„Wir haben Grund zum Optimismus“

Eterna

„Ich finde den Umsatz draußen gar nicht so schlecht, wie er besprochen wird. Natürlich belasten Insolvenzen der Größenordnung von Karstadt oder P&C oder auch auf Seiten der Markenindustrie. Trotzdem denke und hoffe ich, dass es nicht so viele Unternehmen treffen wird, wie befürchtet." Henning Gerbaulet ©ETERNA

Autor: Markus Oess
 In diesem Jahr feiert ETERNA den 160. Geburtstag. Ein stolzes Alter für ein Unternehmen, sagt Henning Gerbaulet im FT-Interview. Es sei aber auch eine Verpflichtung, sich immer wieder zu erneuern. Wie ETERNA Marke pflegt, welche Lehren wir aus den zurückliegenden Jahren ziehen können und warum es auf der Fläche besser läuft, als die Stimmung glauben macht.

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FT: Herr Gerbaulet, wäre ein Umzug ins Altersheim für sie eine gangbare Alternative?
Henning Gerbaulet:Mein Plan ist nicht, ins Altersheim zu gehen – weder privat noch als Marke!“

Was muss man als 160-Jähriger tun, um das dann zu vermeiden?
„ETERNA feiert 2023 160-jähriges Jubiläum – ein stolzes Alter für ein Unternehmen. Eine solche Historie ist aber auch eine Verpflichtung, die Zukunft weiter zu gestalten. ETERNA darf als Marke nicht alt werden. Wir sind zwar nicht modisch, aber vollziehen einen permanenten Transformations- und Erneuerungsprozess, um ETERNA mit einem attraktiven Produkt zeitgeistig zu halten und unseren Kundinnen und Kunden vom ersten bis zum letzten Hemd beziehungsweise von der ersten bis zur letzten Bluse zu begleiten. Nur so kann es gehen.“

Fotoshooting in Wien

Vor allem in der zweiten Jahreshälfte wollen Sie verstärkt Kampagnen fahren. Was ist da geplant?
„Wir haben verschiedene Themen über das Jahr verteilt, im Prinzip steht in jedem Monat ein anderes Jubiläumsthema an. Für den Handel gibt es zum Beispiel spezielle Kollektionen und Aktionen, die über die Waren, passende Schaufenster und Eventflächen gespielt werden können. Wir haben aktuell eine Generationskapsel mit Männerhemden für den Vater und den Sohn sowie Kleider für Mutter und Tochter laufen, die wir mit einer eigenen Bildsprache auf die Flächen bringen – digital wie stationär. Wir bringen für ausgesuchte Partner Hemden und Blusen ,made in Passau‘ im August – wir fertigen eine limitierte Stückzahl also wieder in der niederbayerischen Zentrale, wo nach wie vor extrem viel Handwerkskunst und Fertigungs-Know-how vorhanden sind.
Für die übergreifende Kommunikation haben wir für ein Fotoshooting die schönsten Plätze in Wien gewählt, schließlich wurde ETERNA 1863 in der österreichischen Hauptstadt gegründet. Wir sind aber auch in den sozialen Medien permanent unterwegs und erzählen über die Marke und ihre Geschichte, im Juni beispielsweise kommen unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu Wort. In der Reihe ,Menschen bei ETERNA‘ stellen wir neben den Warenthemen auch diejenigen vor, die jeden Tag zum Teil über 30, 40 Jahre mit Leidenschaft am Erfolg der Marke arbeiten.“

Wie binden Sie das Auslandsgeschäft ein?
„Die Themen und Aktionen sind so gewählt, dass sie auch in ausländischen Märkten sehr gut funktionieren.“

„Wer hätte an eine Pandemie solchen Ausmaßes gedacht oder eine so hohe Inflation erwartet? Aber Aufgeben war nie eine Option, auch wenn ich nun wahrlich nicht jeden Tag vor Lachen in den Schlaf kam. Wir haben eine Verantwortung, unsere Mitarbeitenden und das Unternehmen sicher durch die Krisen zu führen.“

Wie läuft es jenseits der Grenzen?
„Tatsächlich haben wir im zurückliegenden Jahr mit dem Export bereits schon wieder über dem Niveau von 2019 gelegen und auch dieses Jahr zeichnet sich eine gute Entwicklung ab. In Europa, unserem Kernmarkt, wachsen wir zweistellig. Da bin ich sehr zufrieden. Wir sind 2021 in den USA gestartet und bereiten gerade den Markteintritt in Japan vor. Zudem haben wir in China Partner gefunden, mit denen wir erste Gehversuche unternehmen. Auch in diesen Märkten sehen wir, dass unsere Marke mit ihrer 160-jährigen Geschichte funktioniert und die Produkte stark nachgefragt werden. Schwieriger ist im Moment der deutsche Markt. Wir wachsen auch hier, aber haben noch nicht wieder das Niveau von 2019 erreicht. Die Kaufzurückhaltung durch den Ukraine-Krieg und seine Folgen, etwa die hohe Inflation, machen sich in dem preissensiblen Deutschland stärker bemerkbar als im Ausland. Auch wenn wir weiter wachsen, gestaltet sich das Online-Geschäft hierzulande im Moment schwieriger, aber die Entwicklung der ausländischen Online-Shops ist sehr erfreulich.“ 

Wie viel Umsatz wollen Sie im Ausland mittelfristig erreichen, welche Länder stehen ganz oben auf der Liste?
„Mittel- bis langfristig halte ich eine Quote von 50 Prozent für realistisch. ETERNA funktioniert international. Der Name und unsere Produkte werden von den Konsumentinnen und Konsumenten leicht verstanden. Ich erwarte gerade auch von den USA und Asien in der näheren Zukunft starke Wachstumsimpulse – online und mit stationären Partnern.“

Hemd und Bluse für Generationen

Derzeit haben Messen zu kämpfen, aber ganz ohne Plattformen wird es schwerlich gehen. Sie haben verschiedene Showrooms, aber was wird aus den Messen?
„Wir gehen mit wenigen Ausnahmen wie Kopenhagen oder Amsterdam nicht mehr auf Messen, sondern setzen verstärkt auf unsere Showrooms, insbesondere den in Düsseldorf. Was Deutschland angeht, ist es derzeit schwierig, eine Plattform zu etablieren, auch wenn es wünschenswert wäre, ein deutsches Forum zu haben. Wir hatten tolle Messezeiten erlebt, aber ebenso schwierige. Das Messegeschäft unterliegt ganz offensichtlich Zyklen.“

Inzwischen nehmen die Hersteller das Heft in die eigene Hand und sprechen den Endkunden in den eigenen Filialen, aber auch mit Social Media direkt an. Inwiefern verschiebt ETERNA da seine Schwerpunkte?
„Schon vor Corona haben wir unsere Kampagnen kanalübergreifend digital und stationär gespielt. Print ist aber nicht tot, im Gegenteil, und wird auch für uns immer eine interessante Beimischung im Marketingmix bleiben. Digitale Ausspielungen sind insbesondere deswegen interessant, weil sich die Erfolge zielgenau messen lassen und Streuverluste über smartes Targeting und zielgenaues Ausspielen minimiert werden können. Social Media sind mit ihren unterschiedlichen Facetten natürlich nicht mehr wegzudenken als Baustein der Kommunikation, aber die Kosten-Nutzen-Relation muss dabei genau im Auge behalten werden.
Egal welcher Kommunikationsweg – es kommt aber immer noch auf die Inhalte und die Zielgruppe, die man erreichen will, an. Sie können nicht alles über einen Kamm scheren: weder den Handel noch die Konsumentinnen und Konsumenten. Das blickdichte Cover Shirt können wir durchaus über Social Media spielen, bei ganz klassischen Businesshemden fehlt hingegen bisweilen das Differenzierungsmerkmal. Dafür sind die klassischen Kanäle derzeit noch besser. Unterm Strich bleibt Kommunikation eine komplexe Angelegenheit.“

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 Sie haben Corona verkraftet, das StaRUG-Verfahren erfolgreich durchlaufen und dann kam der Ukraine-Krieg. Gab es in den zurückliegenden drei Jahren auch einen Moment, in dem Sie ans Aufgeben gedacht haben?
„Klar kommt man auch ins Grübeln, zumal viele Herausforderungen der heutigen Zeit kaum mehr berechenbar sind. Wer hätte an eine Pandemie solchen Ausmaßes gedacht oder eine so hohe Inflation erwartet? Aber Aufgeben war nie eine Option, auch wenn ich nun wahrlich nicht jeden Tag vor Lachen in den Schlaf kam. Wir haben eine Verantwortung, unsere Mitarbeitenden und das Unternehmen sicher durch die Krisen zu führen. Und das ist uns bislang ganz gut gelungen.“

Welche Lehren haben Sie aus dieser Zeit gezogen?
„Wir müssen lernen, uns von sicher geglaubten Wahrheiten und festgeschriebenen Gesetzmäßigkeiten im Markt zu verabschieden. Sicher ist es wichtig, eine Strategie zu haben und diese auch stringent umzusetzen. Aber genauso wichtig ist es, taktisch klug zu agieren und sich eine entsprechende Flexibilität zu erarbeiten.“

 Bleibt es bei Ihrer Einschätzung von Anfang Februar dieses Jahres, kommen wir wieder in ruhigeres Fahrwasser?
„Ich finde den Umsatz draußen gar nicht so schlecht, wie er besprochen wird. Natürlich belasten Insolvenzen der Größenordnung von Karstadt oder P&C oder auch aufseiten der Markenindustrie. Trotzdem denke und hoffe ich, dass es nicht so viele Unternehmen treffen wird wie befürchtet. Viele unserer Handelskunden haben das Niveau von 2019 wieder überschritten. Die Krise macht uns alle auch resilienter und konsumentenseitig wird sich die Situation auch wieder normalisieren, auch wenn gerade die zurückliegenden drei Jahre gezeigt haben, dass wir die Zukunft nicht schönrechnen können und wir mit der Unplanbarkeit leben müssen. Es wird nicht leicht, aber wir haben Grund zum Optimismus.“

Der Handel shiftet auf NOS um. Was bedeutet das für ETERNA?
„Wir reflektieren natürlich die Nachfrage, die gerade aus dieser Richtung kommt. Deswegen stärken wir unser NOS-Programm. Einmal, was die Produkte und den Modegrad angeht, aber auch im Marketing und dem Markenauftritt, der Bildsprache. Sich aber allein auf Basics zu verlassen, ist zu kurz gesprungen: Denn wir brauchen Kollektionen mit frischen Themen und Innovationen, um die Attraktivität am PoS zu erhalten!“

Und was wird im Umkehrschluss aus der Order, wie sehen in der Zukunft die Größenverhältnisse aus?
„Deswegen müssen wir schon vorsichtig sein. Das NOS ist nicht endlos erweiterbar. Ein Anteil von 80 oder sogar 90 Prozent ist unrealistisch. Im Moment liegen wir etwas über 50 Prozent, vor der Krise lag der Anteil von NOS bei 45 Prozent. Die Order ist aber wichtig, schon allein um Innovation in die Mode zu bekommen und frischen Wind auf den Flächen zu erzeugen, um so die Attraktivität der Marke besser ausspielen zu können.“

Was kommt im Sommer an modischen Highlights, können Sie einen ersten Überblick geben?
„ETERNA zeigt 2024 in der DOB optimistische, vielseitige Kollektionen mit einem Schwerpunkt auf kräftigen Sorbetfarben. Grafische Dessins zeichnen die Kollektion aus, neu sind Soft Geometrics sowie Sunset Shades, Prints mit weich ineinander verlaufenden Konturen und Farbflächen. Highlights in der Premiumlinie 1863 by ETERNA sind die Total Looks aus Bluse und weit geschnittener Hose in gewaschenem Leinen, feinem Popeline und einem modernen Oversize-Paisley-Dessin.
Dem modischen Mann bietet unsere sommerliche Farbpalette zu jeglichem Anlass das perfekte Hemd. Das Highlight der Kollektion ist aber die Leinenkapsel, dort trifft ein neues Kaki kombiniert mit eisigen Blautönen auf abstrakte florale Prints.“

160 Jahre

Im Jahr 1863 eröffnen die Brüder Hönigsberg einen Laden für das Schneiderhandwerk in Wien und produzieren selbst Hemden, die seit 1880 mit der Marke Bienenkorb geschützt werden. 1882 melden die Brüder Hönigsberg ihr erstes Patent an. Sie haben eine Technik erfunden, die es mittels spezieller Nähte an Schultern und Kragen dem Träger erlaubt, sich seine Kragenweite selbst einzustellen. 1896 geht die erste Fabrik in Betrieb. 1923 bringt das Unternehmen den halbsteifen Kragen auf den Markt. Der Produktname „Eterna“ – lateinisch für „ewig“ – soll die Langlebigkeit zum Ausdruck bringen. 1925 lässt sich Robert Hönigsberg die Marke Eterna in Deutschland markenrechtlich schützen. Im Jahr 1927 eröffnet er im niederbayerischen Passau eine zweite deutsche Niederlassung. 1935 will die Passauer Industriegesellschaft (PIAG) Eterna übernehmen. Robert Hönigsberg nach politischem Druck seine Herrenwäschefabrik mitsamt Fuhrpark, Maschinen, Stoffen und der Berliner Niederlassung an die PIAG verkaufen.

Nach dem Krieg eröffnet der PIAG-Vorstand im Herbst 1946 die Großwäscherei Lina. Eterna und Lina fassen wieder Tritt. 1952 bringt Eterna erste Blusen auf den Markt. 1981 erfindet die Marke das erste bügelfreie Hemd aus 100 Prozent Baumwolle. Inzwischen Teil der Ahlers AG eröffnet Eterna 1997 eine neue Produktionsstätte im slowakischen Bánovce, rund 500 Kilometer von Passau entfernt. Im Herbst 2004 eröffnen Franchise-Nehmer im Koblenzer Löhr-Center und im Olympia-Einkaufszentrum in München die ersten Pilot- Stores. 2006 kauften die Finanzinvestoren der Frankfurter „Alpha-Gruppe“ das Unternehmen von der Ahlers AG. Unmittelbar nach der Übernahme beteiligt sich neben Alpha auch der Investor Quadriga Capital am Unternehmen. Die Anteile waren in etwa gleich hoch. 2013 erwirbt Quadriga die Anteile von Alpha und hält nun an Eterna 85 Prozent.  Im gleichen Jahr wird auch Henning Gerbaulet neuer CEO von Eterna. Im 2021 wurde der Restrukturierungsplan zur Umsetzung eines StaRUG-Verfahrens bestätigt. Durch die Bereitstellung von frischem Kapital durch Quadriga Capital und den neuen Gesellschafter Robus konnte das Unternehmen Finanzierungsrisiken in Folge der COVID‐19‐Pandemie vom intakten operativen Geschäft abwenden.