„Wir haben am Beuerhof gerade einen gemeinnützigen Verein gegründet und der Seminarbetrieb wird von einer neuen GmbH geführt“, meldet sich Dieter Scholz am Telefon in der Redaktion von FT. „Es ist alles auf Neustart“, freut sich Dieter, der nun den Fortbestand seines Seminarzentrums Beuerhof, das er über mehrere Jahrzehnte aufgebaut hat, in trockenen Tüchern weiß. Endlich! Denn, das betont er immer wieder, der Beuerhof ist besonders. „Wer weiß, vielleicht ist auch das der Grund, weswegen wir die Corona-Pandemie überlebt haben, als plötzlich alle Buchungen storniert wurden und wir von jetzt auf gleich keine Einnahmen mehr hatten“, sagt Dieter. Nun also geht es weiter mit der Kult- und Begegnungsstätte in der Eifel.
Dieter Scholz bezeichnet die 1990er-Jahre mit Blick auf das Seminarzentrum als Zeit des Erwachens. Damals besuchte der Häuptling der Lakota-Indianer, Archie Fire Lame Deer, den Beuerhof. Archie ebnete den Weg für ein neues Bewusstsein, er weihte das Gelände und es wurde zur Begegnungsstätte, zum Kraftfeld für seine Besucher. Bis in die Gegenwart hat Dieter enge Beziehungen zu den Lakota. Und erst vor wenigen Wochen war John Fire Lame Deer zu Besuch auf dem Beuerhof. Der Sohn von Archie Fire Lame Deer, Ende 40, hält dort regelmäßig Zeremonien in der Schwitzhütte ab und gibt das weiter, was schon Generationen vor ihm weitergegeben haben. In den niedrig gebauten igluförmigen Weidenhütten werden in einem Ritual glühend heiße Steine gelegt. John Fire versetzt die Teilnehmer mit Gebeten und Gesang in die Lage, sich neuen Erfahrungen zu öffnen und zugleich zu sich zu kommen und im wahren Wortsinn geerdet zu werden.
„Die Inipi-Zeremonie reinigt uns von all unseren Unterschieden und macht uns Eins mit der ganzen Schöpfung“, so sagte einst Archie Fire Lame Deer. „Die Anordnung des Schwitzhüttenaltars symbolisiert das Zusammenwirken von Mutter Erde (Hütte), Vater Sonne (Feuer), Großmutter Mond (Altar) und dem Lebensbaum, dem zentralen Motiv für den spirituellen Weg der Lakota. Es geht darum, das loszulassen, was bedrückt und schmerzt – und in die Verbundenheit mit der Gemeinschaft aller Geschöpfe, der Erde und des Universums zu kommen“, erläutert Dieter Scholz.
Seminar- und Selbstfindungsbühne
Die Schwitzhütten sind Teil einer besonderen Seminar- und Selbstfindungsbühne für einzelne Personen und auch Gruppen von 20 Teilnehmern und mehr; das Anwesen verfügt über mehr als 100 Schlafplätze in den verschiedenen Schlafhäusern und im Tipidorf. Dieter bietet hier auch Trommelworkshops verbunden mit dem Bau eines eigenen Instruments an. In einem anderen Workshop, der über vier Tage geht, können sich Interessierte mit den Traditionen der Lakota vertraut machen oder eine Reise zu sich selbst antreten.
Der Beuerhof eignet sich für Unternehmungen, Erfahrungen und kleine Abenteuer – inmitten der Natur. Das Programm ist vielfältig und umfasst Natur-Solos, Teamentwicklung, Kreisarbeit und Hand- und Gartenarbeit, ebenso wie die Beschäftigung mit Jahresfesten und -übergängen, Wildnis-Skills und Essen aus der Natur (je nach Jahreszeit). Kunden wie die Deutsche Telekom, Lufthansa oder dm buchen regelmäßig die Angebote des Beuerhof oder nutzen seine Räumlichkeiten für eigene Veranstaltungen. Einzige Bedingung: Die Veranstaltungen dürfen den kultischen Kodex des Beuerhof nicht verletzen.
Bereits vor 3000 Jahren hatten die Kelten hier ihre Zeremonienplätze. Vor 2000 Jahren war der Hof eine Pferdewechselstation der Römer an der Heerstraße, die von Trier nach Köln führte. Der kleine Gewölbekeller und die Grundmauern sind noch aus dieser Zeit, während ein anderer Teil der alten Bausubstanz aus dem 15. und 16. Jahrhundert stammt. Damals dienten der Platz und die umliegenden Wälder Köhlerfamilien zur Herstellung von Holzkohle. Im 18. Jahrhundert war der Hof dann ein kleiner landwirtschaftlicher Betrieb. Anfang 1900 lebten hier vier Geschwister. Als 1922 das Dorf Üxheim mit Strom versorgt werden sollte, weigerten sie sich, die seinerzeit fälligen 35 Kronen zu bezahlen, mit dem Hinweis, dass sie diesen „modernen Kram“ nicht brauchten. Auch später wurde das Objekt aus Kostengründen nie an eine Stromleitung angeschlossen. Während des Kriegs befand sich im alten Burghof eine Flakstellung und der Hof wurde als Sitz der Garnison genutzt. Im Jahr 1955 erwarb ein Kölner Geschäftsmann den Resthof.
1967 traf dann Dieter Scholz eine Entscheidung, die sein Leben bis heute bestimmt: Er kaufte den Beuerhof mit der Absicht, dort ein Feriendomizil zu errichten. Zu diesem Zeitpunkt wusste er freilich noch nicht, dass er auf dem besten Wege war, eine Kult- und Begegnungsstätte der besonderen Art zu erschaffen – einen Fluchtort aus dem Alltagsleben, wie es ihn nur selten gibt.
Kraftort
Der Eifelindianer
Dieter Scholz ist in der Branche und speziell in der Menswear kein Unbekannter. 1956 ließ er sich zum Dekorateur ausbilden und machte sich mit dem Job wenige Jahre später selbstständig. Fortan zog Dieter durch das Umland und dekorierte Schaufenster von Textilhändlern. Er heiratete seine Freundin Dorly und wurde Vater. 1970 kam er über Jobs auf den Modemessen zum Modeln, was ihn rund um den Erdball führte. Dieter machte Shootings in Kenia, kletterte auf den Kilimandscharo, arbeitete in Brasilien, in den USA und in China. Damit war 1985 Schluss, Dieter gründete eine Werbeagentur und wechselte hinter die Kamera. Er hatte zwischenzeitlich fast 30 Angestellte, die Geschäfte liefen gut. 1989 kam die nächste Wende: Dieter Scholz wurde Herausgeber und gründete FASHION TODAY MEN, das er dann 2016 an den heutigen Eigentümer verkaufte. „Mal sehen, was das Leben für mich noch bereithält. Der Beuerhof wird als Begegnungsstätte auch über mich hinaus in die Zukunft gehen. Es werden andere kommen, die Verantwortung übernehmen“, sagt Dieter. Er feierte in diesem Februar seinen 85. Geburtstag. Ans Aufhören denkt der „Eifelindianer“ aber nicht.
Mehr Infos und Buchungsmöglichkeiten unter www.beuerhof.info