Autorin: Tays Jennifer Köper-KelemenYoung Fashion bezeichnet in der Mode konventionelle Bekleidung für junge Menschen, eine Kategorie für eher trendorientierte, weniger formelle Looks. Doch die Zielgruppen von Kollektionen und Marken scheinen zunehmend ineinander überzulaufen. Die Jugend greift nach Klassikern. Was bedeutet also Young Fashion heute? Eine Spurensuche.
Junge Menschen haben üblicherweise ihre eigenen Moden. Sie suchen Abgrenzung und Zugehörigkeit zugleich. Anderssein als Erwachsene und Gleichsein mit Gleichgesinnten, Gleichaltrigen. Lange, strähnige Haare, farbenfrohe Irokesen-Schnitte, tief sitzende Hosen, zerrissene Jeans und schlabberige Karo-Shirts – es gab in der Vergangenheit bereits vieles zu sehen, das als jung und rebellisch für Aufsehen sorgte.
Und heute? Nach Dekaden einer zunehmenden Casualisierung der Mode sind wir im Zeitalter von „Alles geht, nichts muss“ angekommen. Soziale und berufliche Dresscodes sind aufgebrochen, wenn nicht gar komplett hinfällig geworden. Ältere Generationen verstehen sich nicht als „alt“ und „gesetzt“, nehmen sich experimentierfreudig jüngeren Trends an. Destroyed Jeans, Bauchfrei-Tops, ganz gleich, sie treffen in sämtlichen Altersklassen auf positive Resonanz.
Was bedeutet dies für junge Menschen? Es erscheint nur natürlich, dass sie sich angesichts dessen in die genau entgegengesetzte Richtung orientieren. Luxuriöse Kaschmirpullover, smarte Poloshirts und klassische Wachsjacken sind bei Teenagern plötzlich angesagt. Lacoste, Barbour. und RALPH LAUREN stehen als Marken hoch im Kurs. Trends um Silent Luxury und Old Money feiern einen Hype. So sind die sozialen Medien voll von Heranwachsenden, die Styling-Tipps und Tutorials rund um „How to look classy“ und „Elegant Teenage Dressing“ zum Besten geben. Also herrscht jetzt verkehrte Welt vor? Werden Young-Fashion-Abteilungen in Kaufhäusern nun mehr noch von älteren Generationen aufgesucht, die hip sein wollen, während sich die Jugend durch die klassischen, erwachsenen Sortimente shoppt? Ist Young Fashion eigentlich gar nicht mehr wirklich „young“, im herkömmlichen Sinn existent? Macht eine Unterscheidung von jungen Sortimenten stationär und online überhaupt noch Sinn, wenn alle irgendwie querbeet alles tragen?
Ganz so einfach ist es am Ende nicht. Denn parallel zu sämtlichen Luxury-Attitüden ist streetige Sportswear als Young-Fashion-Klassiker nicht etwa untergegangen, sondern – im Gegenteil – sehr lebendig. Sweater, Tracksuits und Pants, Bauchtaschen, Caps und Sneaker bestimmen das Bild auf den Schulhöfen wesentlich mit. Extraweite, durchhängende Jeans und plakativ gelabelte Looks halten gegen die aufgeräumten, zurückhaltenden und angezogenen Outfits der Old-Money-Anhänger.
Schließlich ist es wohl so, wie es immer ist: Die junge Generation will sich in keine Schublade stecken lassen. Und Young Fashion bedeutet im Grunde eben genau dies – eine Befreiung vom Schubladendenken, eine Lossagung von allem Eingefahrenen. Wie sich da konkret das modische Erscheinungsbild zusammensetzt, bestimmen Teenager und junge Erwachsene von Saison zu Saison aufs Neue selbst, ob ultrasmart oder abgerissen. Es liegt allein in ihrer Hand, hält sich nicht an bereits Dagewesenes. Young Fashion fasst einfach nur all die Trends und Looks zusammen, die junge Menschen bewegen. Und diese wollen, wie eingangs erwähnt, nicht nur anders sein, sondern sich auch einer Gruppe zugehörig fühlen, sich über eine Gruppe verstanden wissen, sich wiederfinden – ganz und gar nicht zuletzt in der Welt der Mode.
„Die Sachen sollen sich einfach gut anfühlen und cool aussehen!“
FASHION TODAY hat bei drei Teenagern, Henry S. (14), Ricardo D. (16) und Luis D. (17), nachgefragt, wie sie Mode leben und denken.
FASHION TODAY: Welche Marken und Looks sind bei euch angesagt?
Henry: „Baggys, Jeans und Hosen im Loose-Fit finde ich gut. Und auch Shirts und Pullover, die lässig und überlang sitzen. carhartt hat coole Jeans, Sweats und Jacken. Coole Hoodies gibts auch bei 6pm. Die Schuhe von DEPUTY Department mag ich.“
Ricardo: „Es gibt sehr viele verschiedene Marken und Styles. Streetwear ist Trend und auch der Old Money Style, das ist so ein mehr cleaner Look mit Hemd und Leinenhose zum Beispiel. NOFS und 6pm haben sehr coole Sachen, daneben sind Lacoste und RALPH LAUREN angesagt.“
Luis: „Es ist wirklich alles dabei – bei jungen Leuten sind ganz verschiedene Marken von BERSHKA bis hin zu RALPH LAUREN gesucht.“
Woher nehmt ihr die Ideen für eure Outfits?
Henry: „Ich schaue gerne bei Instagram. Streetwear- und Fashion-Influencer finde ich interessant.“
Ricardo: „Ich halte mich auf jeden Fall immer an Social Media, meistens TikTok, aber auch an Instagram und Pinterest.“
Luis: „Ich lasse mich von Social Media inspirieren, aber auch von sozialen Kontakten, von Freunden. Oder ich nehme mir Ideen aus der Schule.“
Wo kauft ihr ein?
Henry: „Ich kaufe sowohl online als auch im Laden ein. Eigentlich aber doch lieber online, einfach weil ich so in Ruhe stöbern kann. Und man hat mehr Auswahl.“
Ricardo: „Ich kaufe meistens online ein, einfach, weil es die Sachen, die ich mag, nicht unbedingt im Laden gibt.“
Luis: „Ich kaufe eigentlich immer online. Das aber auch nur, wenn ich die Sachen schon einmal anprobiert habe und ich weiß, wie sie sitzen.“
Würdet ihr sagen, euer Style unterscheidet sich vom Look Erwachsener?
Henry: „Ja. Wenn ich mir meine Eltern oder meine Großeltern und mich anschaue, sehe ich schon viele Unterschiede. Sie sind auch gut und modern gekleidet, aber halt anders. Ich glaube, Jugendliche heute und damals in den 90er-Jahren unterscheiden sich in ihrem Style nicht so sehr, da wurden ja auch schon Baggys getragen.“
Ricardo: „Ich denke, dass die älteren Leute Streetwear-Marken nicht so auf dem Schirm haben. Und auch die Schuhe sind andere. Ich finde, die Jugend trägt sehr viel farbigere Sachen und Jogginganzüge, also Trackies mit passenden Unter- und Oberteilen.“
Luis: „Ja. Es gibt natürlich auch Ausnahmen, aber generell laufen ältere Generationen ja schon eher in praktischen Klamotten rum.“
Wie wichtig ist euch persönlich Mode?
Henry: „Mein Aussehen ist mir schon wichtig, gerade in der Schule oder beim Treffen mit Freunden.“
Ricardo: „Ich finde eigentlich, es ist ein Muss, gut angezogen zu sein. Außerdem macht es Spaß, Outfits anzuziehen, Sachen neu zu kombinieren.“
Luis: „Ich würde schon sagen, dass mir Mode wichtig ist. Allerdings ist sie mir nicht so wichtig, als dass ich darauf achten würde, ständig die neueste Marke oder ähnlich zu tragen. Die Sachen sollen sich einfach gut anfühlen und cool aussehen.“
„Junge Mode ist ein weit gefasster Begriff!“
Junge Menschen und ihre Mode – FASHION TODAY hat bei Jason Morgan, Buying Strategy Officer von Peek&Cloppenburg Düsseldorf, kurz zum Thema nachgehört, worauf es ankommt, welche Werte, welche Auffassung.
Was denken Sie, macht die Mode junger Menschen heute aus, worauf legen sie besonderen Wert?
„Junge Menschen waren schon immer Trendsetter. Sie haben eine Anziehungskraft und eine Perspektive auf Trends wie keine andere Generation zuvor. Die Plattformen der sozialen Medien haben viele Trendsetter hervorgebracht, die Millionen von Anhängern haben. Jede ‚Fashionista‘ kann ihren eigenen, einzigartigen Sinn für Stil entwickeln und pflegen. Anders als in der Zeit vor den sozialen Medien, in der Modehäuser, Zeitschriften und wichtige Marken die Trendrichtungen bestimmten, werden die Modetrends heute von dynamischen und einzigartigen Individuen gesetzt. Junge Menschen legen auf viele Themen Wert. Erschwinglichkeit, Trendgerechtigkeit und Einzigartigkeit sind für die einen wichtig, für die anderen sind es eine nachhaltigere Herkunft, hohe Qualität und Kreislauffähigkeit.“
Meinen Sie, die Zielgruppen von Kollektionen und Marken verschwimmen zunehmend? Inwiefern ist es für Sie – so oder so – wichtig, auf der Fläche und online die Kategorie „Young Fashion“ anzubieten?
„Ja und nein. Ja, denn Marken mit Kollektionsgruppen und klaren Zielgruppen sind für alle Kundensegmente nützlich, auch für das jüngere Publikum, da die Kunden so ihren ‚Markenstamm‘finden können. Die sozialen Medien spielen dabei ebenfalls eine wichtige Rolle, sodass junge Zielgruppen Marken suchen, die ihren funktionalen, emotionalen und wertorientierten Bedürfnissen entsprechen.
Nein, denn wir sehen in den Statistiken, dass die Generation Z die geringste Markentreue aller Generationen aufweist. Marken und Kollektionen sind nur insoweit wichtig, als sie dazu beitragen, Sortimente zu entwickeln, die ihre Zielgruppen ansprechen.“
Würden Sie sagen, dass derzeit sogar verstärkt ältere Generationen „Young Fashion“ aufsuchen, während jüngere Generationen im Trend um Old Money Styles umgekehrt gehen?
„Junge Mode ist ein weit gefasster Begriff. Er kann für viele Menschen aller Altersgruppen eine ganze Menge bedeuten. Ich glaube nicht, dass es so linear ist, wie die Frage suggeriert. Ich denke, die meisten Verbraucher definieren, was ‚jung‘ für sie selbst bedeutet, und zwar auf der Grundlage bestimmter Verwendungszwecke und Anlässe. Ich trage zum Beispiel jeden Tag modische Sneaker zur Arbeit. Manche würden sagen, dass ich versuche, jung und hip auszusehen. Ich sage, es geht um Mode, Funktion und Komfort. Es geht nicht darum, jung oder ‚altmodisch‘ auszusehen, sondern um die eigenen Werte und darum, wie man von anderen gesehen werden will, wenn man sich selbst sieht.“