Unwägbarkeiten
Der Schuheinzelhandel hat in den ersten Monaten dieses Jahres eine Aufholjagd hingelegt, dennoch verlief das erste Halbjahr insgesamt eher durchwachsen, resümiert der BTE Bundesverband des Deutschen Textil-, Schuh- und Lederwareneinzelhandels auf der SHOES Düsseldorf (28. bis 30. August 2022). Demnach verbuchte die Branche bis einschließlich Mai ein kräftiges Umsatzplus gegenüber dem Jahr 2021 mit monatlichen zwei- bis dreistelligen Wachstumsraten. Allerdings geriet die Entwicklung ins Stocken, als im Laufe des Monats Mai die Konsumstimmung als Folge des anhaltenden Ukraine-Kriegs und den dadurch ausgelösten Energie- und sonstigen Preissteigerungen spürbar verschlechterte. Seitdem befindet sich die Branche in schwierigem Fahrwasser, heißt es weiter. Seit Juni liegen die monatlichen Umsätze deutlich im Minus, wobei in den entsprechenden Vorjahresmonaten der Schuhhandel nach dem Ende des Lockdowns von „erfreulichen Nachholeffekten“ der Konsumenten profitierte. So wäre der hohe Vorjahresumsatz im Juni mit fast 20 Prozent Umsatzwachstum im Jahr 2021 auch unter normalen Umständen in diesem Jahr wohl nicht wieder erreicht worden.
Insgesamt legte der Umsatz des stationäres Schuheinzelhandels laut Statistischen Bundesamt im ersten Halbjahr um rund 60 Prozent zum Vorjahr zu. Im Vergleich zum Vorkrisenjahr 2019 bleibt allerdings im Durchschnitt immer noch ein Minus von etwa 10 Prozent. „Zahlreiche kleine und mittlere Schuhhäuser schlossen das erste Halbjahr eher zwischen 15 und 20 Prozent Umsatzminus zum Vergleichsjahr 2019 ab, insbesondere in strukturschwachen Regionen. Offenbar konnten aber eine ganze Reihe größerer Filialisten und gut aufgestellter inhabergeführter Schuhgeschäfte deutlich stärker aufholen – teilweise auch aufgrund eines hohen Onlineanteils, den sie in Zeiten von Lockdown und starken Zugangsbeschränkungen stark ausgebaut hatten“, so der BTE.
Der Online-Vertrieb mit Schuhen tat sich indessen im laufenden Jahr schwerer. Hohe Vorlagen aus 2021 und die Wiedereröffnung des stationären Handels führten im E- Commerce gegenüber dem Vorjahr zu Umsatzeinbußen. „Selbst die großen Online- Pure-Player mussten überwiegend und zum Teil erstmals in ihrer Unternehmensgeschichte Erlöseinbußen hinnehmen. Aber auch der Online-Verkauf des stationären Schuhhandels war im ersten Halbjahr – wenngleich auf hohem Niveau – rückläufig. Denn die Kundinnen und Kunden änderten ihre Einkaufsgewohnheiten und suchten nun wieder stärker den stationären Handel zum Shoppen auf“, schreibt der Verband weiter. Mittlerweile sind 70 Prozent der Schuhhäuser sowohl stationär als auch online präsent. Dennoch verzeichnen nur etwa 35 Prozent der Unternehmen des stationären Schuhhandels Online-Anteile von mehr als 10 Prozent vom Gesamtumsatz.
Aktuell leidet der Schuhhandel unter der allgemein schlechten Konsumstimmung, die sich durch den Ukrainekrieg und den explodierenden Energiekosten merklich eingetrübt hat. Gerade die einkommensschwächeren Haushalte schränkten ihren Mode- und Schuhkonsum derzeit ein, da sie die enormen Preiserhöhungen vor allem bei Gas und Strom irgendwie kompensieren müssen. Wie die nächsten Monate im Schuhhandel verlaufen werden, könne niemand seriös prognostizieren, heißt es weiter. Es gebe zu viele Unwägbarkeiten wie der weitere Verlauf der Corona-Pandemie, globale Lieferkettenprobleme Inflation. Dennoch blicke der Schuheinzelhandel mit vorsichtigem Optimismus auf die Herbst- /Wintersaison. Der BTE geht auch von einem erneuten Rückgang der Unternehmenseinheiten aus und schätzt die Zahl der stationären Schuhhändler aktuell auf rund 3.000 Unternehmen mit insgesamt 11.000 Geschäften.