Zug um Zug zu alter Stärke

Pitti Uomo #104

Diesmal haben sich 825 Aussteller angemeldet. Im vergangenen Januar waren es noch 790. ©Screenshot www.uomo.pittimmagine.com/en

Autor: Markus Oess
Geht es planmäßig weiter, könnte die Pitti Ende 2024 das Niveau der letzten Ausgabe vor Ausbruch der Corona-Pandemie erreichen. Die Chancen dazu stehen gut. Lapo Cianchi, Director of Communication and Special Events bei PITTI IMMAGINE, spricht über die kommende Ausgabe und warum die Messe auch international die Plattform der Wahl ist. Die deutsche Beteiligung nimmt nicht ohne Grund zu.

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Hält die Erholung der Messe wie erwartet an, könnte die Pitti Uomo bis Ende kommenden Jahres an die Größenordnung der letzten Ausgabe vor der Pandemie herankommen. Lapo Chianchi, Director Communications and Events PITTI IMMAGINE ©PITTI IMMAGINE

Lapo Cianchi, Director of Communication and Special Events bei PITTI IMMAGINE, ist auf Deutschland-Tournee – München, Berlin und ein Zwischenstopp in Frankfurt, wo wir ihn treffen. Lapo blickt entspannt auf seinen Spickzettel. Gut gehe es, sagt er. Hält die Erholung der Messe wie erwartet an, könnte die Pitti Uomo bis Ende kommenden Jahres an die Größenordnung der letzten Ausgabe vor der Pandemie herankommen. Damals im Januar 2020 kamen noch um die 1.200 Aussteller. Aber noch ist es nicht so weit. Lapo ist mit dem Erreichten zufrieden. Zwar machten Krieg, Inflation und wachsende wirtschaftliche Probleme eine langfristige Planung nicht eben einfacher, aber der Wunsch der Menschen, sich auch international wieder zu treffen, sei eindeutig erkennbar, die Pitti Uomo wachse weiter. Das gelte im Übrigen für alle Branchen. So verzeichnete die jüngste Ausgabe der Florentiner Foodmesse Taste sogar ein Aussteller-Plus von 30 Prozent. Von solchen Wachstumszahlen ist die Pitti Uomo zwar entfernt, aber diesmal haben sich 825 Aussteller angemeldet. Im vergangenen Januar waren es noch 790.

„Wir freuen uns über das hohe qualitative Niveau des Ausstellermixes“, sagt Lapo. Mehr noch – die Pitti Uomo habe ihren internationalen Stellenwert verteidigt. „Die Tatsache, dass Marken in Florenz ausstellen, die keinen oder nur wenige italienische Kunden haben, zeigt, dass es eben ums internationale Geschäft geht, nicht um einzelne Märkte“, so Lapo. Und die Besucher? Lapo schätzt, dass um die 14.000 Menschen anreisen werden, in etwa so viele wie in der allgemein stärkeren Winterausgabe. Wichtig sei vor allem, dass auch Einkäufer von Übersee wieder zur Messe kämen. Aus Japan, Korea, den USA und vor allem aus China steigen die Anmeldungen wieder erkennbar an. „Das ist gut für die Pitti Uomo, aber generell lebt gerade der Modehandel in Florenz zu vielleicht 80 Prozent vom Tourismus. Es ist wieder Leben in der Stadt!“, sagt Lapo.

Der Aufschwung zieht auch Deutsche an. Im Januar 2023 machten sich immerhin um die 540 Einkäufer aus Deutschland auf den Weg. Alle wichtigen Namen wie engelhorn, bungalow., KaDeWe oder VooStore. und Breuninger waren vertreten. Für die kommende Ausgabe haben sich bislang 37 deutsche Aussteller angemeldet. Davon sind neun neu oder Rückkehrer (darunter ALBERTO, Création Gross, DRYKORN, TOM RIPLEY), die neben Marken wie DIGEL, ROY ROBSON oder OLYMP und bugatti die Bewerbung erfolgreich durchlaufen haben.

„Im Jahr 1 nach 100 ist es für uns der richtige Zeitpunkt, diesen Schritt zu gehen. International ist die Pitti für Menswear gesetzt. Wir freuen uns auf einen spannenden Austausch, denn klar ist, trotz aller Digitalisierung geht das Geschäft immer noch zu 80 Prozent über den physischen Kontakt. Wir zeigen wie gewohnt die ALBERTO-Highlights und offenbaren unsere DNA für eine gute Präsentation am PoS. Das soll Lust auf mehr machen“, sagt ALBERTO-Chef Marco Lanowy. Auch Wolfgang Müller, Geschäftsführer von hajo POLO & SPORTSWEAR, zu dem die noch junge Marke gehört, sieht dem Messeauftritt mit großer Spannung entgegen. „Jetzt ist genau der richtige Zeitpunkt für uns, auch mit Blick auf die Internationalisierung von TOM RIPLEY, auf die Pitti zu gehen. Da passen Markenumfeld, die Location und auch Menge und Qualität der Einkäufer. Auch der frühe Zeitpunkt in der Ordersaison spielt uns in die Hände, um dem Händler Alternativen aufzeigen zu können“, sagt Müller.

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Für Lapo ist der internationale Rahmen der Menswear-Messe ein Schlüsselfaktor. Die Zeiten änderten sich und auch wenn die Menschen wieder zusammenkommen wollten, blieben Reisen eine kostspielige Angelegenheit. Es gebe nicht viel Raum für global erfolgreiche Plattformen. „Um eine Messe international erfolgreich zu machen, brauchst du Show und Aufmerksamkeit, das Produkt allein reicht nicht! Du brauchst Relevanz und du musst überraschen“, meint Lapo. So kommen auch wieder Marken aus der Türkei, die mittlerweile erkennbar auf den europäischen Markt drängen will. BY THE OAK, FREEDOM OF SPACE, ISAORA werden sich diesmal zeigen. Die Szene in der Türkei erfahre gerade viel Bewegung, sagt Lapp. Es sei gut, dass sich Marken aus ihrer kulturellen Identität heraus auch international weiterentwickelten. Das gelte für alle Länder und Regionen, sei es die Türkei oder UK. Lapo erzählt auch von Detroitissima. Hinter dem Projekt verbergen sich sechs bis acht Nachwuchsdesigner aus der alten Autostadt, die sich mit Unterstützung des Bundesstaates Michigan in Florenz präsentieren. „So etwas macht das Salz in der Suppe aus“, sagt Lapo. Natürlich habe die Messe davon profitiert, den Mut in der Pandemie aufzubringen, das Grundkonzept der Pitti beizubehalten und konsequent weiterzuentwickeln. Und nennt weitere Beispiele für die aktuelle Ausgabe der Pitti Uomo.

Der kalifornische Designer Eli Russell Linnetz präsentiert am 14. Juni die Frühjahr/Sommer-Kollektion 2024 seines Labels ERL mit einer Modenschau. ©ERL

Eli Russell Linnetz ist der Gastdesigner dieser 104. Ausgabe. Der kalifornische Designer präsentiert am 14. Juni die Frühjahr/Sommer-Kollektion 2024 seines Labels ERL mit einer Modenschau. Zu diesem Anlass wird er auch an einem konkreten Projekt arbeiten, um seine Crossover-Vision zwischen Mode, Design und Lifestyle darzustellen. „Ein Eklektizismus, der sich kultureller und geschlechtlicher Bezüge bewusst ist. Ein Talent, kommerzielles Flair mit uneingeschränkter Kreativität zu verbinden. Eine originelle, oft ironische und respektlose Neuinterpretation amerikanischer Klischees, sowohl der althergebrachten als auch der modernen Zeit. Dies sind die Elemente des Profils von Eli Russell Linnetz, die unser Interesse und den Wunsch geweckt haben, ihn nach Florenz einzuladen“, sagt Lapo über den US-Amerikaner.

Ein weiteres Kernelement der Messe wird auch wieder S|STYLE sustainable style. Und das zum ersten Mal mit der exklusiven Partnerschaft mit dem KERING Material Innovation Lab (KERING MIL). Zum siebten Mal zeigt PITTI DISCOVERY zehn junge Designer, die mit innovativen, umweltfreundlichen Lösungen arbeiten. Die Auswahl wird kuratiert von Georgia Cantarini. Erste Brands stehen fest: DALPAOS (Italien), Dhruv Kapoor (Indien), ISNURH (Dänemark), JEANNE FRIOT (Frankreich), KSENIASCHNAIDER (Ukraine), Olooh Concept (Côte d’Ivoire), PERMU (UK), STEVEN PASSARO (Frankreich) und CAVIA (Italien). Das KERING MIL wurde 2013 in Mailand eröffnet und ist das konzerneigene Forschungs- und Innovationszentrum. Es widmet sich der Reduzierung der gesamten Umweltauswirkungen der KERING GROUP durch die Umstellung aller ihrer Marken auf eine nachhaltige Lieferkette. Die Beteiligung von KERING MIL soll einen praxisnahen Ansatz zur Beschleunigung der Einführung innovativer, umweltschonender Materialien und Prozesse in den Kollektionen von Designern auf der S|STYLE ermöglichen. „Die Zusammenarbeit mit dem Material Innovation Lab von KERING ist eine Anerkennung unserer Arbeit zur Verantwortung in der Mode. Vor allem aber freuen wir uns, weil KERING MIL Designern praktische Hilfe dabei geben kann, die innovativsten Materialien für ihre Designforschung auf internationaler Ebene kennenzulernen und zu nutzen“, sagt Lapo.

Die Teilnahme von FENDI steht im Zusammenhang mit der kürzlich erfolgten Eröffnung der Factory und wurde gemeinsam von PITTI IMMAGINE und der Camera Nazionale della Moda Italiana realisiert. ©FENDI

Schließlich wird das italienische Luxuslabel FENDI in Florenz seine Frühjahr/Sommer-Herrenkollektion 2024 zeigen. Die Special Show wird am 15. Juni in der FENDI Factory stattfinden. Die FENDI Factory ist die Produktionsstätte der Marke in Capannuccia (Bagno a Ripoli) in der Toscana. Die Teilnahme von FENDI steht im Zusammenhang mit der kürzlich erfolgten Eröffnung der Factory und wurde gemeinsam von PITTI IMMAGINE und der Camera Nazionale della Moda Italiana realisiert. „Ich freue mich ganz besonders über die Zusage von FENDI, einer der renommiertesten Marken der Welt“, sagt Antonio De Matteis, neu gewählter Präsident der PITTI IMMAGINE. Für Raffaello Napoleone, CEO von PITTI IMMAGINE, ist das Event von FENDI ein wertvolles und symbolträchtiges Ereignis: „Wir haben eine ganz besondere Bindung zu Silvia Venturini Fendi. Vor allem sind wir Bewunderer ihrer Vision der Herrenbekleidung und des maskulinen Lifestyles sowie von Silvia Venturini Fendis Talent, klassische Elemente und radikale Innovationen auf harmonische und moderne Weise zu verschmelzen.“ Geholfen haben dürften aber auch die persönliche Verbindung Napoleones zu Fendi und seine Mitarbeit in der Camera Nazionale.