Halbjahrsergebnisse
Im ersten Halbjahr des laufenden Geschäftsjahres gab es für die insolvente Ahlers AG nur 10 Prozent Umsatzplus aufgrund der Kaufzurückhaltung in Folge der unsicheren Rahmenbedingungen, wie das Unternehmen nun mitteilt. Vor allem die immer noch geringe Vorjahresvorlage führte demnach im ersten Quartal (Dezember 2022 – Februar 2023) zu einer Umsatzsteigerung von 39 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres (Q1 2021/22: 49,2 Millionen Euro). Das zweite Quartal 2022/23 (März – Mai 2023) verzeichnete einen Umsatzrückgang von 12,5 Prozent auf 39,3 Millionen Euro gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres. Die Entwicklung im zweiten Quartal 2023 sei geprägt von den ersten Reaktionen auf die Bekanntgabe der Insolvenzantragstellung, so die Herforder: „Viele Kunden waren zunächst verunsichert, ob und wie der Geschäftsbetrieb weitergeführt wird. Infolgedessen fielen einige der Umsätze aufgrund der Saisonalität der Waren aus, einige konnten aber auf das nächste Quartal verschoben werden.“ Daher fiel in den ersten sechs Monaten des Geschäftsjahres 2022/23 der Umsatzanstieg mit 10,2 Prozent auf 88,5 Millionen Euro deutlich geringer aus als geplant.
Im ersten Halbjahr musste der eigene eCommerce Umsatzverluste von 11 Prozent verkraften, wobei die Entwicklung der eigenen Online-Shops mit +2 Prozent deutlich besser ausfiel als das Marktplatzgeschäft mit -17 Prozent. Zusammengenommen betrug der Anteil des eCommerce am Gesamtumsatz 6,9 Prozent. Dies ist zwar ein Rückgang gegenüber dem Vorjahr (8,6 Prozent), aber ein erkennbarer Zuwachs gegenüber der Vor-Coronazeit (Anteil H1 2019: 5,6 Prozent). Die flächenbereinigten Umsätze des gesamten eigenen Retail bewegten sich mit einem Umsatzanstieg von 14,6 Prozent deutlich oberhalb der allgemeinen Geschäftsentwicklung und konnten die fehlenden Online- Umsätze kompensieren. Insgesamt blieb damit der Anteil des eigenen Retail am Gesamtumsatz nahezu stabil bei 16 Prozent (Vorjahr 16,2 Prozent).
Während im ersten Halbjahr des vorigen Geschäftsjahres noch im geringeren Umfang Sondererträge aus den staatlichen Überbrückungshilfen anfielen, ergaben sich im ersten Halbjahr des Berichtsjahres Sonderaufwendungen aus außerplanmäßigen Beratungskosten, Währungsumrechnungsdifferenzen und im geringen Maß Abfindungen an ehemalige Mitarbeiter. Gleichzeitig stieg der Zinsaufwand durch höhere Kreditinanspruchnahmen und einem höheren Zinsniveau deutlich an. Diese beiden Faktoren führten dazu, dass das Ergebnis vor Ertragsteuern im ersten Geschäftshalbjahr um 0,6 Millionen Euro auf -6,7 Millionen Euro fiel (Vj. -6,1 Mio. EUR). Insgesamt sank das Konzernergebnis gegenüber dem Vorjahr um 15 Prozent und lag nach den ersten sechs Monaten 2022/23 bei -6,9 Millionen Euro.
Das Net Working Capital (Saldo aus Vorräten, Forderungen und Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen) erhöhte sich im Berichtszeitraum um 11,7 Millionen Euro auf 69,6 Millionen Euro. Die Zahlungsmittel lagen in allen Gesellschaften des Konzerns am 31. Mai 2023 mit insgesamt 11 Millionen Euro über denen des Vorjahresstichtags (5,2 Millionen Euro). Die Nettofinanzverschuldung (Saldo aus lang- und kurzfristigen Finanzverbindlichkeiten minus liquider Mittel) erhöhte sich durch die hohe Inanspruchnahme der Kreditlinien kurz vor Insolvenzantragsstellung deutlich und lag am Berichtsstichtag mit 44,5 Millionen Euro um 12,7 Millionen Euro über dem Vorjahreswert. Die Eigenkapitalquote lag am 31. Mai 2023 spürbar unter Vorjahresniveau bei 28,3 Prozent (Vj. 42,9 Prozent).
In Folge der Antragstellung zur Insolvenz wegen drohender Zahlungsunfähigkeit hat der vorläufige Insolvenzverwalter, der Rechtsanwalt Dr. Biner Bähr (Kanzlei White & Case), ein namhaftes Beratungshaus mit der Suche nach einem geeignetem Investor beauftragt. Aktuell ist dieser Prozess noch nicht abgeschlossen, heißt es am Ende der Mitteilung. Die Geschäfte laufen unvermindert weiter. Dies gilt für die aktuelle Auslieferung und die anstehende Herbst-/ Winterauslieferung und die Kollektionserstellung der kommenden Frühjahr-/ Sommersaison. Vor dem Hintergrund der Insolvenzantragsstellung ist es aber zu einigen Umsatzausfällen gekommen, die nicht nachgeholt werden können. Zudem wurde der Einkauf auf die mit Kundenaufträgen gesicherten Bestellungen reduziert. Hierdurch wird es weitere Umsatzeinbußen geben, da das Freilagergeschäft entfällt, kündigt die Ahlers AG an. Allerdings sollte dadurch die Rohertragsmarge gestärkt werden, da Altwaren reduziert werden. Da die Geschäfte im zweiten Halbjahr von zu vielen Unbekannten abhängen, könne der Vorstand keine genaueren Prognosen zu Umsatz, Ergebnis und Finanzpositionen abgeben.