Stand- und Spielbein

engelhorn Mode & sports

„Die Sortimentsbereiche sind heute zusammengewachsen oder überlappend.“ Fabian Engelhorn, CEO engelhorn. ©Alexander Grüber

Autorin: Eva Westhoff
Mit seinem Haupthaus Mode im Quadrat, mit 19.000 Quadratmetern auf acht Etagen, und dem Sporthaus engelhorn sports, mit fast 10.000 Quadratmetern auf sieben Etagen, ist Traditionshändler engelhorn der Platzhirsch in Mannheim. Kunden kommen aus einem Umkreis von 70 Kilometern. CEO Fabian Engelhorn über Sneakers in der Luxusabteilung, den anhaltenden Trend zum Bike und den Brückenschlag zwischen Mode und High Performance.

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FASHION TODAY: Mode & Bekleidung sowie Sport & Freizeit waren bei engelhorn lange zwei getrennte Geschäftsbereiche. 2019 haben Sie sie zusammengelegt. Weshalb?
Fabian Engelhorn: „Es ging uns zum einen darum, die Unternehmenskulturen, die teilweise auseinandergewachsen waren, wieder zusammenzuführen – und um einen gemeinsamen Auftritt gegenüber unseren Kunden. Zum anderen stellt man bei Sportfashion und Sneakers insgesamt fest, dass die Sortimentsbereiche zusammengewachsen oder heute überlappend sind.“

Mit engelhorn the box hatten Sie im Quadrat O6 in der Mannheimer Innenstadt ein Geschäft mit einem Schwerpunkt auf Streetwear und Sneakern. Über 250 verschiedene Sneaker für Damen und Herren sowie 50 Kindersneaker waren dort erhältlich, darunter auch limitierte Modelle. 2022 wurde the box geschlossen.
„Den Vorgänger von the box, das trendhouse mit jüngerer Mode, hatten wir über 20 Jahre lang – mit the box haben wir das Konzept zugespitzt auf Sneaker und streetwearigere Mode. In dem Gebäude waren wir zur Miete, da gabs einfach Veränderungen, die zu der Schließung geführt haben. Die Sortimente haben wir dann aufs Mode- und aufs Sporthaus verteilt, denn gerade bei Sneakern gibt es natürlich auch Überschneidungen mit dem Sportbereich.“

Inwieweit setzen Sie auf Premium-Sneaker oder auch Limited Editions?
„Wir haben etwas für jede Zielgruppe, auch Tier One Sneaker (die nur sehr selektiv vertrieben werden/Anm. d. Red.), insbesondere von adidas und Nike. Diese präsentieren wir in unserem Modehaus im Luxusbereich, zusätzlich zu den High-Fashion-Sneakern von BALENCIAGA, PRADA, GUCCI und so weiter.“

„Wir wollen fitter und gesünder sein – unser Lebensstil ist einfach ein aktiverer und dazu gehört das Thema Sport und Bewegung.“ ©Screenshot: info.engelhorn.com/haeuser/sports/

Bei dieser Platzierung: Sehen Sie Synergien zwischen Mode und Sport? Gerade im Luxusbereich liegen Kooperationen mit Sportmarken ja im Trend.
„Ja, absolut. engelhorn ist zum Beispiel einer der größten Anbieter in Deutschland, wenn es um das Thema Basketball geht, und so kommen wir auch an Air-Jordan-Collabs und solche Geschichten. Zwar scheinen auf dem Second Market die Preise derzeit nicht mehr in den Himmel zu steigen, sondern auf sehr hohem Niveau zu stagnieren oder sogar eher zurückzugehen. Aber mit Blick auf den ‚normalen‘ Kunden sind Sneaker weiterhin ein wichtiger Schuhbereich. In dem Super-Upper-Premium-Luxussegment sieht man allerdings schon eine gewisse Sättigung, auch an den Preisen.“

Was kosten die teuersten Sneaker bei Ihnen?
„Um die 1.000 Euro, aber das ist ja nur ein kleines Segment. Gerade wenn man sich den Sportbereich anschaut, ist der Sweet Spot bei 110 bis 140 Euro. Sneaker aus der Mode kosten auch schon mal 300, 400, 500 Euro. Das ist so der Markt, wo dann auch die Mengen gehen.“

Modemarken kooperieren mit Sportmarken. Wie betrachten Sie das Thema?
„Diese Collabs sind einfach auch ein neuer Teaser für die Kunden und wir als Händler nehmen sie gerne mit. Doch es ist nicht immer leicht, frühzeitig zu erfahren: Welche Collabs gibts denn in der nächsten Saison? Das ist auch für die Lieferanten immer ein Ongoing Process. Insofern sind wir manchmal überrascht, welche tollen neuen Dinge da entstehen. Andererseits ist für uns die Beständigkeit in den Kollektionen wichtig, dass sie sich nachvollziehbar weiterentwickeln und für unsere Kunden hier aus der Metropolregion Rhein-Neckar passen.“

Welcher Sportmarke gelingt es besonders gut, sich auch modisch darzustellen?
„Einen tollen Job macht zum Beispiel New Balance. Oder auch on, jetzt nicht im hochmodischen Bereich, aber ihnen gelingt es exzellent, diese Brücke zwischen Mode und Sport zu schlagen – ich kann mit dem Schuh einen Halbmarathon laufen, aber ich kann ihn natürlich auch in meinem Alltag unterbringen.“

Wer nach einem reinen Lifestyleschuh sucht, für den dürfte die Funktionalität eher sekundär sein, oder?
„Im Prinzip sind Sneaker ja Drop-downs der High-Performance-Schuhe oder einfach Retro Fits von witzigen Styles aus der Vergangenheit, zum Beispiel von adidas und Nike. Es ist also vor allem eine Imagegeschichte. Wer sich im Performancebereich für einen Schuh entscheidet, greift daher nicht unbedingt im Alltag zur gleichen Marke. Das sind im Mindset der Kunden ganz unterschiedliche Schubladen.“

Auch Outdoor-Bekleidung hat die High-Performance-Nische längst verlassen – nicht erst seit Corona möchten auch Städter für jede Lebens- und Wetterlage gerüstet sein. Wird folglich Funktionalität in der Mode immer wichtiger? Oder gewinnt, umgekehrt, Mode im Funktionsbereich zunehmend an Bedeutung?
„Letzteres unterschreibe ich sofort. Wenn man sich Outdoor-Textilien anschaut, hat sich in den letzten 20 Jahren sehr viel getan, gerade bei den Frauen. Die Schnitte sind viel modischer, viel femininer geworden. Die Funktion in der Mode wiederum sieht man bei Marken wie STONE ISLAND oder MONCLER, die ja massiv probieren, in den Sportbereich reinzuschauen. MONCLER launcht Ski-Collabs oder Ski-Kapseln, sie haben Outdoor-Schuhe im Programm und dabei geht es auch um die Glaubwürdigkeit und Authentizität der Marke, um die Heritage (MONCLER startete in den 1950er-Jahren als Hersteller von Bergsportartikeln/Anm. d. Red.). Das Thema rüberzubringen, ist aber an unserem Standort nicht ganz leicht. Es wird vielfach erst im Own Retail oder D2C gespielt, bevor es auch im Wholesale gesehen wird.“

„Ich glaube, beide Häuser ergänzen sich und für unsere Kunden ist es wichtig, dass es beide Angebote in Mannheim gibt. engelhorn hat mit Mode angefangen, vor über 130 Jahren. In den letzten vier Jahren stand die Branche vor vielen Herausforderungen und da war und ist es toll, dass wir mit Mode und Sport zwei Standbeine haben.“

Wie entwickeln sich die Märkte Sport und Mode im Vergleich, wie ist Ihre Prognose?
„Ich würde sagen, der langfristige Trend spricht ein bisschen für den Sport. Nicht zuletzt, weil unsere Gesellschaft immer älter wird und auch die Lebenserwartung steigt, wir unser Alter jedoch heute anders erleben möchten als vielleicht noch die Generation vor uns. Wir wollen fitter und gesünder sein – unser Lebensstil ist einfach ein aktiverer und dazu gehört das Thema Sport und Bewegung. Studien zufolge wird das Sportsegment im Einzelhandel schneller wachsen als der Modebereich. Nichtsdestotrotz ist natürlich die Sehnsucht nach schönen Produkten in der Mode weiter vorhanden.“

Sie setzen weiterhin auf Mode und Sport?
„Ich glaube, beide Häuser ergänzen sich und für unsere Kunden ist es wichtig, dass es beide Angebote in Mannheim gibt. engelhorn hat mit Mode angefangen, vor über 130 Jahren. In den letzten vier Jahren stand die Branche vor vielen Herausforderungen und da war und ist es toll, dass wir mit Mode und Sport zwei Standbeine haben. Für uns ist beides im Herzen gleichwertig.“

Auf welche Messen gehen Sie?
„Unsere Hauptmessen sind für den Modebereich wieder die Pitti, ganz klar, dann kommt die CIFF in Kopenhagen und natürlich die Modewoche in Düsseldorf, die für uns auch eine echte Orderplattform ist. Im Sportbereich ist es die ISPO in den verschiedenen Varianten.“

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Für wie viele Sportarten kann man sich bei Ihnen ausrüsten?
„Andersherum ausgedrückt: Ein paar schöne Nischensportarten wie Tischtennis, Reiten oder Angeln fehlen. Doch alles, was die Breite betrifft, finden Sie bei uns im Haus. Die Schwerpunkte sind Outdoor, Rad, Ski, Running, Fitness.“

Auf dem Gelände Ihres Logistik-Centers befindet sich neben einer Ski- auch eine Bike-Werkstatt. Inwieweit ist Biking noch immer ein Lifestylethema? Ist der Hype unverändert oder klingt er bereits ab?
„Das wird gar nicht abklingen. Während Corona war das Thema natürlich extrem getrieben, das war eine Sonderkonjunktur für die Fahrradbranche, die sich jetzt einfach wieder normalisiert. Ein besonders wichtiges Standbein ist für uns das Thema E-Bike. Mittlerweile haben mehr als zwei Drittel unserer Fahrräder einen Elektromotor. Was sehr stark wächst, ist das Thema Bike Leasing, da immer mehr Arbeitgeber ihren Angestellten das Bike als Goodie anbieten. Und davon profitieren wir als hochwertiger Händler enorm.“

Sehen Sie hier einen Brückenschlag zwischen Mode und High Performance?
„Im Bike-Bereich geht es schon sehr viel um die Funktionalität. Was spannend ist, sind Fragestellungen wie: Wie sieht eine funktionale Anzughose aus, die ich tragen kann, wenn ich mit dem Rad ins Büro fahre? Da gibt es witzige Ansätze, bis hin zum Leuchtstreifen unten am Bund. Vorreiter in dem Bereich ist Rapha., hinzu kommen Marken wie ALBERTO oder auch VAUDE und aktuell springen weitere auf den Zug auf.“

Sehen Sie neue Trendsportarten?
„Nein, die sehe ich zurzeit nicht. Fitness und Running werden weiterhin sehr stark sein und sich entwickeln, Bike wird bleiben, auch wenn sich da jetzt ein Plateau gebildet hat. Sportarten wie Basketball bleiben ebenfalls.“

Wieso hat engelhorn eine so große Basketball-Abteilung?
„Wir hatten so ein Bauchgefühl, dass das Thema Basketball größer werden wird, auch angesichts der Bestrebungen der NBA, neue Fans und junge Menschen für den Basketball zu begeistern. Also haben wir schon sehr früh auf das Thema gesetzt – im Sneaker-, aber auch im Performance-Bereich.“

Sie richten teils Sportevents selbst aus. Wie wichtig ist das für die Marke engelhorn?
„Uns war schon immer an Mitarbeitern gelegen, die den Sport, den sie verkaufen, auch ausüben. So können sie auf Augenhöhe mit unseren Gästen im Haus sprechen. Da stellte sich dann schnell die Frage: Warum wollen wir nicht auch gemeinsam mit unseren Gästen Sport treiben? Heute haben wir einige Laufgruppen, regelmäßige Ausfahrten mit Mountainbikes oder Rennrädern und bieten im Outdoor-Bereich beispielsweise einen Orientierungskurs oder ein zweitägiges GPS-Seminar an. Es gibt sehr viel Interaktion, kommuniziert wird auch über Facebook und Instagram beziehungsweise über WhatsApp-Gruppen. Und es hält auch schon mal ein Kunde einen Vortrag und berichtet vielleicht von seinen Erfahrungen auf dem Jakobsweg. Größere Events wie den Mannheim Marathon oder Trail Marathon Heidelberg richten wir zwar nicht aus, engagieren uns hier aber stark – einerseits, um den Sport zu fördern, andererseits, um mit unseren Kunden in Kontakt zu bleiben.“

Beschäftigen Sie für Ihre Sportgruppen und -veranstaltungen eigens Mitarbeiter?
„Wir haben ein kleines Eventteam für die größeren Geschichten, aber die Radausfahrten oder Running-Gruppen organisieren Mitarbeiter neben ihrer Tätigkeit im Verkauf.“

Gehen Sie Werbepartnerschaften mit Sportlern ein?
„Ja, mit Sportlern, die wir persönlich kennen. Es gibt hier ja auch einen großen Olympiastützpunkt und gerade vor Ereignissen wie der Olympiade gehen wir mit den jungen Menschen, die hier trainieren und oftmals wenig Aufmerksamkeit bekommen, gerne Partnerschaften ein. Das sind schöne Projekte, die man dann auch marketingtechnisch nutzen kann.“

Beim Sport geht es immer auch um das gemeinsame Erlebnis. Hier gibt es Parallelen zur Gastronomie, ein Bereich, in dem Sie ebenfalls sehr aktiv sind.
„Die Menschen kommen in ihrer Freizeit zu uns nach Mannheim, aus einem Umkreis von etwa 70 Kilometern, und sie bleiben dann auch sehr lange in unseren Häusern, besonders am Freitag und Samstag. Es ist uns daher wichtig, ihnen Erlebnisse zu bieten, auch kulinarische. Wir haben fünf Restaurants – von der Vinothek über die Streetfood-Geschichte bis zum Zwei-Sterne-Restaurant OPUS V. Die Gastronomie ist so gestaffelt, dass jeder Gast und jeder Kunde auch ein Angebot findet, das zu seinen Bedürfnissen passt.“

Sie bieten bei engelhorn sports auch eine Laufanalyse an, es gibt einen Golfsimulator. Wird im stationären Handel neben der Aufenthaltsqualität auch der Service immer wichtiger, gerade für größere Häuser?
„Klar schauen wir uns immer an: Wie viel Fläche braucht man für welche Sortimente und wo bieten wir Service? Wie unsere große Schneiderei, in die Kunden auch mit Kleidungsstücken kommen, die sie vielleicht nicht bei engelhorn gekauft haben. Insgesamt plädiere ich stark dafür, auch Partnerschaften einzugehen. Wir haben zum Beispiel einen Orthopäden im Haus, selbstständige Physiotherapeuten oder auch LÄDERACH, den Schweizer Chocolatier. Auch hier sagen wir: Hey, das passt unter unsere Dachmarke und macht das ganze engelhorn-Gebilde einfach attraktiver.“

engelhorn – Fakten & Zahlen:

1890 eröffnen Georg Engelhorn und Adam Sturm in Mannheim ein Geschäft für Herren- und Knabenkonfektionskleidung. Heute zählt das Familienunternehmen engelhorn 1.300 Mitarbeiter und sieben Häuser in Mannheim und Viernheim. Es wird inzwischen in der vierten Generation von Fabian Engelhorn (CEO), Armin Weger (COO) und Sebastian Bungartz (Finanzchef) geführt. Das Haupthaus, engelhorn Mode im Quadrat, bietet ein breit gefächertes Markenspektrum von klassisch und Street Styles bis hin zu Prêt-à-porter-Designerkollektionen sowie ein Sortiment an Schuhen namhafter Hersteller, inklusive Sneakern. engelhorn sports hält mehr als 20.000 Outdoor- und Sportartikel bereit und wird durch individuelle Fachberatung (zum Beispiel in Form einer Laufanalyse), durch Kurse und Reparaturservice vervollständigt. Ergänzende Gastronomie ist ebenfalls ein großes Thema und wird mit dem Ein-Sterne-Restaurant le Corange und dem mit zwei Sternen dekorierten OPUS V auf außergewöhnlich hohem Niveau betrieben. Seit 2004 ist engelhorn auch im E-Commerce aktiv, 30 bis 40 Prozent der Umsätze werden online gemacht. Und engelhorn expandiert, raus aus der angestammten Metropolregion Rhein-Neckar: In etwa anderthalb Jahren soll in der Mainzer Innenstadt auf 3.500 Quadratmetern ein weiteres engelhorn-Sportgeschäft eröffnen, hier wird gerade neu gebaut.