Wanna build a brand?

Markenbildung

„Die Marke ist wichtiger, wenn nicht sogar der wichtigste Bestandteil des Unternehmenswerts." Alexander Biesalski, Managing Partner von BIESALSKI & COMPANY ©BIESALSKI & COMPANY

Autor: Andreas Grüter
Eine langfristig erfolgreiche Marke zu kreieren und zu führen, gilt als Königsdisziplin. Doch was heißt das konkret in der Praxis und welche grundlegenden Regeln gilt es zu befolgen? Wir haben Alexander Biesalski, Managing Partner der renommierten Münchener Agentur BIESALSKI & COMPANY gefragt.

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FT: Herr Biesalski, was ist eine Marke?
Alexander Biesalski:
„Laut Definition ist eine Marke ‚der bekannte Absender eines unverwechselbaren Angebots beziehungsweise Leistungsversprechens‘. Bekanntheit ist hier die Grundvoraussetzung. Ohne Bekanntheit hat ein Name keinen Markenstatus.“

Warum ist Marke wichtig?
„Ich berate seit über zwanzig Jahren Unternehmen im Bereich Markenentwicklung und wertorientierte Markenführung und habe zur Frage ‚Warum Marke?‘ eine ganz klare Antwort: Die Marke ist wichtiger, wenn nicht sogar der wichtigste Bestandteil des Unternehmenswerts. Wir haben in den letzten 13 Jahren über 800 Marken im Kundenauftrag für M&A, Lizenzierung, Finanzierung und Bilanzierung monetär bewertet, darunter viele Fashion-Brands. Im Durchschnitt macht die Marke rund 50 Prozent des Unternehmenswerts aus und bei der Mode liegt der Anteil sogar bei 71 Prozent. Interessant ist hier die Tatsache, dass viele Unternehmen ihre Prozesse zwar wahnsinnig intensiv controllen und steuern, aber das Thema Markenbildung im Verhältnis dazu und trotz der offensichtlichen Relevanz recht stiefmütterlich behandeln.“

Was macht eine starke Marke aus?
„Wir messen die Stärke einer Marke auf der Beziehungsebene anhand von Werten wie Sympathie, Vertrauen und Loyalität und auf der Wahrnehmungsebene anhand von Themen wie Klarheit, Uniqueness und Attraktivität. Bei der Kauf- und Preisbereitschaft, die ja auch herangezogen wird, um einen Markenwert zu bestimmen, ist die Uniqueness, sprich: die Einzigartigkeit der Markenwahrnehmung, ein ganz entscheidender Faktor.“

Was gilt es beim Brandbuilding zu beachten?
„Brandbuilding ist natürlich ein großer Begriff. Vielleicht sollten wir hier zuerst noch einmal auf die Rolle der Marke zurückkommen. Für uns bündelt die Marke alles, was man tut und lässt. Wenn Sie die Augen schließen und beispielsweise an Tesla denken, sehen Sie vor Ihrem geistigen Auge wahrscheinlich vieles, was über das reine Produkt hinausgeht. Da kommt dann Elon Musk ins Spiel, Presseberichte spielen eine Rolle, Grünheide, Arbeitsbedingungen oder auch Kooperationen, Ladestationen und Erfahrungsberichte von Freunden und Bekannten – und das ist bei jeder Marke so. Die Marke bündelt alles, was Sie mit ihr assoziieren. Sie ist also viel mehr als ein kommunikatives Vehikel.“

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„Zu 30 Prozent findet Markenbildung allerdings unterbewusst statt und so kann man sie auch nicht bis ins Letzte erklären. Dennoch kann man vieles, von dem man zunächst glaubt, es nicht steuern zu können, beeinflussen, zumindest ein Stück weit.“

Demnach lässt sich Markenbildung nur sehr begrenzt steuern …
„Unseren Studien zufolge lassen sich etwa 70 Prozent der Markenstärke durch konkrete Werte erklären. Da geht es natürlich um das Produkt selbst, aber auch um Service, Trendsetting, Erfahrungen mit Mitarbeitern am Point of Sale und die Preisgestaltung, ebenso um die Beeinflussung der medialen Berichterstattung durch PR und natürlich die Kommunikation etwa durch Werbung. Kontaktpunkte mit dem Konsumenten, die sich marketingtechnisch steuern lassen. Zu 30 Prozent findet Markenbildung allerdings unterbewusst statt und so kann man sie auch nicht bis ins Letzte erklären. Dennoch kann man vieles, von dem man zunächst glaubt, es nicht steuern zu können, beeinflussen, zumindest ein Stück weit. Systematische Markenführung par excellence erleben wir mittlerweile im B2B und im Gebrauchsgüterumfeld. Da herrscht ein ganz dezidiertes Verständnis vor, wie die Marke wahrgenommen werden soll. Dementsprechend wird dann gehandelt, in jedem Geschäftsbereich. Und das zahlt sich messbar aus. Diese Konsequenz und auch diese Konsistenz in der Markenumsetzung erleben wir im Lifestyle- und Fashionbereich leider extrem selten. Bei vielen Modeunternehmen ist Markenentwicklung immer noch ausschließlich Kollektionsentwicklung.“

Liegt das vielleicht daran, dass die Mode wesentlich schnelleren Trends unterworfen ist als andere Branchen?
„‚Wir müssen mit dem Zeitgeist gehen‘, ‚wir müssen uns flexibel den Trends anpassen‘ sind die Argumente, die ich aus der Modebranche immer wieder höre und die ich nicht gelten lassen kann. Wenn ich mir anschaue, mit welchen Veränderungen unsere Technologiekunden derzeit konfrontiert sind, Stichwort: KI, Digitalisierung und Nachhaltigkeitsansprüche, behaupte ich sagen zu können, dass es dort nicht langsamer zugeht als im Fashionbereich. Meiner Meinung nach haben sich Fashion-Trends in den vergangenen Jahren sogar eher verlangsamt. Aber selbst eine hohe Geschwindigkeit widerspricht ja nicht dem Anspruch, einem Zielbild zu folgen, das klar beschreibt, was man gegenüber der Konkurrenz besser machen will. Leider lassen sich viele Modeunternehmen immer noch viel zu sehr vom Zeitgeist treiben, springen vor und zurück und sind irgendwann dann einfach völlig austauschbar. Dafür gibt es mehr als genug Beispiele. Viele Labels folgen eine Weile erfolgreich einem Stilbild. Dann läuft es vielleicht nicht mehr ganz so gut und als Konsequenz verlässt man seinen Weg und verläuft sich letztendlich komplett. Natürlich gibt es auch im Modebereich Ausnahmen. Insbesondere multinationale Konzerne gehen Markenführung extrem systemisch und zielorientiert an.“

Können kleinere Unternehmen Markenbildung überhaupt leisten?
„Ganz klar ja! Jeder Anbieter im Markt muss sich ja die Frage beantworten, warum man gerne mit ihm zusammenarbeiten sollte und was er besser macht als andere. Und weil Sie es eben angesprochen haben: Ein hohes Maß an Flexibilität und ein langfristiges Brandbuilding im Sinne eines klaren Identitätsverständnisses schließen sich überhaupt nicht aus.“

Lassen Sie uns über die Praxis sprechen. Was sind die Voraussetzungen für eine Zusammenarbeit mit Ihnen?
„Das Management muss sichtbar hinter der Zusammenarbeit stehen und es sollte unserem Kunden klar sein, dass es sich nicht um eine rein kommunikative Aufgabe handelt, sondern dass es für das Unternehmen um eine ganzheitliche und tiefgreifende Entwicklung geht. Wenn wir mit unseren Kunden hier nicht übereinkommen, werden wir auch nicht tätig. Das ist übrigens schon mehrfach vorgekommen. Kunden, die sich auf uns einlassen, sind eigentlich immer hochmotiviert und wollen ihren Brandbuilding-Prozess professionalisieren. Das fängt dann bei Analysen-Insights und einer monetären oder quantitativen Markenbewertung an, geht über die Entwicklung der Markenstrategie und des Zielbildes, die interne Implementierung, den Kick-off, die Auswahl der Brand Ambassadors und die Einbeziehung der Führungskräfte und endet bei der Umsetzung am Point of Sale, bei der Distribution, bei der Preis- und, bei Kunden aus dem Modebereich, häufig auch der Kollektionsgestaltung. Letzteres natürlich nicht in dem Sinne, dass wir die Arbeit der Designer übernehmen. Wir erarbeiten vielmehr gemeinsam mit dem Kunden in einem Design Guide Eckpunkte, die immer erfüllt werden müssen. Das können einzelne Features sein oder auch erkennbare Merkmale, die immer da sein müssen. Und natürlich umfasst der Guide auch die Verarbeitungsqualität oder die Schnittführung, also Merkmale, die für eine Wiedererkennbarkeit sorgen. Da muss man sehr vorsichtig agieren, damit der Designer den notwendigen Gestaltungsspielraum behält. Der Kunde bekommt also ein ganzheitliches, systematisches Unternehmensentwicklungsmodell.“