Insolvenzwelle
Die aktuelle Welle von Insolvenzen im Mode- und Schuhhandel von Firmen wie Peek & Cloppenburg, Gerry Weber, Reno oder Görtz sorgt viel Diskussionsstoff in der Branche, teilt der Handelsverband BTE mit. Etliche Händler seien verärgert und mutmaßten, dass sich das eine oder andere Unternehmen vor allem durch ein Verfahren in Eigenverwaltung zum Schaden Dritter sanieren wolle – und damit auch die Wettbewerbsposition gesunder Mitbewerber auf Kosten der Allgemeinheit beeinträchtige. „Vor allem Mittelständler, die mit ihrem Vermögen für ihr wirtschaftliches Handeln haften, sehen eine Ungleichbehandlung und befürchten, dass Unternehmen mit einem nicht rentablen Geschäftsmodell durch die Entschuldung per Insolvenz künstlich am Leben gehalten und damit notwendige Marktbereinigungen verhindert werden“, so der Handelsverband. Die aktuellen Insolvenzen schädigten die Reputation und das Image der gesamten Textil- und Schuhbranche. Das habe Auswirkungen auf alle Unternehmen – vom Banken-Rating bis zum Recruiting guter Mitarbeiter und Auszubildender im Wettbewerb mit anderen Wirtschaftszweigen. Problematisch sei vor allem das Risiko, dass für die Branche wichtige Lieferanten durch die Forderungsausfälle selbst in die Insolvenz getrieben würden.
Allerdings sollte grundsätzlich beachten werden, dass es gesetzlich ist klar geregelt sei, wann eine Insolvenz angemeldet werden müsse. „Es gibt hier klare Vorgaben und Fristen und vergleichsweise wenig Bewertungsspielraum. Gleichzeitig machen sich die Verantwortlichen der betroffenen Unternehmen strafbar(!), wenn sie einen Insolvenzantrag auch nur verschleppen. Umgekehrt ist es kaum möglich, willkürlich eine Insolvenz kurzfristig herbeizuführen. Denn der Insolvenzverwalter prüft alle Vorgänge der letzten drei Jahre und kann für das Unternehmen nachteilige Verträge oder Vorgänge anfechten“, betont der BTE weiter.
Nicht vergessen dürfe man überdies, dass gerade Großbetriebe in teuren Frequenzlagen überdurchschnittlich unter den Einschränkungen der Corona-Pandemie gelitten hätten und etliche nach BTE-Einschätzung aktuell noch nicht das Umsatzniveau von 2019 erreichen. „Zudem durften die Branchenriesen zu Beginn keine Überbrückungshilfe beantragen und mussten auf KfW-Kredite ausweichen, die nun zur Rückzahlung anstehen. Zum Ende der Pandemie waren die umsatzstarken Ketten zwar ebenfalls antragsberechtigt, wegen der Deckelung der Hilfszahlungen wurde aber oft nur ein Bruchteil der angefallenen Verluste (z.B. hohe City-Mieten) ausgeglichen. Viele Mittelständler erhielten dagegen Überbrückungshilfen im zweistelligen Prozentbereich vom Umsatz“, heißt es weiter. Angesichts dieser politischen Benachteiligung der Großbetriebe sei eine Schieflage mancher Filialisten bereits im Vorfeld zu befürchten gewesen. Einen Gutteil der Schuld für die aktuelle Insolvenzwelle von großen Mode- und Schuhfilialisten müsse sich die Politik anrechnen lassen.