Düsseldorf: Business as usual

©LHD/Ingo Lammert

Orderauftakt

Es geht inzwischen ziemlich unaufgeregt zu in Düsseldorf. In den Showrooms wird gearbeitet. Aber man macht Termine zum Orderauftakt in der NRW-Hauptstadt, großartige Laufkundschaft sucht man vergebens. So spiegelt sich die eigene Firmenlage und die Branchensituation in den Showrooms wider. Es gibt keinen Düsseldorf-Effekt, weder im Positiven, aber auch nicht im Negativen. Die Nachricht, dass Ex-Galeria-Manager Jörg Peter Schmiddem als Bereichsleiter bei der P & C-Tochter (Süd) Corporate Procurement bei der JC New Retail AG, Zug angeheuert hat , einer Gesellschaft der Peek & Cloppenburg Gruppe tätig ist, war noch einer der Aufreger.

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Allerdings bremst die Situation einer vielfältigen Infrastruktur mit Showrooms und festen Anlaufpunkten in düsseldorf etwaige Ambitionen auf eine zentrale deutsche Messe aus. Während das Industrielager aktuell zusätzliche Investitionen tunlichst meidet, sind auch bei potenziellen Organisatoren keine Ambitionen zu erkennen, hier in Vorleistung oder gar ins Risiko zu gehen. Wer also soll es machen?

In den Showrooms selbst herrschte eine gelassene Stimmung vor. Über alles stehen die Zeichen auf eher eine Nullrunde, was mögliche Zuwächse des Ordervolumens angeht. Nicht einmal so wenige Marken rechnen sich dennoch gute Chancen aus, mit einem dickeren Orderbuch aus der Saison auszusteigen oder im Nachzug draufzupacken. Der FT-Gang durch die Showrooms:

Hajo: Vertriebschef Johannes Deckert spricht von einem guten Saisonauftakt, trotz des wetterbedingt mauen Junis im Handel. Leinen, bedruckte Polos und Strickpolos laufen gut, listet der Weidener auf. Im Ergebnis steht bislang ein einstelliges Plus, die Womenswear legt aktuell sogar zweistellig zu. Positives berichtet Deckert auch über Tom Ripley, wo in nur zwei Wochen zwölf Neukunden, darunter Braun Moers und weitere Conceptstores gewonnen wurden. Genau wie bei Hajo zahle sich die Preispolitik aus. Während Tom Ripley mit VKs von 99 Euro bis 159 Euro auskomme, liege die italienische Konkurrenz bereits bei rund 200 Euro.

Digel: Michael Bischof und Philippe Celeny berichten von gut gehenden Geschäften in der Halle 29. Es seien sogar erstaunlich viele Einkäufer aus Middle East angereist. Generell habe der Export in Düsseldorf für Digel immer noch eine Relevanz. Aber auch der Heimatmarkt verzeichne keinen Einbruch. Für die Schwaben zieht Düsseldorf immer noch, wenngleich zumindest gefühlt die Frequenz zurückgegangen sei. Das belegten auch die Investitionen von Hugo Boss und Joop! in ihre neuen Showrooms. Bischof bedauert, dass das Potenzial der Marke mit den vielen Showrooms und Angeboten zu wenig genutzt werde. Alle Beteiligten seien dazu aufgefordert, „gemeinsam mehr und effizienter Standortmarketing zu betreiben“. Was Digel angeht, berichtet Celeny von wachsender Zustimmung und positiven Reaktionen auf die Zwei-Linienstrategie mit Digel und Move!, die mit einem jeweils eigenständigen Markenauftritt die komplette Produktwelt der Schwaben präsentiere. Celeny sieht das Rekordjahr 2023 als neue Referenz für seine Planungen. „Das Niveau wolle er halten, besser noch übertreffen“, sagt er. „Die Chancen sind gut“.

JOOP!: Thorsten Stiebing, Chef von Joop!!, hatte alle Hände voll zu tun. Der neue Showroom, die Fashionshow, mit der die Wiedergeburt der Damenjeans, die nun neben den Männerjeans aus- und aufgebaut werden sollen, haben Kräfte gebunden. Stiebing spricht von einem Erfolg zum Auftakt der Order. „Wir verzeichnen eine gute Order“, betont Stiebing gegenüber FT. „Düsseldorf ist nun mal nicht eben Mailand, aber die Stadt und der Standort nehmen in der Strategie der Marke einen wichtigen Platz ein“.

Fynch-Hatton: Gelassen blicken auch Mathias Eckert, CEO von Fynch-Hatton und der neue Vertriebschef DACH, Wolfgang Lohe, auf die kommenden Wochen. Die Marke verkaufe sich auf der Fläche gut, man sei Best Performer in seiner Kategorie. Zudem helfe natürlich, dass das angestammte Marktsegment Modern Classic gerade einen Lauf habe. Inzwischen zeige auch der Handel mehr Offenheit und Bereitschaft, enger zusammenzuarbeiten. Die Potenziale eines gut funktionierenden In-Season-Managements würden erkannt. Beide Manager setzen auf die Gunst der Stunde und wollen das Systemgeschäft weiter ausbauen.

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Eterna: Eterna-Chef Dirk Heper erklärt gegenüber FT, dass vor allem die Innovationen, wie Dynamic Cotton im Markt begrüßt würden. Auch die Investition in die Eckpreislagen kämen gut an. „Der Juni war bekanntermaßen schwierig, aber Eterna liegt über dem Branchendurchschnitt,“ sagt Heper. „Die Marke ist im Wettbewerbsumfeld gut unterwegs.“ Heper geht von einer stabilen Order aus, rechnet aber überdies im Nachzug über das NOS und Seasonal NOS zulegen zu können.

Club of Comfort: Norbert Bents, Vertriebschef von Club of Comfort, will nach der Runderneuerung des Programms über die zurückliegenden Monate weiter mit Neuheiten Neukunden für die Marke gewinnen. „Düsseldorf läuft gut“, sagt Bents. „Wir hatten immer gut zu tun, auch wenn natürlich der ganz große Run in die Showrooms ausbleibt“, sagt er. Mit Bestandskunden soll ein Pari herausspringen, aber das Neukundengeschäft soll zusätzliche Impulse bringen. So hat in der Schweiz der neue Vertreter allein in den zurückliegenden Tagen 19 Neukunden herangeschafft. So kamen auch Exportkunden, unter anderem aus den USA, UK, Finnland und Neuseeland. Grundsätzlich hält er es mit ABBA: „Altbewährtes mit Innovationen zusammenführen und daraus Neues entstehen lassen.“ So wie zum Beispiel eine gestreifte Leinen-Misch-Hose mit Buntfalten und Umschlag im Tapered Look. Zuspruch erhofft er sich vor allem auf die Neuheiten im Bereich Wool-Look und weiteren Schnittformen.

Bugatti: Wir treffen Marketingchefin Verena Demme und CBO Florian Wortmann im neu gestylten Showroom von Bugatti. Die Herforder zeigen nun die erste komplette Kollektion unter Wortmann. Neben dem neuen Dreiklang der Linien wurden auch die Womens- und Menswear harmonisiert. Die klare Bild- und Markensprache ebne den Weg zu Neukunden, da die Marke auch gegenüber jüngerem Publikum weit moderner ausgespielt werden könne, sagt Wortmann. Er wolle nicht, dass sich die Bugatti-Kunden plötzlich zwanghaft jung kleiden müssten, aber er wolle auch nicht, dass sich junge, neue Bugatti-Kunden alt fühlten. Mit neuer Markenkraft und weiteren Innovationen wie die erfolgreiche Wiedereinführung des Baukastens sieht Wortmann Potenzial für ein mittleres bis hoch einstelliges Wachstum allein in dieser Orderrunde. Als Brückenmarke zum Premiumsegment spiele Bugatti überdies die aktuell schwächelnden Brands in diesem Segment in die Hände. „Der Markt bietet allen große Chancen. Wir müssen sie nur annehmen und uns nicht selbst im Wege stehen“, sagt Wortmann. „Die größte Challenge ist unser Mindset. Das Mindset ist am Ende wichtiger als die Strategie.“

Carl Gross: Der letzte Besuch in der Halle 29 gilt Carl Gross und seinem neuen Head of, Michael Berngruber. Inzwischen ist das Unternehmen Création Gross wieder auf der Höhe der Zeit. Wir können nach der ERP-Umstellung wieder vollumfänglich liefern und die Kollektion wird gut gesprochen. Die Stimmung im Handel ist jetzt nicht euphorisch, aber wir führen gute Gespräche.“ Gerade für den Export sei die Black Line sehr wichtig, wo aktuell Leinen eine bedeutende Rolle einnimmt. Erstmals seit einigen Saisons haben die Hersbrucker auch einen Baumwoll-Anzug im Programm. „Es gibt Lichtblicke,“ sagt Berngruber. Er plant, die Umsätze zu halten, um dann im kommenden Winter wieder mehr verkaufen zu können.

R. Brand Group: Vom unerwarteten Tod Michael Röthers zeigt sich Raphael Heinold, CEO der R.BRAND GROUP, immer noch zutiefst schockiert und traurig. Röthers Ableben legt einen Trauerschleier über die Unternehmungen seiner Unternehmensgruppe. Heinold erlebt entsprechend einen gedämpften Orderauftakt in Düsseldorf, der von den aktuellen Ereignissen überlagert wird. Was die Resonanz der Restrukturierung seiner Marken Baldessarini, Pierre Cardin und Pioneer angeht, meldet der Firmenchef Fortschritte. Er sagt aber auch, dass es noch dauern wird, das Vertrauen des Handels vollständig zurückzugewinnen. „Wir machen große Fortschritte, aber bis sich diese dann auf der Fläche zeigen brauchen wir noch etwas Zeit. So schnell lasst sich das Schiff auch nicht wenden. Ich bin mir aber sicher, dass wir auch in dieser laufenden Sommersaison weitere Verbesserungen sehen werden.”

Enttäuscht fielen die Kommentare hingegen auf dem Areal Böhler aus. Die Frequenz gehe weiter zurück und die Zahl der Aussteller nehme weiter ab, so der allgemeine Tenor. Stefan Kudla, der neben zwei eigenen Läden auch eine Handelsagentur betreibt, nutzt die Fashion Rooms sowieso als Showroom und betrachtet die Veranstaltung für sich nicht als Messe. Nach Düsseldorf ist er unter anderem mit dem dänischen Label Blue de Gene gekommen. Er gibt der Messeorganisation keine Schuld. Die Veranstaltung sei gut vorbereitet und professionell realisiert worden. Möglicherweise gehe die Entwicklung derzeit einfach in eine andere Richtung. Messen hätten es generell nicht einfach, sagt Kudla.

Die Neonyt öffnete sich in Düsseldorf in neuer Location auch erstmals den Konsumenten. Die Resonanz auf die Veranstaltung war beim FT-Besuch verhalten und entsprechend fielen auch die Ausstellerkommentare aus. Location und die Verbindung von B2B mit B2C waren nicht glücklich und gerade in den oberen beiden der drei Etagen machte sich eine gewisse Unzufriedenheit breit. Auch hier zeigten sich die Aussteller offen für Neuerungen, erkennen die Bemühungen der Organisatoren Igedo an, gehen aber davon aus, dass diese diesmal ohne nennenswerten Erfolg blieben und die Neonyt einen anderen Auftritt in der Zukunft erhalten soll.