Autorin: Tays Jennifer Köper-KelemenDas hohe Retourenaufkommen im E-Commerce verursacht Händlern viel Aufwand und Kosten, auch stellt es als Umweltbelastung ein Problem dar. Das Start-up-Unternehmen sizekick aus München hat sich auf die digitale Größenempfehlung zur Vermeidung von Rücksendungen spezialisiert. Das eigens entwickelte System startet zum dritten Quartal 2023 für den breiten Markt.
Die Retouren von Waren bedeuten hohe Umweltbelastungen, zudem einen nicht geringen Arbeitsaufwand und zusätzliche Kosten für Handelsunternehmen. Um hohe Retourenzahlen zu vermeiden, steht laut der Studie „Versand- und Retourenmanagement im E-Commerce 2022“ des EHI Retail Institute vor allem eine verbesserte Kundenkommunikation mit höherer Transparenz im Fokus von Händlern. Es werde demnach verstärkt in IT-Systeme investiert und Automatisierung vorangetrieben. Retouren will man bestenfalls gar nicht erst entstehen lassen. Als Maßnahmen kommen nach Erhebung detaillierte Produktbeschreibungen in Online-Shops sowie Kontaktmöglichkeiten für persönliche Beratungen zum Tragen, zudem das Forschen nach Gründen für Retouren. Hohe Quoten machen sich dabei gerade im Segment Fashion und Accessoires bemerkbar: Rund ein Viertel der befragten Händler gibt an, dass sich diese auf bis zu 50 Prozent belaufen. 12 Prozent der befragten Händler zeigen sogar ein Aufkommen von bis zu 75 Prozent an.
Digitale Größenempfehlung
An einer Verbesserung des Managements von Retouren knüpft das im Sommer 2022 gegründete Start-up-Unternehmen sizekick aus München an, das sich speziell des Problems um größenbedingte Rücksendungen angenommen hat. In Kooperation mit dem Hohenstein Institut als Partner und Investor bietet sizekick nunmehr eine digitale Größenempfehlung an. Via Smartphone können dank einer eigens entwickelten Software genaue Körpermaße von Online-Shoppern erfasst werden, diese erleichtern beim Einkaufen wiederum das Finden der benötigten Größe im Online-Shop. Die ermittelten Daten sollen höchst präzise sein, die eingesetzte künstliche Intelligenz zur Generierung der Daten kontinuierlich dazulernen. Zudem soll das System schnell und einfach funktionieren und in E-Shops integriert werden können. „Das Feedback aus dem Markt und die Gespräche mit zukünftigen Partnern aus der Fashion- und Sportbranche sprechen eine eindeutige Sprache. Es wird ein echter Problemlöser beim Thema Sizing gesucht, der bei der Größenempfehlung die unterschiedlichen Körperformen der Userinnen und User, aber auch die Unterschiede der einzelnen Styles und Brands berücksichtigt. Genau das können wir bei sizekick bieten und heben Sizing im E-Commerce damit auf ein neues Level“, sagt sizekick-CEO David Oldeen. Im zweiten Quartal 2023 will das Unternehmen den Start der digitalen Größenempfehlung über einen Soft Launch mit ausgewählten sizekick-Partnershops angehen. Ab dem dritten Quartal 2023 ist es geplant, sich für den gesamten Fashion-E-Commerce-Markt zu öffnen. Fashion Today hat Oldeen nach Herausforderungen in der Entwicklung und künftigen Plänen gefragt.
„Aktuell sehen wir noch zu viel ‚Größenfrust‘ beim E-Shopping.“
FT: Herr Oldeen, welches wesentliche Problem möchten Sie im Zusammenhang mit Retouren lösen?
David Oldeen: „Eines der größten Probleme im Zusammenhang mit Retouren ist tatsächlich die Größenunsicherheit, wodurch viele Shoppende den gleichen Artikel in verschiedenen Größen bestellen. In diesen Fällen sind unnötige Retouren und damit Belastungen für unsere Umwelt bereits beim Klick der Bestellung garantiert, unter anderem wegen Transport, Verpackung, Reinigung oder Vernichtung. Deshalb gehen wir das Retourenproblem bereits vor der Bestellung an und wollen mit sizekick das Vertrauen der Userinnen und User für eine fundierte Größenempfehlung noch vor dem Kauf gewinnen und Schritt für Schritt gelerntes Bestellverhalten nach dem Motto ‚Schrei vor Glück! Oder schick’s zurückʻ aufbrechen.“
Was war in der Entwicklung Ihrer digitalen Größenempfehlung die größte Herausforderung?
„Unser Ziel ist es, Fashion-Online-Shops die präziseste Größenempfehlung auf dem Markt anzubieten, um größenbedingte Retouren zu vermeiden. Dies geht aus unserer Sicht nur, wenn man bei der Größenempfehlung auf extrem genaue Körpermaße der Online-Shoppenden zurückgreifen kann, die ja mithilfe eines Smartphones erfasst werden. Wenn man bei den digital ermittelten Körpermaßen ein paar Zentimeter danebenliegt, springt man ganz schnell ein oder zwei Größen zur nächsten, voraussichtlich falschen Größe. Dank der jahrelangen Erfahrung von sizekicks Tech-Team rund um Mitgründer Jake Lydon ist es uns gelungen, unsere hohen Ansprüche an die Genauigkeit der mobil erfassten Körpermaße sogar schon heute zu übertreffen. Uns ist kein vergleichbar genaues System im Zusammenspiel mit einem Smartphone bekannt. Diese genauen Körpermaße übersetzt die neu entwickelte sizekick-KI (künstliche Intelligenz) in die passende Bekleidungsgröße für den Artikel, den der oder die Online-Shoppende im Shop kaufen möchte. Ein unschätzbarer Vorteil und riesiger Beschleuniger für sizekick war bei der Entwicklung der neuen KI die strategische Partnerschaft mit Hohenstein (www.hohenstein.com). Dadurch konnte die KI mit einer der größten 3-D-Körperscan-Datenbanken der Welt trainiert und die sizekick-Größenempfehlung mithilfe von über 75 Jahren Expertenwissen im Bereich Size & Fit entwickelt werden.“
Haben Sie Pläne, Ihre Software künftig noch weiter auszubauen? Was wäre für Sie als Mehrwert für Konsumenten und/oder Handel noch denkbar?
„Bei sizekick sind wir überzeugt, dass alle positiven Entwicklungen von der Zufriedenheit der Online-Shoppenden ausgehen, die mithilfe von sizekick online die passende Bekleidungsgröße gefunden haben. Aktuell sehen wir noch viel zu viel ‚Größenfrust‘ beim Online-Shopping und viel zu viele unnötige Retouren, die unsere Umwelt belasten. Im Zusammenspiel mit zufriedenen sizekick-Userinnen und -Usern sowie sizekick-Partnershops können wir in der Zukunft mehr Transparenz in den Retourenprozess bringen und Gründe für Retouren ausfindig machen. Marken werden erstmals die Möglichkeit haben, echtes Fit-Feedback von echten Kunden zu erhalten, um gegebenenfalls einen ‚Realtiy-Check‘ zwischen ihrer ausgerufenen Zielgruppe und den tatsächlichen Kundinnen und Kunden machen zu können. Wir haben viele Ideen in der Pipeline, um den Fashion-E-Commerce nachhaltiger zu gestalten. Wir werden dabei dem Thema ‚Size & Fit‘ treu bleiben.“