Autor: Markus Oess Mit dem Kauf der insolventen Ahlers AG hat der MODEPARK RÖTHER für Aufsehen gesorgt. Es ist indes nicht der erste Schritt Richtung rückwärtige Integration der Schwaben, die mittlerweile mehr als 50 Filialen betreiben und auch in Österreich aktiv sind. Der Einstieg ins Markengeschäft ist als zweites Standbein gedacht, aber auch einer bestimmten Notwendigkeit geschuldet, wie Firmenchef Michael Röther im FT-Interview betont. Wie der Modepark in der Branche unterwegs ist, was das Markengeschäft bringt und warum das Modegeschäft im Grunde doch einfach ist.
FASHION TODAY: Herr Röther, wie läuft es aktuell auf der Fläche?
Michael Röther: „Gut. Wir sind zufrieden. Gegenüber dem Vorjahr verzeichnen wir ein gutes einstelliges Plus. Das Niveau von 2019 haben wir übrigens schon deutlich übertroffen. Wir haben die Corona-Pandemie hinter uns gelassen.“
Verdienen Sie auch Geld?
„Davon können Sie ausgehen, mehr als im Vorjahr. Es bewegt sich in die gleiche Richtung wie unser Umsatz.“
Sie sind auch im Ausland, genauer gesagt in Österreich, mit vier Standorten tätig. Wie ist die Situation dort?
„Österreich läuft leider nicht so gut, wie wir es uns vorgerechnet hatten. Wir haben zwei Standorte schlecht ausgewählt. Deren schwierige Entwicklung belastet das Ergebnis. Wir sind überzeugt, dass unser Konzept auch in Österreich funktioniert, das sehen wir auch bei den beiden anderen Standorten.“
Derzeit haben untere und mittlere Einkommen Lohnzuwächse verzeichnet. Kommt das dem MODEPARK RÖTHER entgegen?
„Das ist eine gute Frage. Grundsätzlich zieht der Konsum an, wenn die Leute mehr Geld zur Verfügung haben. Aber ich kann nicht sagen, dass wir das jetzt überproportional spüren. Unsere Umsätze entwickeln sich ziemlich stabil. Der Gesamtmarkt für Bekleidung ist mit einem Volumen von rund 68 Milliarden Euro groß genug. Ich kann auch nicht behaupten, dass der Markt besonders schwierig ist, wie es immer wieder mal behauptet wird. Es gibt genug zu verteilen, wie erfolgreiche Unternehmen wie das Beispiel NEW YORKER, aber auch andere Mittelständler zeigen.“
Sind weitere Standorte in der Planung? Sie wollen ja drei Standorte pro Jahr eröffnen …
„Konkret in der Planung sind bis Ende dieses, Anfang nächsten Jahres ein Standort im österreichischen Villach mit gut 5.000 Quadratmetern, ein Haus in Wesseling mit gut 4.000 Quadratmetern und in Lohmar ein Haus mit ebenfalls etwa 5.000 Quadratmetern. Es geht also weiter voran.“
Expansion kostet auch Geld, hat der Mittelstand ein Finanzierungsproblem?
„Kurz und knapp: nein!“
Wie machen Sies? Es gibt ja Vermutungen, externe Geldgeber hätten geholfen …
„Das Gerücht habe ich auch schon öfters gehört. Amüsant … Es heißt, ich oder mein Bruder sei mit einer Tochter von Dieter Schwarz, Gründer der Schwarz Gruppe, verheiratet. Das ist aufgekommen, als wir im Jahr 2000 in Aalen eröffnet hatten. Wir hatten uns in einer ehemaligen GROSSO-Markt-Filiale, die von Kaufland übernommen wurde, eingemietet und sind auf sehr viel Widerstand im Stadtrat gestoßen. Kurz vor der Eröffnung gab es den Versuch, doch noch einen Baustopp zu erwirken. Gemeinsam mit dem Standortentwickler von Kaufland hatten wir Gespräche mit dem Stadtrat. Letztlich haben wir uns durchgesetzt, aber das Gerücht blieb.
Um es an dieser Stelle noch einmal klar zu sagen: Mein Schwiegervater ist von Beruf Schreiner, nicht Gründer eines milliardenschweren Imperiums. Und auch mein Bruder kann nicht von familiären Verbindungen zur Familie Schwarz berichten. Es gibt auch sonst kein Engagement eines externen Geldgebers oder Gönners.
Wir haben die Expansion immer über die Banken abgewickelt und ziehen eine klassische Finanzierung vor. Wir haben unsere Gewinne immer thesauriert und reinvestiert. Du musst die Banken mit einem guten, marktfähigen Konzept überzeugen, vor allem aber musst du solide wirtschaften und deine Schulden auch zurückzahlen. Dann bekommst du von den Banken auch Geld.“
Sie selbst haben sich im vergangenen September vom E-Commerce wieder verabschiedet, mit der Begründung, kein Geld damit zu verdienen. Woran lag das?
„Ganz einfach gesagt: keine oder zu geringe Relevanz im Markt und zu hohe Kosten. Die Logistik ist teuer, und auch wenn unsere Retourenquote mit 40 bis 45 Prozent im marktüblichen Bereich lag, waren die Gesamtkosten im Verhältnis zum Umsatz einfach zu groß. Da half auch kein Nachjustieren.“
Offensichtlich ist das stationär anders. Warum ist der stationäre Handel dem digitalen Handel Röther’scher Machart überlegen?
„Wir haben in dem Markt, in dem wir uns stationär bewegen, genau den nennenswerten Marktanteil, den du brauchst, um existieren zu können. Und mit der Marktbedeutung kommt auch die Marktstärke, um das Geschäft weiter auszubauen. Außerdem sind die Kostenstrukturen relativ zum Umsatz besser als bei Online. Das hätte ich auch nicht gedacht. Also haben wir die richtige Konsequenz daraus gezogen. Man muss manchmal auch entschieden handeln.“
Und das bleibt auch die nächsten Jahre so?
„Unbedingt! Wir sind Retailer, kein Etailer.“
Sie haben auch eigene Marken entwickelt und dem Wholesale geöffnet. Modisch und vor allem preislich setzen Sie mit den meisten Marken wie RAY oder HaILYS den Fast-Fashion-Anbietern eine Alternative entgegen. Welche Grundidee steckt dahinter?
„Wir haben eine große Fläche zu füllen und sehen auch eine Chance in diesem Bereich. Wir machen in Preislagen mit unseren Eigenmarken, die auch unterhalb der Positionierung der Markenlieferanten liegen, gute und rentable Umsätze. Aktuell machen wir gut 17 Prozent am Gesamtumsatz damit. Ideal wären 20 Prozent. Mehr sollten es aber auch nicht sein, sonst besteht die Gefahr, dass das Sortiment an Attraktivität verliert. Abseits davon hätten wir auch gar nicht die nötigen Bearbeitungskapazitäten.“
Vertikalisierung von unten nach oben also?
„Rückwärtsintegration? Ja, das Geschäftsmodell ist systemfähig und als zweites Standbein durchaus erfolgreich. Die These lautet: Wenn wir damit erfolgreich sind, werden andere Händler es auch sein. Das gilt besonders für unser Young-Fashion-Label HaILYS und ZABAIONE, die wir unter der TAM FASHION führen und womit wir die größten Umsätze machen. Aber auch RAY für die Menswear entwickelt sich wirklich gut. Gleiches gilt für TIMEZONE und die Marken der R.BRAND GROUP, PIONEER und pierre cardin. Bei BALDESSARINI ist das anders. Modisch und preislich passt die Marke nicht zum Modepark. Wir führen keine Premiumprodukte. Das heißt aber nicht, dass wir BALDESSARINI abstoßen wollen. Im Gegenteil, wir werden alle Marken in Herford weiterentwickeln. Gerade BALDESSARINI bietet mit seinem Markenprofil und Inhalten spannende Möglichkeiten.“
Die Konditionen sind für alle Händler gleich, egal ob sie nun MODEPARK RÖTHER oder Fashion in Town heißen. Trotzdem gibt es gewisse Hemmschwellen, ein sagen wir unbestimmtes Unwohlgefühl, tatsächlich zu ordern. Warum ist das so? Sie könnten doch argumentieren, dass Sie gerade als Händler sehr genau wissen, worauf es ankommt.
„Wir können, denke ich, schon mitreden, was im Markt funktioniert und was nicht. Für uns ist da kein Handlungsdruck. Entscheidend ist doch, was auf der Fläche passiert, was die Endkunden wollen. Wir haben umgekehrt auch keine Probleme, bei anderen Händlern einzukaufen, und haben zum Beispiel die Entscheidung von P&C West bedauert, den Vertrieb von REVIEW im Wholesale einzustellen. Wir haben die Marke gut verkauft. So sehen wir das auch mit unseren Labels. Es ist ein Angebot an andere Händler und ob es genutzt wird, hängt davon ab, wie gut es tatsächlich ist.“
Marken wie TIMEZONE, die Sie als Privatinvestor erworben haben, und auch die Marken der R.BRAND GROUP sind außerhalb des Modeparks entstanden und hatten auch außerhalb des Modeparks ihre großen Erfolge. Was treibt Sie an, die ursprünglichen Geschäftsfelder zu verlassen und selbst als Modehersteller zu agieren? Sie könnten ja auch in die Expansion als Händler oder in neue Vertriebsformen investieren.
„Das stimmt natürlich. Aber für uns ist es ein weiteres Expansionsfeld und Standbein. Außerdem treibt uns die Sorge um, dass noch weitere Marken in die Insolvenz gehen, so wie TOM TAILOR oder ESPRIT. Ich hatte ja schon vorher gesagt, dass wir Flächen zu bestücken haben, und wir brauchen dazu auch verlässliche, strategisch angelegte Beschaffungsstrukturen und wenn es die nicht in ausreichender Zahl gibt, müssen wir selbst dafür sorgen. Nehmen Sie zum Beispiel RAY. Mit der Menswear-Marke sind wir sehr schnell. Wir benötigen einen Vorlauf von drei, maximal vier Monaten. Wir können also direkt auf modische Schwankungen reagieren. Vor allem aber können wir auch verlässlich das nachbestücken, was gut läuft. Im Grunde also, wenn Sie so wollen, bieten wir mit RAY eine Art marktgesteuertes NOS-Programm.“
Sie gelten als Mann der Kosteneffizienz, wäre es nicht klüger, alle Marken unter einem Dach zusammenzuführen, um Doppelstrukturen zu vermeiden? Anders gefragt, warum ist die Struktur der Marken in Ihrem Universum so, wie sie ist?
„In der Praxis ist das nicht so einfach. Sie können nicht mal eben eine Firma verlagern und um den Betrieb am Laufen zu halten, brauchst du Mitarbeiter. Also belässt du einen funktionierenden Betrieb am Standort. Trotzdem versuchen wir, Synergien und Mengeneffekte zu heben, nicht zuletzt über die Produktion in Sri Lanka, die wir über die Ahlers AG erwerben konnten.“
Was sagen Sie, wird es mittelfristig einen gleich starken „Industriepark“ Röther geben?
„Das glaube ich nicht. Wir sind und bleiben in erster Linie Händler.“
Hintergrund
Das Unternehmen hat seine Anfänge im Jahr 1972. 1996 expandierte die Familie Röther in einen großflächigen Neubau im Gewerbegebiet bei Schwäbisch Hall und etablierte damit das Konzept des Modeparks. Heute betreibt das Unternehmen mehr als 50 Filialen in Deutschland und Österreich mit über 2.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
Zu den Marken des Modeparks gehören LILLY & ROSE, ELI & MOON und JOHANNA, die als reine Eigenmarken geführt werden. Zudem vertreibt der Modepark die Marken blissy blue, HaILYS, ZABAIONE und Z ONE über die Hamburger TAM FASHION, die Michael und dem Bruder Thomas Röther sowie Alexander Rump gehört. Daneben verkaufen die Schwaben im Wholesale auch RAY, SuZa und die Marken der R.BRAND GROUP (PIONEER, pierre cardin, BALDESSARINI und Pionier). Mit der Ahlers AG haben die Schwaben auch eigene Fertigungskapazitäten auf Sri Lanka erworben. Das Label TIMEZONE hat Michael Röther direkt übernommen. Der Umsatz des Unternehmens betrug 2023 rund 330 Millionen Euro netto.
Michael Röther ist verheiratet und hat einen Sohn. Nach dem BWL-Studium in Bayreuth stieg er 1992 ins elterliche Unternehmen ein.