckt ist. Es weht schon ein laues Lüftchen, aber, um im Bild zu bleiben, nicht genug, um das Ding mit vollen Segeln nach Hause zu schiffen. Das bestätigt auch Frederik Westermann, Executive Partner ROY ROBSON, für den Verband GermanFashion: „Die Nachholeffekte aus der Pandemiezeit sind weitgehend abgeklungen. Stattdessen sehen wir eine deutliche Verschiebung der Nachfrage vom klassischen NOS-Segment hin zu stärker saisonal geprägten Kollektionen. Insgesamt liegt der Umsatz bei Baukasten-Anzügen aktuell bei etwa 5 Prozent unter dem Vorjahresniveau – über alle Marken hinweg.“
Westermann gibt einen recht nüchternen Ausblick, sieht aber auch Chancen: „Die Branche rechnet mit einer weiteren Konsolidierung des Marktes. Da Nachholeffekte nicht mehr zu erwarten sind, können Umsatzsteigerungen vor allem durch die Einführung neuer Sortimentskonzepte wie NOS und SNOS erzielt werden. Entscheidend für den Erfolg werden die Verfügbarkeit der Ware sowie der Ausbau neuer Partnerschaften sein, ebenso wie die durch Verdrängung gewonnenen Marktanteile.“
Schließlich, das klingt schon durch, stehen wir auch vor Herausforderungen, die gar nichts mit der Mode zu tun haben, sondern die der globale Rahmen setzt. Die Aussichten für Deutschland könnten durchaus rosiger sein: „Die weltpolitische und nationale Lage beeinflusst das Konsumklima erheblich. Der Handel steht vor der Herausforderung, sich stärker zu fokussieren und gleichzeitig mit einer wachsenden Zahl neuer Wettbewerber auf einem stagnierenden Käufermarkt zu konkurrieren. Die hohe Preissensibilität der Verbraucher erschwert Preisanpassungen. Dennoch sehen wir Potenzial in der Tatsache, dass die Konsumenten zwar stärker auf ihre Ausgaben achten, aber eher bei Urlauben sparen als bei Bekleidung – was der Branche trotz der Herausforderungen Chancen bietet.“
Aber wie sieht es auf Unternehmensebene aus? Wir haben Menswear-Anbieter (DIGEL, HECHTER PARIS, JOOP!, bugatti, ROY ROBSON, CREATION GROSS, WILVORST) gefragt. Gibt es die Luft für den zweiten Atem? „Das Jahr war von Höhen und Tiefen getrieben, leider kein optimales Jahr für den Handel, der Fokus verschiebt sich aufgrund der Unsicherheiten ein wenig von Textil. Wirklicher Bedarf ist teilweise nicht vorhanden oder wird zurückgestellt“, schreibt ein Umfrageteilnehmer. Er trifft damit den Grundtenor der Umfrage, die Stimmung pendelt auf einer Skala von 1 (sehr schlecht) bis 5 (sehr gut) irgendwo zwischen 3 und 4. Konjunkturelle Dämpfer, eine Marktsättigung und handelsbezogene Ursachen wie Frequenzrückgänge oder Geschäftsschließungen werden angeführt. Es herrscht keine Aufbruchsstimmung, aber von einem Stimmungstief sind wir weit entfernt. Einige der teilnehmenden Marken melden Wachstum für das zurückliegende Jahr und meist eine konstante Order. Die Unternehmen rechnen zum Saisonstart Herbst/Winter 2025 mit stabilen Aufträgen und für das Gesamtjahr 2025 überwiegend mit steigenden Umsätzen von bis zu 5 Prozent.