Nummer vier lebt!

IFCO

©FT

Autor: Markus Oess
Es ist die vierte Ausgabe der türkischen Bekleidungsmesse IFCO. Immer noch im Wachstum begriffen, funktionieren inzwischen viele Automatismen. Die Messe wird vor allem von Russland und seinen Anrainerstaaten sowie Middle East besucht. Der Veranstalter, der Textilverband İTKİB/İHKİB, arbeitet aber daran, auch Richtung Westen wirksame Anziehungskräfte zu entwickeln.  

WERBUNG

Für Mustafa Pasahan, Vice Chairman des Textilverbandes İTKİB/İHKİB, ist das mit den Marken so eine Sache. Für ihn ist die Textilmesse IFCO, Istanbul Fashion Connection, die eigentlich Spielwiese für Marken werden soll, selbst zu einer der angesagtesten Marken in der Türkei geworden. Und die Marke IFCO, sagt Pasahan verschmitzt, gewinne weiter an Gewicht, denn die vierte Ausgabe der Textilmesse IFCO, Istanbul Fashion Connection, die vom 9. bis 11. August stattfand, konnte gegenüber der Vergleichssaison weiter zulegen. Die Besucherzahlen dürften diesmal die 20.000 überschritten haben, die Sommer-Ausgabe fällt stets schwächer aus als die im Winter. Mit mehr als 400 Ausstellermarken über sämtliche Segmente hinweg wurden auch mehr Flächen belegt als im Sommer zuvor. Gezeigt wurden Damenmode, Herrenmode, Kindermode, Denim, Sportswear, Abend- und Anlassmode, Brautmode, Lingerie, Strumpfwaren, Leder und Pelz, Schuhe und Accessoires. Besucher aus weit mehr als 100 Ländern sollten kommen – aus Russland und den GUS-Staaten, aus Middle East, dem arabischen Raum, aber auch der EU, Großbritannien, Osteuropa, dem Nahen Osten, Nordafrika und den USA. Dazu hat die Messe Buyer auch eingeladen und über die ersten beiden Messetage Matchmaking-Runden veranstaltet.  

Messe als Marke. Mustafa Pasahan, Vice Chairman des Textilverbandes İTKİB/İHKİB,

Der Export ist ein Schlüsselfaktor für die türkische Industrie. So hat das Land 2022 Waren im Wert von 254 Milliarden US-Dollar ausgeführt. In diesem Jahr sollen 265 Milliarden US-Dollar erreicht werden. Laut der Vereinigung türkischer Exporteure haben die Ausfuhren im ersten Halbjahr 2023 ein Niveau von 123,4 Milliarden Euro erreicht. Das ist ein Rückgang von 1,8 Prozent. Dennoch seien Ökonomen optimistisch für das kommende Halbjahr, da angesichts steigender Zinsen sich auch der Wechselkurs stabilisiere, heißt es vom Verband. Die türkische Zentralbank hat angesichts der hohen Inflation im Land im Juli die Zinsen angehoben. Der Leitzins steigt um 2,5 Prozentpunkte auf 17,5 Prozent. Stärkster Handelspartner in den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres war Deutschland mit einem Volumen von 9,45 Milliarden US-Dollar noch vor den USA mit 6 Milliarden US-Dollar und UK (5,6 Milliarden US-Dollar). Nach Produktgruppen verteidigt die Bekleidung (inklusive Ready to Wear) mit einem Volumen von 1,7 Milliarden US-Dollar den dritten Rang hinter Automotive und Chemie.  

Geht es nach dem Willen der türkischen Textilbosse, sollen die Exportzahlen weiter steigen. D’S damat, KiḡILI, B&G store, LUFIAN, JAKAMEN, CLIMBER B.C., NaraMaxx, Giovane Gentile und Lee Cooper präsentieren sich erneut auf der IFCO. Einmal, um Flagge zu zeigen, aber genauso, um ihr internationales Geschäft zu pflegen, bestenfalls weiter auszubauen. Die Menswear-Marke KiḡILI betreibt sogar eine eigene Deutschlandgesellschaft und hat bereits in Krefeld und am Düsseldorfer Flughafen einen Store. „Wir prüfen einen weiteren Standort in Mannheim“, erklärt Business Development Manager Furkan Karahan. Inzwischen sucht das Unternehmen auch direkten Kontakt zu Department Stores und Platzhirschen, um die Marktpräsenz zu steigern. KiḡILI unterhält in Krefeld ein eigenes Lager, von dem aus beliefert werden könnte. Die Marke ist auch in Italien, Serbien oder Griechenland aktiv. Grenznahe Länder werden direkt bedient; in Regionen, die geografisch weiter entfernt liegen, sollen es Franchiser richten. Er sei nicht unzufrieden mit der Frequenz an Tag eins und zwei der Messe, sagt Karahan, als wir mit ihm sprechen. Allerdings kämen vor allem Kunden aus Russland und seinen Anrainerstaaten sowie aus Middle East. Europäer habe er kaum gesehen, aus Deutschland keinen. Ähnliches ist auch von D’S damat und JAKAMEN zu hören. Beide Menswear-Label gehören zu den Big Playern des Landes. JAKAMEN hatte eigens eine Fashion Show zur Eröffnung der IFCO veranstaltet. Zwar treiben beide Marken derzeit keine Geschäfte mit Deutschland, aber für türkische Marken gibt es schon Luft nach oben, um auch deutsche Einkäufer für sich zu interessieren und nach Istanbul zu locken. Anders als die kleineren Firmen und Aussteller der Messe, die neben dem eigenen Label von der Produktion von Drittmarken leben. Dort, so hören wir, ist generell auch die Frequenz merklich höher. 

WERBUNG

THE CORE ISTANBUL, der im Februar dieses Jahres Premiere feierte, zeigt eine Mischung aus etablierten und aufstrebenden türkischen Designern. Ziel ist es, die Kreativszene der Türkei mit internationalen Buyern zu vernetzen. Müge Güven kuratiert die Sondershow mit insgesamt 24 Designern, die aber überwiegend Womenswear schneidern. Diesmal kamen neun neue Designer dazu. Besonders stolz sei sie, diesmal mit emre erdemoğlu, Y PLUS und SHYZ WEAR gleich drei Kreative aus der Menswear präsentieren zu können. emre erdemoğlu ist zum ersten Mal auf der IFCO. Seine Kunden kommen zu ihm ins Atelier. Die Produkte werden mit der Hand gefertigt, entsprechend hochwertig wird verkauft. Der Designer freut sich über die Präsenz auf der IFCO und hofft, die Marke noch bekannter zu machen. Allerdings hat er auch bereits internationale Kunden, aus Italien oder Frankreich etwa, die er digital bedient. Für ihn bleibt die Inflation ein echtes Problem, da er Zutaten und Stoffe aus dem Ausland bezieht, auch wenn der schlechte Wechselkurs umgekehrt einen Vorteil bei den Verkaufspreisen darstellt. Y PLUS arbeitet ähnlich und beliefert auch einen Kunden in Berlin mit seinen Unisex-Kollektionen im hochwertigen Preissegment. Der Designer Yakup Biçer hat sich entschieden, Teile der Sommerkollektion 2024 zu zeigen, aber auch aus Herbst/Winter 2023/2024, da der Sommer ja im Grunde schon durch ist. Eine Idee, die generell auf der Messe die Runde macht. Es ist seine zweite Messe. Kunden aus Russland, Katar und auch aus Europa habe er schon getroffen und will, wenn es geht, wiederkommen. Es tut sich was im THE CORE.  

IFCO macht Schule. Fatih Kurt von der İMA.

Szenenwechsel. Raf Stesmans ist Creative Director der İMA und gestaltete auf der Messe einen Trendbereich, auf dem sich die Studierenden der Akademie präsentieren konnten. Die İHKİB ist Trägerin der İstanbul Moda Akademisi (İMA). Die Hochschule wurde 2007 vom İTKİB/İHKİB mithilfe des IPA-I-Programmes gegründet. Diesmal ging es auf der Messe um die Verbindung neuer, innovativer Materialien mit traditionellen Stoffen, die Heilung versprechen und darüber ein Zurück zur Natur neu definieren, sagt Fatih Kurt von der İMA. Er zeigt sich mit der Resonanz auf die Trendarea zufrieden. Seine Studierenden jedenfalls hätten das Experiment gemeistert und den scheinbaren Widerspruch von Künstlichem und Natürlichen aufgelöst. Generell gewinnt auch in der Türkei das Thema Nachhaltigkeit an Bedeutung. Für ein Sonderthema auf der IFCO mit einem eigenen Auftritt reichte es indes nicht. Dabei hatte das türkische Ministerium für Umwelt, Städteplanung und Klimawandel ein Programm aufgelegt mit dem Ziel, die Umweltbelastung durch die Textilindustrie zu senken. Das Thema spielte dann eher bei den Unternehmen selbst eine Rolle, die mit den bekannten Instrumenten wie Solarenergie oder Wassersparprogrammen daran arbeiten, den Impact auf die Umwelt zu minimieren.

Die Messe steht Stand heute nicht unbedingt im Fokus der westlichen Märkte, auch wenn sich eine Zahl an Betrieben dort etabliert hat, die mit verschiedenen Händlern und Marken zusammenarbeiten. Der Schwerpunkt liegt immer noch auf der Produktion, weniger auf dem Vertrieb. Wohlgemerkt reden wir von Westeuropa und Amerika. Buyer anderer Regionen und Länder wie Russland, die GUS-Staaten, die arabische Welt und auch Afrika oder Südamerika mit Ländern wie Chile oder Kolumbien kommen zur Messe. Der İTKİB/İHKİB arbeitet daran, auch Richtung Westen wirksame Anziehungskräfte zu entwickeln. Zwar ist es noch nicht so weit, es könnte sich aber perspektivisch ändern. Nach der IFCO Istanbul Fashion Connection läuft am selben Ort die TEXHIBITION ISTANBUL vom 13. bis 15. September 2023. 

Einsichten

Fashiontoday wurde zur Messe eingeladen