Düsseldorf im Fluss

©LHD/Ingo Lammert

Ordertage

Die Düsseldorf Fashion Days verliefen so, wie sie schon in der zurückliegenden Saison verlaufen waren. Unaufgeregt, von einer gewissen Zuversicht geprägt und mit einem Grundrauschen versehen, das durch feste Termin getaktet war. Auch international war das gewohnte Publikum an den Rhein zurückgekehrt. Einzige Ausnahme waren Einkäufer aus Russland. Die geopolitische Lage und der Ukrainekrieg lassen sich nicht einfach ausblenden. Die Marken haben bereits in der zurückliegenden Saison FS 2023, eine gute Order eingefahren und die Chancen stehen damit so schlecht nicht, dass auch die anstehende Wintersaison den Grundstein für ein insgesamt ordentliches Jahr 2023 legen und das Niveau von 2019 bei vielen wieder erreicht, teils übertroffen wird. Ein Rundgang durch Düsseldorf.

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Thorsten Stiebing, Chef der Holy-Marke JOOP!, lehnt sich entspannt zurück. „Das Jahr 2022 war für uns erneut ein Rekordjahr“, sagt er. Generell ging es für die Marke selbst in der Pandemie nur aufwärts. Auch die Order FS 2023 lag mit einem Plus von 23 Prozent deutlich über dem Plan von 15 Prozent. Jetzt hat das Unternehmen 10 Millionen Euro zusätzlich ins Lagerprogramm investiert, um die Nachfrage bedienen zu können. Ziel ist, künftig 20 Prozent des Geschäftes über NOS zu machen. HAKA und DOB (mit inzwischen rund 21 Prozent Umsatzanteil) legen gleichermaßen kontinuierlich zu. Um die Sichtbarkeit im Handel weiter zu stärken, setzt Stiebing auch künftig auf SiS-Flächen. Im Sommer wird es überdies in der Villa in Hamburg eine Modenshow geben. Um vor allem jüngeres Publikum an die Marke zu führen, sind die Kreuzlinger mit der Schweizer Rapperin Loredana eine Colab eingegangen und haben zur Herbst-/Wintersaison 2023/24 eine Unisex-Kapsel gelauncht, die auch auf den Sozialen Medien durchläuft. Zum Frühjahr/Sommer 2023 bringt JOOP! in Kooperation mit Müller & Meirer als Lizenzpartner eine Luggage Collection auf den Markt. Generell laufe es gut mit den Lizenzen, so Stiebing und kündigt für das kommende Jahr eine neue große Lizenz an. JOOP! ist in der DACH Region schon sehr gut unterwegs. Mit einem Exportanteil von 30 Prozent will Stiebing jetzt die internationale Präsenz ausbauen. So hat er für Middle East eigens einen Country Manager eingestellt. Auch die Geschäfte in Osteuropa, vor allem in Polen und Canada, laufen gut. Derzeit werden die Showrooms im Headquarter und in Düsseldorf umgebaut, um die gewachsene JOOP!-Welt abbilden zu können.

Der Jersey-Spezialist Desoto verzeichnete im zurückliegenden Jahr ebenfalls ein deutliches Umsatzplus von 40 Prozent. Die Marke wachse organisch bei Bestandskunden. Aber auch mit dem Neukundengeschäft ist Marken-Chef Heino Putnai zufrieden. Inzwischen beliefert er rund 1.200 Kunden in 15 Ländern. Desoto war auch in diesem Januar auf der Pitti Uomo in Florenz. „Für mich führt da kein Weg vorbei. Mit einer Exportquote von 80 Prozent kann ich nur nach Florenz“, betont Putnai weiter. Zumal sich auch die wichtigsten deutschen Einkäufer in die Toscana aufgemacht hätten.

Seitdem die Anleihe durch ist, veröffentlich der Hemdenspezialist Eterna keine Zahlen mehr. Gegenüber FT zeigt sich Firmen-Chef Henning Gerbaulet, mit dem zurückliegenden Jahr zufrieden: „Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht und unsere Kernkompetenzen weiter gestärkt – und die liegt im Hemd und in der Bluse.“ Eterna konnte vor allem dank eines sehr guten Anlassmodengeschäfts im vergangenen Jahr den Umsatz steigern. Auch das NOS-Programm zog gegenüber 2019 um 38 Prozent kräftig an. Der Handel shiftet um – zulasten der Orderware. Wie überall kämpfte  auch der Hemdenspezialist mit der Lieferfähigkeit, musste selbst Stornierungen aufgrund der verspäteten Auslieferung akzeptieren. Rückblickend auf die Jahre 2020 bis 2022 sagt Gerbaulet, dass 2021 das schwerste war. Das Unternehmen bekam zudem wegen der damaligen Konstellation keine Überbrückungshilfe III. „Aber wir haben es geschafft und wir haben in jedem Jahr Geld verdient“, betont Gerbaulet. Nun zeigt sich der Firmenchef recht zuversichtlich, dass sein Unternehmen und die Branche wieder in ruhigeres Fahrwasser kommen. „Wir haben uns mit unseren Kernthemen befasst und daran weiter gearbeitet, weil wir glauben, dass für uns dort die besten Erfolgsaussichten liegen, nachdem die Casualisierung an Fahrt verloren hat“, sagt Gerbaulet. Aber die Formalwear habe sich weiterentwickelt und mit ihr das Hemd aus dem Hause Eterna. Im vergangenen Jahr hat die Marke das Geschäft in den USA gestartet und stellte erstmals in Las Vegas und Japan aus. Auch China sollte wieder gehen, so Gerbaulet abschließend. Die Marke feiert in diesem Jahr ihr 160. Bestehen. Das wird sich vor allem in der zweiten Jahreshälfte in verschiedenen Kampagnen niederschlagen. Das Unternehmen wurde im November gegründet.

Zwar konnte die bugatti 2022 trotz Zuwächse noch nicht wieder das Niveau von 2019 erreichen, aber mit etwas Glück sei dies 2023 durchaus drin, sagt Marketing-Chef Stephan Horst. bugatti hatte sich in den Pandemiejahren neu aufgestellt und musste auch personell anpassen. Während es bei Hose Strick und Hemd ganz gut lief, gab es gerade bei den Jacken Lieferprobleme aufgrund der gebrochenen Lieferketten. Gleichzeitig fuhren die Herforder ihre Marketing-Aktivitäten hoch, führten 2022 rund 500 Promotionen auf der Fläche durch. 2023 sollen es 700 bis 800 werden. bugatti verfolgt seit drei Saisons unter #bugatticonnects einen neuen Marketingansatz, in dem reale Personen, die eine Sache, eine Leidenschaft vereint, in den Mittelpunkt gerückt werden. Gleichzeigt legt Horst einen weiteren Schwerpunkt auf die bugatti Family, die natürlich die Familie Brinkmann, aber genauso die Mitarbeiter und das gesamte Umfeld miteinbeziehen soll. Sämtliche Aktivitäten sind aufeinander abgestimmt und werden am POS, digital und klassisch ausgespielt. Auch modisch ging die Modernisierung weiter. Im Ergebnis stand ein Plus von 30 Prozent in der Vororder FS 2023. Entsprechend positiv sind die Erwartungen für HW 2023/24.

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Wir sind mit der Order sehr zufrieden. Nach Düsseldorf kamen nationale und internationale Kunden, insbesondere aus Schweden und Dänemark“, sagt Hiltl-Chef Gerhard Kränzle gegenüber FT. „Insgesamt ist in Düsseldorf aber die Frequenz nicht so stark zu spüren, es ist eher eine regionale Messe, das heißt, die Kunden aus Düsseldorf schreiben dort, Kunden aus München in München und so weiter.“ Die Preise von Hiltl sind im Vergleich zu Frühjahr/Sommer stabil geblieben. „Außerdem liefern wir durch gute Warenthemen und unsere Unternehmensgeschichte einen Warenmehrwert und haben deshalb keine Preisdiskussionen“, sagt Kränzle. Vor allem technische Artikel waren wichtig; auch Wollprogramme kamen gut an.

Szenenwechsel. Auf dem Areal Böhler hat die Neonyt in der neuen Konstellation Premiere gefeiert. Die Igedo Exhibitions hat von der Messe Frankfurt eine Lizenz erworben und organisiert die Fair Fashion Messe nun in Eigenregie zeitgleich mit den FASHN ROOMS. Vom 28. bis 30. Januar 2023 stellten dort rund 400 Marken aus. Davon waren 80 Marken bei der nachhaltigen Messe dabei. Auf dem Weg zur Neonyt machen wir einen Zwischenstopp beim Mannheimer Goldgarn. Dort erfahren wir, dass es alles in allem überschaubar blieb, was die Kundenströme anging. Der Veranstaltungsort der Neonyt passt gut, in der Halle selbst gibt es keine Ausreißer nach unten oder oben. Allerdings fehlte dann doch die Frequenz früherer Tage. In den Hallen des Areal Böhler ging es eher ruhiger zu. Aber von Seiten der Aussteller, kamen kaum negative Stimmen. Henning Siebentopp, Geschäftsführer von Melawear, findet es gut, dass die Neonyt nun in Düsseldorf stattfindet. So sei es möglich, nun auch in der NRW-Hauptstadt mit nachhaltiger Mode Geschäfte zu machen und Neukunden zu gewinnen, nachdem die Reiselust nach Berlin nach den Geschehnissen der letzten Monate etwas abgeebbt ist. Ähnlich argumentiert auch Heiko Wunder, der Gründer und Inhaber von Wunderwerk. Er betrachtet eine reine grüne Messe sowieso nur als Übergangslösung, weil Green Fashion der Standard werden müsse. 60 Prozent des Umsatzes macht die Marke bereits mit herkömmlichen Händlern. Wunderwerk betreibt außerdem selbst sechs Stores und hat einen eigenen Showroom in Düsseldorf auf der anderen Rheinseite. Aber dort kämen nur Bestandskunden hin. Wenn er neue Händler gewinnen wolle, gehe das eben nur auf einer Messe. Sebastian Proft, der neue Inhaber von Kings of Indigo ist es ebenfalls zufrieden: „Klar ist hier nicht mega viel los. Aber eine gewisse Frequenz ist da und die Kunden, die kommen, schreiben auch Ihre Order.“

In Frankfurt jedenfalls gibt man sich happy mit der „neuen“ Neonyt: „Hinter uns liegen drei erfolgreiche Messetage der ersten Neonyt in Lizenz in Düsseldorf“, sagt Olaf Schmidt, Vice President Textiles & Textile Technologies, Messe Frankfurt. Prepeek, ein Network-Event für die (Social-)Media affine Community ergänzte den Messeauftritt. Mit „THE STAGE“ fand außerdem erstmals ein gemeinsames Konferenzformat von Neonyt und FASHN ROOMS statt.

Mit Konstanz und Qualitätsbewusstsein schafften die FASHN ROOMS eine solide Basis für die Brands der Segmente DOB und HAKA sowie Anbieter*innen arrondierender Produkte wie Schuhe und hochwertiger Accessoires, resümiert die Igedo Exhibitions.