Autor: Markus OessSeit 2007 schon ist die Well Treasures Holding Limited mit Sitz in Guangzhou Franchisenehmer des Hosenspezialisten C. Brühl. Die Hessen exportieren die Hosen von Deutschland aus ins Reich der Mitte. Bei Verkaufspreisen weit jenseits der 200 Euro war das immer ein lohnendes Geschäft für die Rotenburger. Die Zeichen standen auf Expansion. Doch dann kam das Corona-Virus und alle Räder schienen stillzustehen. Die Zwangsschließungen ließen die Umsätze regelrecht einbrechen und der Franchisenehmer kam nur mit Mühen durch diese Zeit. Jetzt läuft das Geschäft langsam wieder an, sagt Brühl-Geschäftsführer Maro Nachtrab im FT-Interview. Ein Rückblick.
FT: Herr Nachtrab, wenn Sie Bilanz ziehen zu China in der Pandemie: Wie sieht es jetzt nach drei Jahren Corona in den Läden aus?
Maro Nachtrab: „Unser Partnerbetrieb in China hat Federn lassen müssen, aber er lebt noch. Seit es 2020 mit der Pandemie und den rigiden Lockdowns im Land losging bis zur plötzlichen Öffnung Ende vergangenen Jahres, hatten wir – bedingt durch die Zwangsschließungen – massive Umsatzeinbrüche. Von den noch verbliebenen 17 Stores waren maximal vier bis fünf geöffnet. In der Folge hatten wir ein negatives Ergebnis eingefahren. Im Jahr 2022 haben wir dann nicht einmal mehr eine Hose geliefert. Es ging gar nichts. Die Order mussten wir einlagern. Wir hatten vor der Pandemie noch 22 Läden und wollten 15 weitere Läden eröffnen. Jetzt liegen die Expansionspläne auf Eis und ob wir alle 17 Filialen halten können, ist nicht sicher. Die Chinesen können jetzt zwar raus, aber ob sie sich gleich Hosen für einen VK von durchschnittlich 230 Euro kaufen, ist fraglich. Viele konnten nicht arbeiten und hatten damit kein Einkommen, lebten also von der Substanz.“
Wie ist Ihr chinesischer Partner Well Treasures Holding Limited durchgekommen?
„Das waren für unseren Partner Zhihong Li keine einfachen Jahre. Er hatte ja Kosten, aber keine Einnahmen, angefangen vom Headquarter in Guangzhou bis zu den Filialen. Es war unklar, ob er es schaffen würde. Jetzt sagt er, er komme durch, und wir haben die erste Lieferung Hosen seit einem Jahr rausgeschickt. Er denkt, er gehe gestärkt aus der Krise.“
Wie konnten Sie miteinander kommunizieren?
„Ganz klassisch per Telefon, Mail und Videocall.“
Lief das gut?
„Wir waren froh, dass wir uns überhaupt austauschen konnten. Aber die Kommunikation war langsam, zeitversetzt und manchmal auch einfach zäh. Es ist schon ein Unterschied, ob du allein vor einem Bildschirm sitzt und mit einer Gruppe von Menschen sprichst, bei der nur eine Person überhaupt Englisch versteht. Dazu kommen auch kulturelle Unterschiede. Nicht ohne Grund war ich regelmäßig zweimal im Jahr vor Ort, bis die Pandemie ausbrach. Sobald es wieder geht, werde ich diese Tradition wieder aufleben lassen. Du brauchst den Einblick vor Ort.“
Wie haben sich die Preise in der Pandemie entwickelt und welchen Einfluss hatten gegebenenfalls Lieferengpässe darauf?
„Die Preise haben wir nicht angerührt. In der Krise wäre es die denkbar schlechteste Alternative gewesen, mit den Preisen zu spielen. Ich hatte es ja eben schon angedeutet: Der Konsum fokussiert sich zunächst auf andere Dinge, nicht unbedingt auf Bekleidung aus Deutschland. Die Pandemie haben wir auch im Unternehmen gemerkt. Normalerweise haben wir in China rund 12 bis 13 Prozent unseres Gesamtumsatzes gemacht. Wenn da 50 bis 60 Prozent wegbrechen, spürt man das schon.“
Wie lief die Warenversorgung in der Pandemie und wie ist es derzeit, nachdem die Regierung überraschend geöffnet hat?
„Wir lassen ja nichts in China produzieren. Das ist zu teuer und wir haben auch zu kleine Losgrößen, um damit glücklich zu werden. Wir liefern von unserem Lager nach China. So rum geht das auch. Produzieren lassen wir in Tunesien. Es hakt hier und da noch, aber wir merken, dass sich das globale Lieferproblem so langsam auspendelt.“
Was sagen die chinesischen Verbraucher – ist ein Einbruch zu spüren, da auch die Einkommensentwicklung der Chinesen einen Dämpfer erlitten hat?
„Viele Chinesen waren ohne Arbeit und mussten selbst sehen, wie sie über die Runden kommen. Die Einkommensentwicklung ging auch in der Mittelschicht in den letzten drei Jahren nicht gerade durch die Decke. Das Gegenteil war der Fall. Wenn gekauft wird, dann Dinge des täglichen Bedarfs.“
Gab es auch bei Brühl einen spürbaren Shift zu online in der Pandemie und wenn, hat dieser geholfen?
„Online ist in China ein Riesending und hat sich parallel zu stationär entwickelt. Aber abgesehen von wenigen Luxusplattformen wie TMALL von Alibaba, wo auch westliche Marken verkauft werden, dient online in China eher als Abschussrampe für Restanten oder billige Discountware. Das heißt, Sie erzielen maximal den EK, wenn Sie darüber verkaufen. Dann können Sie es auch gleich ganz lassen.“
Wie wird es nun weitergehen, konsolidieren und festigen oder schnelle Expansion, wenn es sich anbietet?
„Ganz klar konsolidieren und langsam wieder auf Kurs kommen.“
Hintergrund:
Brühl ist nicht operativ oder finanziell beteiligt, engagiert sich aber bei diversen Marketingaktivitäten oder Online-Investitionen, hilft mit Valuta et cetera. Inhaber des chinesischen Partnerunternehmens ist Zhihong Li.
Maro Nachtrab zum Geschäftsjahr 2022:
„Wir haben kein einfaches Jahr hinter uns. Auch wir mussten uns mit gebrochenen Lieferketten herumschlagen und kräftige Preissteigerungen verkraften, die wir nicht komplett weitergeben konnten. Aber wir kommen mit einem leichten Verlust aus dem Jahr. Angesichts der Probleme, die wir hatten, bin ich damit nicht unzufrieden. Dafür hatten wir 2020 und 2021 keinen Verlust gemacht.
Die Order Herbst/Winter 2023/2024 ist vernünftig angelaufen und ich denke, die Chancen stehen gut, im laufenden Jahr wieder in die schwarzen Zahlen zu kommen. Wir haben vorgesorgt und haben 2 Millionen Euro in Rohware investiert und zwei weitere Fertigungsbetriebe als Puffer aufgeschaltet. Ich denke, es wird sich in diesem Jahr wieder einpendeln, sodass wir zum Herbst/Winter wieder zur alten Lieferfähigkeit zurückkehren werden.“