Der TikTok Shop kommt – doch nicht?

Marilyns Trendradar

©Markus Winkler auf Pixabay

Autorin: Marilyn Repp
Anfang Juni 2024 bestätigten Insider, dass der Start des TikTok Shops in Deutschland und Europa vorerst gestoppt wurde. Das steht höchstwahrscheinlich im Zusammenhang mit regulatorischen Herausforderungen in den USA und der EU. In den USA läuft ein Verfahren zu einem Verbot beziehungsweise zu einem erzwungenen Verkauf von TikTok, wogegen das Unternehmen – hinter der Plattform ByteDance – rechtlich vorgeht. TikTok bestätigte das erste Mal auch offiziell, dass der TikTok Shop in Deutschland im Juli an den Start gehen sollte.

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Ich gehe davon aus, dass im Jahr 2025 ein neuer Versuch gestartet wird. In Südostasien, Großbritannien und den USA erzielt der TikTok Shop bereits Milliardenumsätze.

Aber was ist das eigentlich genau und was steckt dahinter? Diese neue Funktion ermöglicht es den Nutzern, innerhalb der App direkt Produkte zu kaufen, ohne die Plattform verlassen zu müssen.

In Deutschland nutzen 21 Millionen Menschen regelmäßig TikTok. Wenn also so viele Menschen auf der Plattform in Zukunft mit wenigen Klicks einkaufen können, hat das direkte Auswirkungen auf den E-Commerce im Allgemeinen. Social Commerce gewinnt damit massiv an Bedeutung. Bisher hat sich der direkte Verkauf über Social Media in Deutschland noch nicht flächendeckend durchgesetzt. Dennoch sind viele Experten der Meinung, dass hier das letzte Wort noch nicht gesprochen ist.

Durchbruch im Social Commerce

Die Nutzungsmuster in den USA und Großbritannien haben bereits gezeigt, dass dieses Modell auch in westlichen Ländern funktioniert. TikTok verfügt über jahrelange Erfahrung und weiß genau, was gut funktioniert. Auf TikTok sind vor allem junge Zielgruppen aktiv, die tendenziell offener für digitale und innovative Shoppingformate sind. Diese User kennen die App und vertrauen den Empfehlungen ihrer Content Creators. Umfragen belegen im Übrigen, dass junge Menschen gezielt Produktempfehlungen von geschätzten Personen suchen. Ein riesiges Potenzial für Handel und Marken!

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Der TikTok Shop könnte deshalb das Konsumverhalten nachhaltig prägen und langfristig verändern. Ein Blick auf die Märkte in den USA und Großbritannien zeigt, dass sich auch Marketingprozesse verändern. Content Creators mit großer Reichweite können einzelne Produkte empfehlen und erhalten dafür eine Provision. Eine Analyse von Produktverkäufen in den USA zeigt, dass die meisten Verkäufe über externe Content Creators und nicht über die Profile der Shops selbst erfolgen. Dies stellt eine Marketing-Revolution dar. Bisher war der Prozess folgender: Ein Shop stellte ein Sortiment bereit und schaltete Werbung oder startete Kooperationen mit reichweitenstarken Influencern, um Aufmerksamkeit zu erzeugen und Verkäufe anzukurbeln. Dies ändert sich nun: Die Content Creators auf TikTok wählen selbst die zu ihrer Community passenden Produkte aus und erstellen Kurzvideos. Wenn das Produkt gut ist, geht es viral und wird massenhaft gekauft. Interessiert das Produkt die TikTok-Community nicht, hat es keine Chance. Dieser Prozess ist viel näher an den Bedürfnissen der Kunden als der traditionelle Handel. Das halte ich für revolutionär.

Kurzvideos auf dem Vormarsch

Abgesehen von TikTok wird eines immer wichtiger: Kurzvideos gewinnen im E-Commerce stetig an Bedeutung. Dies hängt mit dem Nutzungsverhalten der jungen Generation zusammen, die mit visuellen Bewegtbildern aufgewachsen ist und diese bevorzugt. Was wäre Ihnen denn lieber: einen umfassenden Produkttext auf einer Webseite ohne Kontext zu lesen oder ein kurzes Video einer vertrauten Person anzusehen? Die Antwort liegt auf der Hand.

Auch das Thema Live Shopping und Entertainment-Formate gewinnt weiter an Bedeutung. Sowohl bei zalando als auch bei OTTO ist dieses Thema Teil der strategischen Ausrichtung, wie zuletzt auf der Marketing-Konferenz OMR in Hamburg betont wurde. Der zalando-CEO sagte: „2024 wird ein extrem spannendes Jahr für den E-Commerce. Schon bald werden Millennials und die Generation Z gemeinsam die größte Konsumentengruppe bilden – und diese Gruppe konsumiert anders.“ zalando konzentriert sich nun verstärkt darauf, Lifestyle-Themen und kulturelle Trends mit dem Sortiment zu verbinden. Kurz gesagt: Alles deutet auf mehr Inspiration und Entertainment hin.

Zur Person

Marilyn Repp ©HDE

Raus aus der Komfortzone, rein in die Zukunft! Das ist Marilyn Repps Botschaft an mittelständische Unternehmen. Beim Handelsverband Deutschland ist sie stellvertretende Geschäftsführerin vom Mittelstand-Digital Zentrum Handel und unterstützt dort den Handel bei der digitalen Transformation. In ihrem Podcast „Zukunft des Einkaufens“ scannt sie die neuesten Trends und Innovationen der Branche. Marilyn Repp ist außerdem eine gefragte Speakerin und Autorin rund um das Thema Metaverse und Web3 im Handel.