Über Nachhaltigkeit und den lässigen Look 

OLYMP

In Summe entwickelt sich der Export dynamischer als der Heimatmarkt. alle Bilder ©OLYMP

Autor: Markus Oess
Der Hemdenspezialist OLYMP will sich breiter aufstellen. Das angestammte Segment Business will das Management nutzen, um sich im Markt mit neuen Inhalten zukunftsfähiger zu positionieren. Wie und warum Nachhaltigkeit mittlerweile eine strategische Säule in der Unternehmensstrategie ist, erklären die beiden Geschäftsführer Mark Bezner und Heiko Ihben im FT-Interview.  

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Entscheidend wird sein, wie die Konsumstimmung im weiteren Jahresverlauf ausfällt und wie sich das im Textilhandel niederschlägt.“  Heiko Ihben.

FT: OLYMP will bis 2025 alle Hemden unter dem eigenen Nachhaltigkeitslabel Green Choice anbieten. In diesem Jahr sollen es bereits 70 Prozent werden. Sie sind auf Kurs?
Heiko Ihben: „Wir sind auf Kurs. Aber nicht nur bei den Hemden. Auch bei Strick-, Wirkwaren und Accessoires. Wir sind zwar noch nicht am Ziel, aber sehr gut unterwegs. Während wir noch in diesem Jahr sortimentsübergreifend die 70 Prozent überschreiten werden, knacken wir im Freizeitsegment im Rahmen unseres Casual Concepts bereits zum Herbst/Winter 2023 die 90 Prozent. Auch bei der klassischen Business-Kollektion haben wir bereits einen Wert von 93 Prozent aller Hemden einschließlich OLYMP SIGNATURE erreicht. 95 Prozent aller eingesetzten Hemdenstoffe stammen von durch OEKO-TEX® STeP zertifizierten Gewebeherstellern. Der Anteil an Baumwolle, die wir über die Better Cotton Initiative (BCI) beschaffen, die sich weltweit für einen nachhaltigeren Baumwollanbau einsetzt, liegt ebenfalls bei fast 90 Prozent. Seit Herbst 2022 besteht unsere Produktverpackung nur noch aus Wertstoffen, die vorwiegend wiederverwertet wurden und wieder- beziehungsweise weiterverwertbar sind, wodurch wir jährlich 50 Tonnen Plastik und 40 Prozent CO2 einsparen. Unseren Firmensitz in Bietigheim-Bissingen betreiben wir seit einigen Jahren auf Basis eines Corporate Carbon Footprints klimaneutral. Außerdem arbeiten wir seit vergangenem Herbst mit dem deutschen Profisegler und Klimaschützer Boris Herrmann beim Thema Nachhaltigkeit zusammen. Gemeinsam mit ihm werden wir mehrere Kapselkollektionen lancieren, die inhaltlich eine Weiterentwicklung des bestehenden Green-Choice-Konzepts sein werden. Die erste Kapsel werden wir ab Oktober 2023 mit der High-Summer-Kollektion für 2024 gegenüber dem Fachhandel vermarkten.“ 

Betriebsbesuche unserer Nachhaltigkeitsspezialisten vor Ort und die Zertifizierung von Produktionsstätten als Teil von Green Choice leisten einen weiteren Beitrag dazu, dass es hier Schritt für Schritt gemeinsam weitergeht.“ Mark Bezner

Wie sehen die Kriterien für Green Choice aus und wer hat geholfen, diese und den Fahrplan zur Nachhaltigkeit aufzustellen?
Mark Bezner: „Die Strategie hinter Green Choice beruht auf dem Einsatz nachhaltigerer Materialien und einer umweltfreundlicheren Herstellung. Um die Nachhaltigkeitsleistung zu bewerten, haben wir ein Bewertungskonzept entwickelt, das bekannte Standards und Zertifikate als Nachweissysteme nutzt. Auf diese Weise stellen wir sicher, dass wir für alle Green-Choice-Produkte auch eine externe Validierung haben. Beispielsweise arbeiten wir im Business-Bereich vorrangig mit dem Produktlabel OEKO-TEX® MADE IN GREEN. Im Casual-Bereich nutzen wir etwa den Organic Content Standard (OCS), um den Anteil von Biobaumwolle in unseren Produkten einwandfrei nachverfolgen zu können. Für alle Produktionsstandorte nimmt auch die Förderung und Einhaltung von fairen und sozialverträglichen Arbeitsbedingungen für uns einen hohen Stellenwert ein. Wir sind zum Beispiel eines von weltweit insgesamt nur 140 Mitgliedern der Fair Wear. Für die Gesamtentwicklung unserer Nachhaltigkeitsstrategie haben wir uns externe Expertise an die Seite geholt. Diese hat unsere immerhin sechsköpfige CR-Abteilung bei der strategischen Weiterentwicklung unseres ambitionierten Engagements unterstützt.“ 

Sie haben Partnerbetriebe, die für Sie fertigen. Wie sieht es da aus?
Bezner: „Dadurch, dass wir eine gewisse Exklusivität oder wenigstens Umsatzbedeutung bei unseren Partnern haben und langfristige und vertrauensvolle Geschäftsbeziehungen zu diesen pflegen, nehmen wir natürlich unmittelbar über unsere gesetzten Qualitätsstandards und Anforderungen an eine nachhaltige Produktion Einfluss. So haben wir in sämtlichen Betrieben dauerhaft mehrere eigene Leute im Einsatz, die die Produktionsabläufe betreuen und die Bedingungen überwachen. In Indonesien, bei unserem größten Produktionspartner, sind es sogar zwölf. Aber auch die Tatsache, dass wir zum Teil viele Jahrzehnte eng und gut zusammenarbeiten, sorgt in den Betrieben selbst für ein Umdenken. Viele Betriebe in Fernost arbeiten auch beim Thema Nachhaltigkeit bereits auf einem guten Niveau. Betriebsbesuche unserer Nachhaltigkeitsspezialisten vor Ort und die Zertifizierung von Produktionsstätten als Teil von Green Choice leisten einen weiteren Beitrag dazu, dass es hier Schritt für Schritt gemeinsam weitergeht.“ 

Sie haben 2022 den ersten Nachhaltigkeitsreport veröffentlicht und die Berichtsaktivitäten hinsichtlich der Nachhaltigkeit zusammengefasst. Welche Maßnahmen stehen für dieses Jahr noch an?
Ihben: „Das ist ein fortlaufender Prozess. Auch wenn wir unsere kurz- und mittelfristigen Nachhaltigkeitsziele erreichen werden, stehen immer neue Aufgaben an, etwa bei der Zirkularität oder beim Eco-Design, wo wir schon erste Schritte unternehmen. Außerdem haben wir unser Ziel 2025, zu 100 Prozent Green-Choice-Produkte anzubieten, ja noch nicht ganz erreicht. Und mit der ersten Boris-Herrmann-x-OLYMP-Kapsel werden wir den nächsten großen Schritt gehen.“ 

Goutiert der Verbraucher die Bemühungen?
Bezner: „Wir sind leider noch nicht da, wo wir sein wollen, wenn es um dieses Thema geht. Unsere Nachhaltigkeitsbemühungen sieht und schätzt der Verbraucher zwar sehr wohl, aber er honoriert sie nicht ausdrücklich, etwa durch die Akzeptanz höherer Preise. Gerade jetzt nicht, wo Inflation und Energiekrise das gesamte Preisgefüge belasten. Aber wir gehen unseren Weg weiter – aus Überzeugung. Abseits davon werden Politik und Gesetzgebung ihr Übriges tun, die textile Lieferkette in die richtigen Bahnen zu lenken. Nachhaltigkeit ist gesetzt.“ 

Wie gehen Sie mit den Mehrkosten einer nachhaltigen Produktion und fairer Arbeitsbedingungen um?
Bezner: „Abseits der bekannten Gründe für die aktuell massive Teuerung bringt auch die Etablierung einer fairen und nachhaltigen Produktion höhere Kosten mit sich, die systemimmanent unvermeidbar sind. Wir können aber nicht alle Kosten eins zu eins weitergeben, sondern sehen es auch als Investition in das Produkt und die Marke. Daneben heben wir Einsparpotenziale durch Prozessoptimierung und Kostenmanagement.“ 

Ihben: „Allein bei der Umstellung der Verpackung auf eine nachhaltigere Variante sprechen wir von einem siebenstelligen monetären Invest gegenüber der vorherigen Ausführung.“ 

Bezner: „Als Marktführer muss man sich auch auf den Fahrersitz begeben, das Steuer in die Hand nehmen und Prozesse verantwortlich mitgestalten.“ 

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Hemd …

Vor der Krise ist nach der Krise. Nach der Pandemie kam der Ukrainekrieg. Wie läuft es aktuell?
Ihben: „Wir befinden uns noch nicht im Normalzustand wie vor der Pandemie. COVID-19 hat uns allen schwer zu schaffen gemacht und dann, als der Spuk vorüber war und wir mitten im Aufschwung waren, sorgten der Ukrainekrieg und in der Folge die Energiekrise und Inflation für einen herben Dämpfer. Mode ist in aller Regel kein Bedarfs-, sondern ein Lustkauf. Entscheidend wird sein, wie die Konsumstimmung im weiteren Jahresverlauf ausfällt und wie sich das im Textilhandel niederschlägt.“ 

Mussten Sie Ihre Planungen anpassen?
Bezner: „Ich war nach dem Ende der Pandemie optimistischer. 2022 hatten wir 40 Prozent zugelegt und uns auf einen Umsatz von 227 Millionen Euro hochgearbeitet. Entsprechend sind wir mit den Planungen ins neue Jahr gegangen, auch was die Vorbereitungen für die Produktionsmengen angeht. Zur Konsumflaute kam auch noch das schlechte Wetter bis in den Mai hinein, das in den Einkaufsstraßen doch eher für Novemberoptik gesorgt hatte als für Frühlingserwachen. Auch die großen Insolvenzen von GALERIA Karstadt Kaufhof und P&C West haben nicht eben geholfen. Dafür sind wir wieder voll lieferfähig und haben sich die Logistikkosten wieder beruhigt. Außerdem haben andere Händler wie breuninger oder Platzhirsche wie ZINSER einen sehr passablen Lauf und es entwickeln sich manche Auslandsmärkte positiv. Alles in allem rechne ich damit, dass wir über 2022 abschließen werden. 

Welches Land macht im Augenblick am meisten Spaß und wo läuft es derzeit nicht so gut?
Bezner: „In Summe entwickelt sich der Export dynamischer als der Heimatmarkt. Gut läuft es aktuell zum Beispiel in den Niederlanden, der Schweiz und in Österreich. Darüber hinaus legen wir auch in Skandinavien oder Großbritannien zu.“ 

Sie liefern also wieder auf Normalniveau?
Ihben: „Unsere Lieferperformance hat durchaus ein erfreuliches Niveau erreicht. Während wir uns in der saisonalen Auslieferung konstant auf das Vorkrisenniveau zubewegen und dieses teilweise auch schon erreicht haben, konnten wir uns bei unserem NOS-Programm sogar darüber hinaus verbessern. Vereinzelt kommt es nur noch aufgrund von Herausforderungen in der Materialbeschaffung zu Abweichungen. Diese sind aber im Vergleich zu den letzten Jahren deutlich zurückgegangen.“ 

Der Casual Push soll OLYMP auch nach der Pandemie und dem Schub für klassische Hemden voranbringen. Wie sieht es da aus?“
Ihben:Die Herbstkollektion mit dem neuen Casual Concept kommt jetzt ab Juni/Juli auf die Flächen. Wir haben noch mal am Konzept gearbeitet. Die Kollektion ist nun ausgewogener und fokussierter. Trotz des Comebacks der klassischen Formal Wear wird keiner bestreiten können, dass in der Pandemie gerade die Casual Wear infolge der Umstände noch einmal stark zulegen konnte – und damit auch die Formal Wear spürbar verändert hat. Warum kein Polo zum Anzug? Das Hemd ist heute viel versatiler und dient in den neuen Ausprägungen, beispielsweise als Overshirt, oftmals als Sakko-Ersatz. Die Materialien und Schnitte zeichnen auch in der Formal Wear eine gewisse ,Casualisierung‘ nach. Und ganz abseits von der modischen Diskussion gibt es auch ein handfestes betriebswirtschaftliches Argument. Beim Businesshemd sind wir gesetzt. Der Casual Push wird gut besprochen, aber auch bei Casual treffen wir nicht gerade auf einen unvorbereiteten Markt.“  

… Hemd?

Welche Grundidee steckt dahinter und was sagt der Handel dazu?
Ihben: „Es hilft uns, dass das Buinesshemd zurück ist. Auch und gerade bei jungen Menschen. Wir bringen Casual mit Business so zusammen, dass beide Konzepte flächenfähig sind und wechselseitig auf die Marke OLYMP einzahlen. Die Casual-Flächen wollen wir zwölf Monate im Jahr bespielen, so, wie wir das schon erfolgreich beim Businesshemd tun. Es geht darum, die Weichen zu stellen und ein Gesamtkonzept zu entwickeln. Der Handel fokussiert sich auf bestimmte Marken. Das wollen wir zu unserem Vorteil nutzen und über die Performance auf der Fläche punkten. Der Verbraucher unterscheidet nicht mehr zwischen Casual und Business, sondern zwischen den einzelnen Trageanlässen. Er will Produkte, die ihm gefallen, ganz egal ob wir vom Jerseyhemd, vom Polo, vom T-Shirt oder unserem Strickprogramm sprechen. 

Um eine aussagefähige Flächenpräsenz mit Casual hinzubekommen, sind im ersten Schritt 20 Quadratmeter ausreichend. Wir haben aber auch ein neues Modul entwickelt, das mit einer sehr kleinen Fläche auskommt und eine Grundbestückung mit einer Kapsel erlaubt, um die Grundidee unseres Casual Concepts dem Handel und dem Verbraucher gleichermaßen vorzustellen. Ziel ist es, einen Ankerpunkt in der Abteilung zu bilden.“  

OLYMP gilt als sehr konsequent, wenn es um Markenpflege und Werbung geht. Was ist bei Casual geplant und wie ist der Handel eingebunden?
Ihben:Wir greifen Casual OLYMP-typisch auf, in der Bildsprache und auf allen bekannten Kanälen. Unser Markenbotschafter Gerard Butler steht ja auch für eine gewisse Coolness, für Lässigkeit. Auch Boris Herrmann kann die Werte von OLYMP gerade beim Thema Nachhaltigkeit hervorragend weitertragen. Wir werden Casual auch kommunikativ mit den bekannten Strategien nach vorne bringen. Und auch bei Casual heißt es, wie gesagt: Alles zahlt auf die Marke OLYMP ein – unabhängig vom Trageanlass. Wir werden auch erstmals im Herbst 2023 mit Fernsehwerbung starten und Spots im ARD-Morgenmagazin schalten. Mit Gerard Butler als Hauptdarsteller. Dazu fahren wir unsere Präsenz bei Social Media und Kanälen wie Spotify hoch. Wir arbeiten weiterhin mit Influencern und wir werden auf der Fläche viele Dinge umsetzen.“ 

Bald startet die Messe-Saison, wo können Händler einen OLYMP-Besuch einplanen?
Bezner:Wir gehen auf die Pitti Uomo und nutzen die Showrooms. Eine deutsche Messe ist für uns in der jetzigen Konstellation, sosehr wir die Situation als ein starker Befürworter einer solchen Plattform auch bedauern, leider keine Option.“