Autorin: Tays Jennifer Köper KelemenDie italienische Modemarke OUTHERE kreiert seit 2017 Premium-Outdoor-Designs, die vor allem mit innovativen Ideen Aufsehen erregen. Ob wasserreaktive Farben oder rollstuhlgerechte Premium Pieces – unkonventionelle Kreationen und Leidenschaft fürs Material bestimmen die Kollektionen. Graziano Moro, Mitgründer und Designer des Labels, hat FASHION TODAY im Interview über Motivation und aktuelle Projekte aufgeklärt.
Renato Pigatti und Graziano Moro sind die Köpfe hinter dem italienischen Brand OUTHERE, das 2017 in Gallarate nahe Mailand gegründet wurde. Von Beginn an war es den Gründern ein besonderes Anliegen, Kreativität ein Höchstmaß an Raum zu bieten, festgefahrene Schemata aufzubrechen und vor allem an Innovation im Material zu arbeiten. Im Ergebnis sind urbane High-Fashion-Designs für Männer entstanden, die Funktionalität in den Mittelpunkt stellen, ebenso einzigartige Technologien in den Fabrics. Forschung und Freude am Experimentieren treten in den Kollektionen allgegenwärtig in Erscheinung, die im Kern Outerwear und weiterhin Print-Tees, Hosen und Strick umfassen. So präsentieren sich Jacken mit zweilagigem Nylongewebe und lichtspeichernder Pigmentschicht, die Lichtstrahlung aufnehmen und für einen „Glow in the Dark“-Effekt später wieder abgeben. Wasserreaktive Kollektionsteile aus dichter, speziell behandelter Baumwoll- und Nylonpopeline enthüllen bei Kontakt mit Feuchtigkeit ein zuvor verstecktes Muster. Und auch Modelle für Menschen mit Behinderung stehen über das „Wheelchair Project“ im Fokus. In Zusammenarbeit mit dem Testimonial Simone De Maggi, einem Spieler der italienischen paralympischen Nationalmannschaft, will man mit zugeschnittenen Premium Pieces die Lebensqualität von Menschen verbessern, die täglich mit Herausforderungen konfrontiert sind und von der Modeindustrie eher nicht wahrgenommen werden. FASHION TODAY hat Graziano Moro, Mitgründer und Designer von OUTHERE, einige Fragen rund um Motivation, Nachhaltigkeit und aktuelle Projekte gestellt.
FT: Herr Moro, welche Motivation steckt hinter dem Konzept, Mode mit Science zu vereinen?
Graziano Moro: „Für OUTHERE ist es wichtig, sich mit einem Thema grundlegend auseinanderzusetzen. Wissen und Kultur sind in dieser Welt die Basis, um ein Produkt zu schaffen, das viel zu erzählen hat. Daher ist jedes Kleidungsstück wie eine Geschichte. Darin stecken unsere ganze Erfahrung und unsere Neugier, die uns immer wieder antreibt, weiterzuforschen.“
Wer kauft Ihre Mode?
„Unsere Kleidungsstücke sind besonders im Ausland und in den nordischen Ländern beliebt. Unsere Liebe zu Outdoor und Minimalismus ermöglicht es OUTHERE, sich in den besten Luxusgeschäften zu positionieren. Wir kleiden sowohl ein junges, eher urbanes Publikum mit der Advanced-Linie als auch erwachsene Männer, die sich ein multifunktionales Kleidungsstück wünschen.“
Inwiefern spielt Nachhaltigkeit als zukunftsweisendes Thema eine Rolle?
„Für uns ist Nachhaltigkeit ein sehr sensibles Thema, deshalb glauben wir, dass man sich diesem Thema ganzheitlich nähern muss. Es reicht nicht aus, lediglich ein nachhaltiges Produkt in einer ganzen Kollektion zu kreieren – man muss zu 100 Prozent dabei sein. Bei OUTHERE stellen wir einige Strickwaren aus Ökovlies her. Das ist ein Stoff, der aus Holzfasern gewonnen wird. Zudem kreieren wir einige Jacken mit daunenfreier Wattierung. Aber wir nähern uns der Nachhaltigkeit immer noch an. Und der Weg ist lang. Wir haben aber definitiv vor, diesen Weg in der Zukunft zu beschreiten.“
Experimentieren Sie auch mit smarten Extras?
„Für uns gehen Technologie und Kreativität immer Hand in Hand. Wir haben mehrere Prototypen entwickelt, die noch nicht auf dem Markt sind. Diese nutzen die Vorteile der Nanotechnologie. Ein wichtiges Beispiel ist unser Kleidungsstück, das Wärme nach innen abgibt, sodass der Körper auch bei eisigen Temperaturen warm bleibt. In Kürze wollen wir uns dem Thema Musik (sehr zentral bei OUTHERE!) widmen und es ausbauen. Mehr wollen wir aber nicht vorwegnehmen; dies sind Prozesse, die in den kommenden Saisons zu sehen sein werden.“
Geht es bei Ihren Kreationen mehr um Funktionalität oder Effekt?
„Ich würde sagen, eine Mischung aus beidem. Für uns steht die Funktionalität im Vordergrund. Die Kleidungsstücke sind vielseitig einsetzbar – jedes Detail wird aus bestimmten Gründen entworfen und gestaltet. Bei der Advanced-Linie geht es definitiv um funktionale Produkte und um ein ständiges Experimentieren. Wir möchten die Menschen, die auf OUTHERE treffen, überraschen.“
Wie entwickeln Sie Ihre Stoffe?
„Für uns ist es wichtig, Stoffe und deren Behandlungen in der Praxis zu testen. Alles geht durch unsere Hände. Renato und ich sind immer diejenigen, die in die Wäschereien sowie zu den Herstellern gehen, um Fragen zu stellen, zu beobachten, zu lernen und uns zu inspirieren. Zudem arbeiten wir mit hoch spezialisierten italienischen Stoffherstellern zusammen, die ermöglichen, dass wir unserer Kreativität freien Lauf lassen können.“
Woran arbeiten Sie zurzeit?
„Ein Schlüsselprojekt für uns, das erste unter vielen, ist unser Kleidungsstück ‚Wheelchair Project‘. Eine Jacke, die ausschließlich Menschen mit Behinderungen gewidmet ist, die keine motorische Autonomie haben. Das positive Feedback und das Interesse für dieses Projekt haben uns überrascht und sehr erfreut. Auch unser Testimonial Simone De Maggi, ein Athlet der paralympischen Basketball-Nationalmannschaft, zeigte sofort großes Interesse und verliebte sich gleich in das Projekt. In Zukunft wollen wir uns erneut mit diesem Thema beschäftigen, denn für uns ist es wichtig, dass die Fashion-Industrie auch an diejenigen denkt, die manchmal in der Modewelt komplett vergessen werden.“
Was bedeutet „Mode der Zukunft“ für Sie?
„Ständige Innovation und Forschung. In jedem Kleidungsstück etwas Neues zu finden. Selbst ein einziges Detail kann den Unterschied ausmachen. Zutaten, die dabei nie fehlen dürfen, sind die Neugier und der Hunger nach Wissen. Außerdem ist es wichtig, neue Menschen kennenzulernen und sich immer wieder von der Kunst, dem Leben und den verschiedenen Kulturen inspirieren zu lassen, die jede Reise bieten kann.“