Autor: Markus Oess„Kern unserer Philosophie ist die familienunternehmerische Struktur der Firma BEHEIM INTERNATIONAL BRANDS, die mittlerweile in zweiter und dritter Generation geführt wird“, so steht es in der firmeneigenen Darstellung des Taschenproduzenten. Aber wie schafft man es, dass die nachfolgende Generation nicht nur ins eigene Unternehmen kommt, sondern auch dauerhaft Verantwortung übernimmt? Die familieninterne Nachfolge lässt sich nicht immer planen und manchmal hilft ein externer Impuls. Die Geschwister Beheim über Ambitionen und Dinge, die sie im Unternehmen anders machen als die Eltern – und warum Lizenzen eine gute Sache sind.
FT: War eigentlich direkt klar, dass Sie beide ins elterliche Unternehmen einsteigen werden?
Christine Beheim: „Sicher haben sich unsere Eltern das gewünscht. Aber sie haben es nicht gefordert. Ich habe zunächst BWL und Marketing studiert und wollte mich danach entscheiden, wie es weitergeht. Allerdings habe ich dann schon recht früh im Unternehmen mitgearbeitet und mit meinem Vater zusammen die Kollektionen entwickelt. Nach dem Grundstudium war es klar, dass ich einsteigen werde.“
Was war ausschlaggebend, dies zu tun?
Michael Beheim: „Bei mir war es etwas anders. Nach meiner Lehre zum Bankkaufmann und dem BWL-Studium habe ich zunächst bei P&C Düsseldorf ein Trainee-Programm im Einkauf durchlaufen. Währenddessen bekam mein Vater akute gesundheitliche Probleme. Wir mussten ihn in dieser Zeit unterstützen. Also habe ich kurzerhand in Düsseldorf gekündigt. Das ist jetzt 20 Jahre her. Inzwischen ist mein Vater aber lange wieder wohlauf und im wohlverdienten Ruhestand.“
Gab es alternative Berufswünsche?
Christine: „Nein, eigentlich wusste ich schon früh, dass ich das machen will. Spätestens seitdem ich mit meinem Vater an der Kollektionsarbeit mitgewirkt hatte. Ich konnte mir damals keinen besseren Job vorstellen.“
Michael: „Ich hatte zwar die Option, extern meinen Weg zu gehen, aber es sollte doch anders kommen. Und das war auch gut so …“
Wie lief die Staffelübergabe ab?
Michael: „Als mein Vater gesundheitlich angeschlagen war, mussten wir schnell mehr Verantwortung übernehmen, bis unser Vater wieder voll arbeiten konnte. Aber später, als feststand, dass wir beide ins Unternehmen kommen, gab es einen fließenden Übergang. Wir haben schrittweise immer mehr Verantwortung übernommen. Einen Masterplan gab es allerdings auch nicht. Ich habe zunächst das Exportgeschäft übernommen und später den kompletten Vertrieb. Heute sind wir in mehr als 40 Ländern vertreten. Trotzdem machen wir den Löwenanteil unseres Umsatzes in der DACH-Region.“
Christine: „Mein Vater hatte sich entschieden, sich langsam aus dem operativen Geschäft zurückzuziehen und uns die Unternehmensführung zu überlassen. Genau so ist es auch gekommen.“
Hatten Sie Unterstützung von Dritten außerhalb der Familie?
Christine: „Abseits des üblichen Beistands von Rechtsanwalt und Steuerberater nicht. Wir haben das auch ohne externe Beratung gut hinbekommen, wie ich finde.“
Sind die Eltern noch im Boot?
Michael: „Nein. Unser Vater steht uns noch als Ratgeber zur Verfügung, wenn wir das wollen. Unsere Mutter hatte 50 Jahre im Unternehmen gearbeitet. Unsere Eltern wohnen hier am Unternehmenssitz und unterstützen uns auf familiärer Ebene und übernehmen unter anderem auch mal die Kinderbetreuung.“
Lizenz …
Gab es Dinge, die Sie grundsätzlich geändert haben, und wie bekommt man das hin, wenn es heißt, „Wir haben das schon immer so gemacht“?
Christine: „Man bekommt es dann hin, wenn man es einfach konsequent umsetzt. Wir haben zwei grundlegende Dinge angepackt. Wir haben zunächst Anfang der 2000er die Arbeitszeiten stärker flexibilisiert. Früher mussten alle Mitarbeiter produktionsbedingt um sieben Uhr anfangen. Aber im Marketing? Wen erreicht man schon um diese Uhrzeit am Telefon? Also haben wir Gleitzeit eingeführt. Mein Vater konnte das nicht verstehen, alte Schule eben. Zudem haben wir in der Pandemie, nachdem wir vorher schon viele Prozesse digitalisiert hatten wie zum Beispiel das Design, auch Homeoffice ermöglicht. Früher war ich mindestens sieben Wochen im Jahr in China, um die komplette Produktion vom Design bis zur fertigen Tasche anzuschieben. Das brauche ich heute nicht mehr. Wir können inzwischen weit flexibler und schneller arbeiten als noch vor wenigen Jahren.“
Michael: „Außerdem haben wir die Logistik neu aufgestellt beziehungsweise outgesourct und wir haben ein neues ERP-System eingeführt. Jeder weiß, der das schon einmal getan hat, was das fürs Unternehmen bedeutet. Abseits der Notwendigkeit, BEHEIM INTERNATIONAL BRANDS zukunftsfähig zu machen, war das auch ein klares Signal: Wir meinen es ernst.“
Christine: „Wir haben dabei auch von meinem Mann, Dominique Eifler (Head of Strategy and Corporate Development), der bei uns seit mittlerweile mehr als fünf Jahren arbeitet, viel Unterstützung bekommen.“
„Man bekommt es dann hin, wenn man es einfach konsequent umsetzt.” Christine Beheim
Arbeitet Ihre Frau auch im Unternehmen?
Michael: „Nein, sie ist als Rechtsanwältin tätig.“
Wenn Sie heute zurückblicken, was würden Sie anders machen?
Michael: „Das passt alles schon. Sicher gibt es die eine oder andere falsche Entscheidung, aber die große Linie stimmt. Nein, ich würde alles wieder so tun, schätze ich.“
Christine: „Ja genau, Entscheidungen lassen sich nur im Licht der damaligen Situation beurteilen.“
Wie läuft es aktuell mit Taschen?
Michael: „Wir merken natürlich mit unseren konsumigen Preislagen, dass mittlere Einkommen durch die Inflation und die Energiekrise Kaufkraft verloren haben und die Menschen einfach weniger konsumieren. Wir können mit unseren vier Marken TOM TAILOR, DENIM TOM TAILOR, Gabor und camel active zwar etwas aussteuern und auch mit der Belieferung von rund 2.500 Händlern haben wir ein paar Spielräume, dennoch merken wir die Kaufzurückhaltung. Außerdem sehen wir, dass die Anzahl der Händler insgesamt kontinuierlich sinkt. Das macht es eben nicht einfacher.“
Christine: „Wir machen einen großen Teil des Umsatzes über NOS und haben immer noch eine hohe Warenverfügbarkeit. Aber wir mussten die Bestände neu austarieren. Wir können nicht das gesamte Warenrisiko tragen. Anders gesagt, Seasonal NOS lassen wir dann auch tatsächlich auslaufen. Und wir machen auch nicht jedes Geschäftsmodell mit. Manche Anfrage beantworten wir auch abschlägig. Umsatz ist nicht alles. Eine Partnerschaft muss für beide Parteien Freude machen.“
...Lizenz
Wie sieht es umsatz- und ertragsmäßig aus?
Michael: „Wir spüren die allgemeine negative Entwicklung natürlich auch bei Umsatz und Ertrag. Die Situation ist nicht so, wie wir es uns wünschen.“
Werden Sie in diesem Jahr Ihre Planungen erreichen?
Michael: „Wir haben die Planungen der Marktentwicklung angepasst und werden diese Planzahlen auch erreichen.“
Gibt es einen großen Megatrend oder läuft es in eine bestimmte Richtung?
Christine: „Das hängt natürlich auch von den Marken ab. Generell kommen bei Frauen Mini-Size-Taschen und Moonbags gut an. Bei Männern steht die Funktion im Vordergrund und ist der Rucksack das Accessoire schlechthin. Gut gehen auch kleine Umhänge- und Gürteltaschen.“
„Ich hatte zwar die Option, extern meinen Weg zu gehen, aber es sollte doch anders kommen. Und das war auch gut so …“ Michael Beheim
Sie haben verschiedene Lizenzen, über die Sie Ihre Taschenproduktion laufen lassen. Wären Lizenznehmer die besseren Lizenzgeber?
Michael: „Wir haben ja mit camel active und der Bültel Gruppe einen Lizenzgeber, der selbst Lizenznehmer ist. Im Grunde sehe ich da keinen Unterschied. Aber je näher man selbst am Kunden dran ist und die Bedürfnisse kennt, umso besser kann man den Partner auf Lizenznehmerseite verstehen.“
Wie stark sind Sie an Markenvorgaben gebunden?
Christine: „Natürlich stimmen wir uns ab. Die Vorgaben sind unterschiedlich eng ausgelegt und hängen vom jeweiligen Lizenzgeber ab. Qualität und Design sind Dinge, die wir eng abstimmen. Auch Vertriebsfragen. Die Abstimmung muss aber beiden Interessen genügen. Dem der Marke und unserem eigenen. Wir haben bei allen Marken zum Beispiel circa drei Meetings pro Saison. Dann ist aber auch alles geklärt.“
Wo sehen Sie die Vorteile einer starken Lizenz-Marke, welche Probleme gibt es?
Michael: „Der Vorteil ist ganz klar, dass wir mit einem hohen Bekanntheitsgrad arbeiten. Preis/Leistung müssen aber passen und wir zahlen auf der anderen Seite auch Lizenzgebühren. Wir profitieren vom Namen, begeben uns aber in eine gewisse Abhängigkeit. Läuft die Marke gut, läuft es auch bei uns – vorausgesetzt, die Kollektion passt, aber da haben wir ja nun fast 75 Jahre Erfahrung.“
Welche Lizenz würde Sie noch reizen?
Christine: „LOUIS VUITTON wäre charmant, Pokémon vom Profit her sicher reizvoll. Ernsthaft: Wir produzieren jetzt seit 30 Jahren camel active, seit mehr als 20 Jahren Gabor und seit mehr als 15 Jahren TOM TAILOR in Lizenz. Wir scheinen etwas richtig zu machen. Wir bekommen viele Angebote, haben aber auch ganz eigene Vorstellungen.“
Zum Unternehmen
Seit mehr als sieben Jahrzehnten verdient das Familienunternehmen BEHEIM INTERNATIONAL BRANDS sein Geld mit Lederwaren. Derzeit produziert und vertreibt der Taschenspezialist seine Produkte unter den vier Lizenzmarken TOM TAILOR, DENIM TOM TAILOR, Gabor und camel active. Das Unternehmen beliefert rund 2.500 Händler in 40 Ländern. Der Löwenanteil des Geschäftes machen die Obertshausener in der DACH-Region.