„Überraschend gut“

EK

Die Übernahme der niederländischen Euretco war ein Glücksgriff. ©Screenshot www.ek-retail.com

Autor: Markus Oess
Läuft gerade bei der EK in Bielefeld. Der Mehrbranchenverbund meldet für das zurückliegende Jahr erfreuliche Zahlen und sieht sich für die nahe Zukunft gut gerüstet. Auch die Mode, immerhin das zweitgrößte Segment der Gruppe, legt zu. Jetzt kündigen die Bielefelder die Beteiligung an Tomo an. Hinter Tomo stecken das Wort „tomorrow“ und ein Einzelhandelskonzept in Den Haag, das sich um Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft dreht. Eigene Geschäfte sind aber auch in Zukunft kein Thema.

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Wir haben unsere internen strategischen Ziele deutlich übertroffen.“ Thomas Schwab, Head of Sales & Marketing D-A-CH, EK Fashion ©EK Fashion

Das zurückliegende Jahr lief für uns im Geschäftsfeld Fashion überraschend gut. Insgesamt haben wir 2022 einen Zuwachs von über 20 Prozent eingefahren. Damit haben wir unsere ambitionierten internen strategischen Ziele deutlich übertroffen und bewegen uns in der D-A-CH-Region mit großen Schritten auf das Niveau von 2019 zu. In den Niederlanden ist der PoS-Umsatz sogar schon deutlich über 2019“, sagte Thomas Schwab, Head of Sales & Marketing D-A-CH im Geschäftsfeld EK Fashion, auf der zurückliegenden EK LIVE in Bielefeld. Die stationären Modehändler konnten im Frühjahr/Sommer 2022 bereinigt zweistellig zum Vorjahr zulegen, im Herbst hatte sich die Wachstumskurve etwas abgeschwächt. Der Krieg und die hohe Inflation haben sich dann doch bemerkbar gemacht. „Aber von einem generellen Konsumeinbruch kann ich nicht sprechen, ganz im Gegenteil, unsere Händler haben im Dezember 2022 schon wieder einen enormen Zuwachs von 40 Prozent im Vergleich zu Dezember 2021 erzielt. In dieser Deutlichkeit mehr als überraschend“, so Schwab. Mit der Integration der österreichischen Modering-Händler konnten die Bielefelder 34 neue Händler gewinnen. „Das stärkt nicht nur unsere Präsenz jenseits der Alpen, sondern ist auch Ausdruck unserer immer weiter steigenden Internationalität. Da wird noch einiges weiteres Positives in naher Zukunft zu berichten sein“, kündigt Schwab an.

Schwab hebt im Gespräch mit FT besonders auf die Weiterentwicklung der EK-Eigenmarken St. Barth, MMZ, Babyface, Inshape und Born with Appetite ab. Es laufe gut mit den Marken, die inzwischen auch eine gute Balance zwischen modischer Innovation auf der einen Seite und Lieferfähigkeit und Preislagenaufbau auf der anderen Seite hätten. Bei der DOB wurden Leinen und generell Kleider gut abverkauft. St. Barth (klassische DOB) und In Shape (Casual-Marke in der DOB) kämen bei den Verbraucherinnen immer besser an. „In der Menswear trifft MMZ Marco Manzini mit seinem gepflegteren, angezogeneren Stil den Geschmack unserer Endkunden und vereint damit sehr gut den Mix aus Casual und sportiver Formal Wear. Wir bieten mittlerweile eine fast komplette Kollektion für alle Anlässe an. Besonders stark haben sich Strick und Hemd entwickelt. Für die noch etwas modischeren, jungen Männer komplettieren wir mit SUPPLY & CO als sportivem Impuls unser Angebot. Born with Appetite rundet das Programm als modische Spitze ab“, fasst Schwab das Menswear-Programm zusammen. Bei den Eigenmarken arbeiten die Bielefelder mit einer Kalkulation von über 3,5.

Natürlich sei es gerade in der Corona-Zeit ein Riesenvorteil gewesen, im Mehrbranchenverbund der EK zu agieren, weil Händler viele arrondierende Sortimente aufnehmen und gleichzeitig die rückwärtigen Dienste der Gruppe nutzen konnten. Nun kündigt der Manager ein weiteres Angebot an, das die vertriebliche Digitalisierung der angeschlossenen Händler erleichtern soll. Mit STOCKSQUARE – ein Joint Venture von OTTO und ECE – sind die Bielefelder eine strategische Partnerschaft eingegangen, die es den Mitgliedshäusern ermöglicht, mit einem überschaubaren Aufwand gleich auf fünf verschiedenen relevanten Marktplätzen zu verkaufen. Dazu zählen amazon, OTTO, ABOUT YOU, Lemgo und Digital Mall. „Ein weiteres Online-Schwergewicht wird Ende des Jahres ebenfalls freigeschaltet werden. Und wir schalten bei compravo nun auch Fashion auf, nachdem wir die zehnmonatige Pilotphase mit dem Kaufhaus SÄMANN erfolgreich abgeschlossen haben“, berichtet Schwab.

Auch bei GreenChange, einem Flächenkonzept im Bereich der Nachhaltigkeit, gibt es Neuigkeiten. So wurde das Programm auf die Wäsche ausgeweitet. Mittlerweile ist das Lieferantenportfolio im Bereich Nachhaltigkeit auf über 18 Lieferanten angewachsen. Die EK berät und schult die Mitarbeiter vor Ort. Ab April 2023 soll die erste Fläche in Österreich beim Modehaus Kutsam an den Start gehen. „Außerdem haben wir uns an Tomo beteiligt, dies aber ohne operative Verantwortung. Hinter Tomo stecken das Wort ,tomorrow‘ und ein Einzelhandelskonzept in Den Haag, das sich um Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft dreht. Die Fläche wird im März 23 an den Start gehen und unter anderem auch den Industriepartnern für ihre Tests Pop-up-Flächen zu Verfügung stellen“, sagt Schwab.

Im Zitat

Mit den vorläufigen Geschäftszahlen 2022 zeigt sich der EK-Vorstand überaus zufrieden. Für die EK Retail mit sechs Geschäftsfeldern springt dabei ein deutliches Umsatzplus von 9,3 Prozent auf rund 2,4 Milliarden Euro gegenüber dem Vorjahr heraus. Deutlich zugelegt haben die Business Units EK Fashion, EK DIY und EK Sport. Parallel zur Umsatzentwicklung stellen die EK-Verantwortlichen erneut ein positives Jahresergebnis in Aussicht. Martin Richrath ist seit wenigen Monaten Vorstandschef der Bielefelder EK. Wir haben ihn auf der ambiente in Frankfurt getroffen und ihn nach der strategischen Rolle der Mode in seiner Verbundgruppe, nach Warenhauskonzepten und Allianzen gefragt. Hier seine Antworten:

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Wir fühlen uns in der regionalen Verbundenheit und den selbstständig geführten Warenhäusern sehr wohl.“ Martin Richrath ©EK

Martin Richrath über die strategische Rolle der Fashion innerhalb der Gruppe„Wir haben sechs operative Felder. Die Fashion ist allein nach Umsatz der zweitwichtigste Bereich und nimmt nach der Übernahme der Euretco eine strategische Schlüsselrolle ein. Der Zusammenschluss mit unseren niederländischen Kollegen hat uns einen wahren Kompetenzschub gegeben, wenn wir über Mode, Service und Business Intelligence sprechen. Gerade was die Eigenmarken angeht, profitieren wir sehr stark davon. Fashion ist für uns ein definiertes Wachstumsfeld, das wir gezielt ausbauen wollen. Nun konnten wir durch die Auflösung des Moderings in Österreich auf einen Schlag 34 neue Mitgliedshäuser integrieren. Nicht ohne Grund haben sich diese Häuser für uns entschieden.
Der Kompetenzzuwachs zeigt sich übrigens auch in den Zahlen. Wir sind im vergangenen Jahr mit der Mode stark gewachsen. Treiber waren hier die Niederlande mit zweistelligen Zuwächsen auch auf der Fläche. Und wir sehen immer noch Wachstumschancen, da die Konsolidierung im Markt nicht abgeschlossen ist.“

Martin Richrath über das Warenhauskonzept und seine Zukunft
„Der Markt im Segment Warenhaus lässt sich aufteilen in urbane, zentral geführte Kaufhäuser und Stand-alone-Lösungen, die regional verankert sind, wie unsere Mitgliedshäuser sie betreiben. Die aktuellen Geschehnisse spiegeln die Zukunftsfähigkeit beider Konzepte wider. 

Wir fühlen uns in der regionalen Verbundenheit und den selbstständig geführten Warenhäusern, die sich mit gewachsenen Strukturen, den regionalen und lokalen Gegebenheiten einfügen, sehr wohl. Diese Häuser sind zum Teil über mehrere Generationen hinweg das geworden, was sie sind. Diese lokale Marktstärke lässt sich nicht eben mit einem Handstreich einführen. Im Gegenteil, unsere Händler denken inzwischen konzeptionell, strategisch, ohne die Bedürfnisse vor Ort zu vergessen. Auch das ist nebenbei gesagt einer der Gründe, weswegen wir bewusst auf eigenen Einzelhandel verzichten. Zentral gesteuerte Häuser haben kein ausreichend anpassungsfähiges Grundkonzept, um im regionalen Markt dauerhaft erfolgreich zu sein. Der Markt ändert sich natürlich, aber damit wächst auch die Chance, den Wandel aktiv zu gestalten.“

Martin Richrath über Allianzen und Akquisitionen
„Natürlich denken wir gerne groß. Wachstum planen macht ja auch mehr Spaß, als über Kosteneffizienz zu brüten. Aber wir denken auch realistisch. Wenn sich die Gelegenheit bietet, prüfen wir immer sehr genau, ob wir uns verbünden oder vergrößern können. Dass wir Zusammenschluss können, lässt sich einmal mehr an der niederländischen Euretco, die wir im Jahr 2015 übernommen haben, ablesen. Uns ist es gelungen, zwei verschiedene Unternehmen, zwei Kulturen, im Grunde zwei Welten recht geräuschlos und effizient zusammenzuführen und Neues daraus zu schaffen.

Der Markt konsolidiert sich weiterhin und es bietet sich gerade jetzt eine Vielzahl von Möglichkeiten. Daher haben wir uns dazu entschieden, intern eine neue Struktur zu schaffen, um dem Thema Expansion/Akquisition strategischen Raum geben zu können. Außerdem haben wir uns an Tomo, einem neuartigen nachhaltigen Handelskonzept, beteiligt und werden uns im Bereich Datenverarbeitung/CRM strategisch verstärken.“