Konstant unterwegs

L&T Lengermann & Trieschmann

„Es braucht dringend eine Überarbeitung des Ausbildungsberufs Kaufmann im Einzelhandel!“ Daniel Reid, Personalleiter L&T Lengermann & Trieschmann. Alle Bilder ©L&T

Autorin: Eva Westhoff
L&T Lengermann & Trieschmann ist eine feste Größe in der Osnabrücker Innenstadt. Über 28.000 Quadratmeter Fläche werden hier bespielt. Neben dem Modehaus mit Damen-, Herren- und Kindermode sowie Wohntrends und Accessoires lockt insbesondere das 2018 eröffnete Sporthaus mit seinen fünf Etagen, der stehenden Surfwelle und dem „City Gym“ mit Höhentrainingsraum. Derzeit bietet das Unternehmen sechs anerkannte Ausbildungsberufe an und ist mit dem IHK-Qualitätssiegel TOP AUSBILDUNG zertifiziert. Daniel Reid, Personalleiter L&T Lengermann & Trieschmann, über IHK-Audits, duale Studiengänge und die Liebe zum Spontanen.

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FASHION TODAY: Wie viele Beschäftigte hat L&T, wie viele Auszubildende und wie hat sich die Zahl der geschlossenen Ausbildungsverträge in den letzten Jahren entwickelt?
Daniel Reid: „Wir haben derzeit 580 Beschäftigte und 37 Auszubildende. Damit sind wir mit Blick auf die Azubistärke konstant unterwegs. Bei uns sind in den letzten drei Jahren jedoch zwei neue Ausbildungen hinzugekommen: Kaufleute im E-Commerce und Kaufleute für Marketingkommunikation. Daher verteilen sich die Auszubildenden heute etwas anders als früher. Wir sind außerdem kurz davor, Lagerlogistik einzuführen, als dann siebten Ausbildungsberuf.“

Der Ausbildungsmarkt entwickelt sich zunehmend zu einem Bewerbermarkt, nicht zuletzt aufgrund des demografischen Wandels. Und für den Einzelhandel ist es oft besonders schwierig, Auszubildende zu finden. Ist das auch bei Ihnen spürbar?
„Wir merken, dass der Markt sich verändert, genau wie die Wünsche der jungen Leute. Aber ich kann nicht sagen, dass es insgesamt schwieriger geworden ist, Auszubildende zu finden. Für die Ausbildung zum E-Commerce-Kaufmann oder Fachinformatiker für Systemintegration gibt es beispielsweise viele Interessenten – da müssen wir nicht lange suchen. Für den Kaufmann im Einzelhandel müssen wir uns am meisten strecken.“

Die Indoor-Surfanlage „Hasewelle“ ist wohl der Anziehungspunkt im L&T Sporthaus.

Was macht L&T als Ausbilder attraktiv?
„Was den Kaufmann im Einzelhandel angeht, haben wir eine sehr engagierte junge Ausbilderin. Auch sie hat ihre Ausbildung bei uns im Haus gemacht, sich dann an der LDT Nagold weiterqualifiziert und kümmert sich nun sehr aktiv um die Auszubildenden, auch um deren individuellen Anliegen und persönlichen Herausforderungen. Insgesamt gibt es bei L&T über 23 Ausbildungsbeauftragte – das ist schon Manpower und ich denke, das macht uns auch anders. Ein klassischer Fachkräftemangel, wie andere das beschreiben, ist jedenfalls noch nicht unser Thema.“

Sie sagen: „noch nicht“. Rechnen Sie damit, dass das noch kommt?
„Ich glaube, dass der Markt sich einfach verschärft – speziell mit Blick auf die Kaufleute im Einzelhandel, die auch bei uns die größte Gruppe der Auszubildenden stellen. Hier stehen wir mit anderen Arbeitsverhältnissen in harter Konkurrenz, schon allein aufgrund der Arbeitszeiten. Wir sind der Überzeugung: Es braucht dringend eine Überarbeitung des Ausbildungsberufs Kaufmann im Einzelhandel! Ich wäre sehr dafür, eine Ausbildung Kaufleute im Fashion Management einzuführen. Denn was die Ausbildungsinhalte betrifft, haben wir einfach einen anderen Bedarf.“

Können Sie Ihren Appell etwas ausführen?
„Beim Kaufmann im Einzelhandel durchlaufen sowohl die Lebensmittler als auch die Schuhverkäufer oder eben unsere Mode- und Fashionprofis die gleiche Ausbildung, das Aufgabenfeld unterscheidet sich jedoch grundlegend. Die Arbeit in einem Supermarkt beispielsweise, mit seinem Selbstbedienungsmodell, ist nicht vergleichbar mit der im Modeeinzelhandel. Bei uns sind soziale Kompetenzen sehr wichtig, das Zugehen auf Menschen, die Kommunikation, das Sicheinfühlen in einen Kunden. Und gerade für die junge Generation stellt die direkte Interaktion oft eine Herausforderung dar – verständlicherweise, ist sie doch mit WhatsApp und Snapchat aufgewachsen. Gleichzeitig erwarten wir von einem Kaufmann im Einzelhandel heute, dass er einem Kunden auch mal kurz per WhatsApp eine Frage beantworten oder einen Artikel zur Verfügung stellen kann. Der Job ist viel digitaler geworden.“

Sind neue, digitale Wege der Wissensvermittlung ein Thema bei Ihnen?
„Für Standardthemen wie Arbeitssicherheit gibt es Videoschulungen und mit Beekeeper haben wir eine Mitarbeiterplattform, über die wir digitale Inhalte austauschen können. Die morgendlichen Briefings für unsere Modeberater finden heute live und digital statt, Letzteres für Kollegen, die erst später anfangen.“

Gibt es bei L&T Homeoffice?
„Das hängt vom Tätigkeitsfeld ab. In den Supportbereichen haben wir Homeoffice. Eine Buchhalterin ist auch mal drei Tage weg, weil wir so digital sind, dass wir das umsetzen können. Dann gibt es andere Bereiche wie das Änderungsatelier, da funktioniert es nicht. Noch ist auch der Verkauf zu 100 Prozent anwesend, aber für die Zukunft kann ich mir gut vorstellen, dass ich meinen Job im Vertrieb auch vom Sofa aus machen kann. Ich glaube, davon sind wir nicht mehr weit entfernt.“

Mit der fortschreitenden Digitalisierung erweitert sich vermutlich auch der Kreis derjenigen, die das Ausbildungsprofil interessiert.
„Ja, ich denke, das Berufsfeld wird sich ändern. Doch im Verkauf gibt es solche und solche – die, die das Analoge lieben, weil sie froh sind mit Menschen zu arbeiten und das Spontane mögen, auch den Zufallskunden. Und die, die viel Freude daran haben, sehr strukturiert von zu Hause aus und eher mit Stammkunden zu arbeiten. Auch mit Blick hierauf brauchen wir den neuen, veränderten Ausbildungsberuf. Kaufleute im Einzelhandel wurde ja bereits reformiert. Doch eine Ausbildung wie die zum E-Commerce-Kaufmann ist noch immer wesentlich spannender und besser auf die heutige Zeit abgestimmt.“

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Wie gestaltet sich der Rekrutierungsprozess bei L&T?
„Wir schreiben die Stellen klassisch aus, sodass man sie über die Homepage finden kann. Zudem haben wir sehr viel Videomaterial zu den einzelnen Ausbildungsberufen erstellt und bewerben diese über die üblichen Kanäle – Instagram ist für uns auch ein Kanal. Sehr wichtig sind auch die Berufsorientierungsmessen und ganz besonders die Empfehlung unserer jetzigen Auszubildenden an die jüngeren Geschwister und Freunde.“

Das L&T Modehaus auf der Großen Straße 27-32 in Osnabrück versammelt auf drei Etagen und 20.000 Quadratmetern Damen-, Herren- und Kindermode sowie Wohntrends und Accessoires.

Sie haben sich von der IHK Osnabrück – Emsland – Grafschaft Bentheim als TOP Ausbilder zertifizieren lassen. Eine Strategie, um sich von der Konkurrenz abzuheben?
„Ich glaube, dass die Auszeichnung vor allem nach innen wirkt. Wir tragen das Qualitätssiegel TOP AUSBILDUNG seit 2021 und haben den Qualifizierungsprozess durchlaufen, weil ich neugierig war, wie die IHK vorgeht. Es gab mehrere Audits, bei denen wir jeden Schritt genau beschrieben haben: Was machen wir im Azubi-Marketing und -Recruitment? Wie bilden wir aus? Welche Qualifikationen können unsere Ausbildungsbeauftragten und Ausbilder vorweisen? Wie gehen wir mit den Inhalten der Schule um? Der Austausch während der IHK-Audits war für uns sehr wertvoll, denn hier trifft man auf Profis – auf Ausbilder aus anderen Unternehmen und deren Ideen. Das hilft einem dabei, besser zu werden.“

Wie gelingt es Ihnen, den Fachkräftenachwuchs im Anschluss an die Ausbildung im Unternehmen zu halten?
„Wir sind ein Haus mit Strahlkraft, sind innovativ und haben ja auch viel investiert: in das tolle Modehaus und das Sporthaus mit der stehenden Welle, in unser eigenes City Gym. Auf den Flächen zeigen wir eine sehr spitze Kollektion und gemeinsam mit den Auszubildenden wird das Thema Nachhaltigkeit aktiv angegangen. L&T ist beispielsweise der größte Solarstromproduzent in der Innenstadt von Osnabrück, wir stellen mehr und mehr auf Elektroautos um und arbeiten an der Nachhaltigkeit unseres Sortiments. All das interessiert auch die Auszubildenden, all das fragen sie nach.“

Nach durchlaufener Ausbildung bietet L&T die Möglichkeit zur Weiterbildung, zum Beispiel zum Fachwirt E-Commerce IHK. Es gibt auch eine Weiterbildung Styling in Zusammenarbeit mit der AMD Düsseldorf. Lohnt dieses Investment für L&T?
„Ja, es lohnt unbedingt! Es gibt nichts Besseres, als im Praxisverbund mit den ehemaligen Auszubildenden weiterzuarbeiten. Im Rahmen der Weiterbildung sammeln sie zusätzliche Erfahrungen, die sie dann wiederum bei uns mit einbringen. Ich bin immer wieder begeistert, wenn ich Fragen höre wie: ‚Warum haben wir eigentlich das und das nicht?‘ oder: ‚Können wir das nicht so oder so machen?‘ Hintergrund ist nicht nur der Informationstransfer. Das Mitgestaltenkönnen und ein Teil der Unternehmung zu sein, ernst genommen zu werden bereits in jungen Jahren – das ist für mich ein ganz wichtiger Erfolgsfaktor, wenn es darum geht, Auszubildende im Unternehmen zu halten.“

Wie wird das Weiterbildungsangebot angenommen?
„Es kommt immer darauf an, was die Azubis, die abgeschlossen haben, vorleben. Denn die Auszubildenden orientieren sich sehr gerne an denen, die bereits fertig geworden sind. Wenn wir etwas das erste Mal anbieten, scheitert das auch schon mal. Derzeit absolvieren bei uns beispielsweise drei Leute ein duales Studium Textilbetriebswirt mit Unterricht an der LDT Nagold. Für die Ausbildung zum Fachwirt IHK interessiert sich hingegen aktuell niemand. Doch wir legen Wert auf die Bandbreite und die Zusammenarbeit mit der IHK hier vor Ort. So schaffen wir gute Karrierechancen.“

Das L&T Sporthaus bietet Bekleidung, Equipment und Schuhe für Sportarten von Biking über Fitness und Laufen bis Outdoor.

Sie haben das duale Studium angesprochen. In der Ausbildungsumfrage 2023 der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) wird die duale Ausbildung als „Motor der Fachkräftesicherung in Deutschland“ bezeichnet. Teilen Sie diese Einschätzung?
„Absolut. Diese Verknüpfung von Praxiswissen mit der Theorie und der dazugehörige Wissenstransfer sind ja international gesehen relativ einmalig und genau das, was vielen Bachelor-Studiengängen fehlt. Mit einem frischen Bachelor-Kandidaten müssen wir oft erst mal kleine Schritte machen. Denn es nützt einem die beste Theorie nichts, wenn man sie in der Praxis nicht anwenden kann. Durch das duale Studium ist einfach eine sehr hohe Qualifizierung möglich.“

Gibt es bei Ihnen Modelle wie Teilzeit in Führungspositionen?
„Unbedingt. Wir haben einen starken Anteil an Müttern, die den Erfolg von L&T ausmachen, und die haben natürlich unterschiedliche Bedürfnisse, je nachdem, wie alt die Kinder sind. Wir versuchen, darauf einzugehen und zusammen mit den Familien Wege zu finden, einerseits die wertvolle Führungskraft zu erhalten, andererseits das Familienleben. Wir sind da sehr individuell unterwegs und, wie ich denke, auch ganz gut aufgestellt.“

Laut der DIHK-Ausbildungsumfrage 2023 wollen 80 Prozent der Ausbildungsbetriebe ihr Engagement in der beruflichen Orientierung weiter ausbauen. Wie positioniert sich L&T? Auch Sie bieten Schülerpraktika an.
„Was ich auf jeden Fall bestätigen kann, ist, dass die junge Generation Orientierung sucht. Der Luxus der vielen Möglichkeiten, vom Studium über Ausbildungsplätze bis zu Auslandsaufenthalten, macht das Leben nicht immer einfacher, sondern kann auch überfordern. Wir suchen dementsprechend den direkten Kontakt und haben hier im Umkreis Kooperationsschulen, mit deren Schülern wir zum Beispiel Bewerbungsgespräche üben. An den Berufsorientierungsmessen in den Schulen nehmen wir ebenfalls teil. Für nächstes Jahr planen wir die erste Ausbildungsmesse bei uns im Haus. Der Termin, August, steht bereits, die Aktionsfläche ist gebucht und eine Werbekampagne in Vorbereitung. Der Plan ist, zwei Wochen lang unsere zukünftig sieben Ausbildungsberufe vorzustellen – in Zusammenarbeit mit unseren Auszubildenden. Denn sie sind die besten Multiplikatoren.“

L&T-Historie

Die Geschichte des Modehauses reicht zurück bis ins Jahr 1910. Mittelpunkt des 2006 erweiterten Baus an der Großen Straße 27-32 ist heute ein großer Lichthof. Seit 2018 ist das L&T Sporthaus mit der Indoor-Surfanlage „Hasewelle“ und dem „City Gym“ mit Höhentrainingsraum Teil des L&T-Quartiers, ebenso der Young Fashion Store „SYGN“. Die L&T Markthalle mit zwölf regionalen Händlern und Gastronomiebetrieben gibt es seit 2007, L&T XXL Men seit 2009 und die L&T Kurvenqueen seit 2013. Das L&T Outlet ist nicht in der Innenstadt, sondern am Stadtrand von Osnabrück gelegen und feierte 2014 Eröffnung. Dem in dritter Generation geführten Familienunternehmen stehen neben Mark Rauschen, CEO und Präsident des BTE Handelsverbands, Alexander Berger (CFO) und Thomas Ganter (COO) vor. Laut Eigenaussage ist L&T eines der größten inhabergeführten Lifestyle- und Erlebnisquartiere im Einzelhandels- und Freizeitsektor in Deutschland.