Autor: Markus OessNach zwei Jahren Zwangspause meldet sich die Neu-Ulmer unitex mit einer eigenen Veranstaltung zurück. Den bisherigen unitex-congress im November ersetzt das Fashion-Festival Ende Mai: „Messe, Vorträge und Party“, wie Xaver Albrecht im gemeinsamen FT-Interview mit seinem Vater Gerhard Albrecht betont. Die beiden unitex-Chefs über Handel in Zeiten der Pandemie, die Flüchtigkeit des Glücks und warum Feiern hilft.
FT: Herr Albrecht, was ist das Geheimnis vom Glück?
Gerhard Albrecht: „Nun, Glück ruht in einem selbst und muss sehr gut darauf aufpassen, denn es ist extrem flüchtig.“
Wie kam die Idee des FashionFestivals zustande?
Xaver Albrecht: „Nachdem wir 2018 und 2019 unseren unitex-congress erfolgreich durchgeführt hatten, waren wir pandemiebedingt gezwungen, zwei Jahre auszusetzen. Als wir uns an die Planungen für das nächste Event setzten, war schnell klar, dass wir die Veranstaltung auf die nächste Ebene hieven mussten. Also haben wir den Termin vom November auf Ende Mai verlegt und die Veranstaltung vor allem hinsichtlich des Rahmenprogramms und der Unterhaltung neu aufgesetzt.“
Was unterscheidet die Veranstaltung von den bekannten unitex-Veranstaltungen?
Xaver Albrecht: „Der Rahmen ist einfach viel breiter gesteckt: Messe, Vorträge und Party.“
Gerhard Albrecht: „Wir wollen natürlich, wie in der Vergangenheit auch, unseren Mitgliedshäusern und Partnern alle bekannten unitex-Vorteile bieten. Aber wir wissen, dass die Menschen müde und durch ein Tal gelaufen sind. Jetzt gibt es sichere Anzeichen, dass die Pandemie ihren Schrecken verloren hat, aber dennoch ist die Stimmung, nicht zuletzt angesichts der aktuellen globalen Geschehnisse, getrübt. Wir wollen einen kleinen Beitrag leisten, dass die Menschen wieder feiern und Spaß haben. Deswegen das Festival.“
Der Unterhaltungspart ist nicht gerade klein – keine Angst, dass die Leute schlapp machen?
Xaver Albrecht: „Natürlich ist das unitex-FashionFestival vollgepackt mit tollen Programmpunkten. Das Festival bietet jedoch ausreichend Raum für den Messepart mit Networking in entspannter Atmosphäre.“
Wie viele Marken kommen?
Xaver Albrecht: „Wir werden auf der Messe mehr als 60 Stände und über 90 Marken präsentieren.“
„Wir bieten ein Netzwerk mit 800 Mitgliedern an 1.800 Standorten.“
Aber die Marken können sich wenige Wochen später auch in Berlin präsentieren. Was ist der Anreiz für sie mitzumachen?
Xaver Albrecht: „Der Markt entscheidet, welche Messen für die Präsentation gegenüber dem Handel genutzt werden. Natürlich machen die Gäste und Besucher eine solche Veranstaltung erst interessant. In Ulm ist aufgrund der partnerschaftlichen Basis ein sehr vertrauliches Arbeiten möglich. Wir bieten ein Netzwerk mit 800 Mitgliedern an 1.800 Standorten.“
Wie war das vergangene Jahr, welche Bilanz ziehen Sie?
Gerhard Albrecht: „Das zurückliegende Jahr war durch die Pandemie geprägt. Wir hatten im Januar und Februar noch einen Lockdown. Aber es war für uns kein schlechtes, auch wenn wir nun kein historisches Hoch erreicht haben. Wir konnten den Umsatz gegenüber 2020 um 3 Prozent steigern und haben weitere 65 Mitglieder gewonnen.“
Wie sieht es bei den Dienstleistungspartnern aus, besonders bei OUTFITS24?
Xaver Albrecht: „Auch unsere Dienstleistungspartner können sich der zurückliegenden Entwicklung nicht einfach entziehen. OUTFITS24 hat ein gutes Jahr hinter sich. Von Quartal zu Quartal haben wir einen Zuwachs von bis zu 100 Prozent gesehen.“
Gerhard Albrecht: „An dieser Stelle sollte man auch positiv erwähnen, dass zalando auf Provision verzichtet hat, um die Händler zu unterstützen. Gleichwohl hat zalando andere Kunden, die es gewohnt sind, einfach versuchsweise Ware zu ordern und bei einem wahrscheinlichen Nichtgefallen oder Fehlkäufen zurückzuschicken. Das wirkt sich natürlich auf die Rentabilität dieser Verkäufe aus. Bei OUTFITS24 fallen die Retouren geringer aus, auch weil es einen hohen Auslandsanteil gibt und gerade die Deutschen besonders ‚retourenfreudig‘ sind.“
Die Digitalisierung ist durch COVID-19 beschleunigt worden. Welche Konsequenzen hat das für die unitex?
Xaver Albrecht: „Wir hatten schon vor Corona das Glück, unsere digitalen Kompetenzen gestärkt zu haben. Das hat uns dann in der Pandemie sehr geholfen, weil wir auf diesem Wege die Mitglieder enger und intensiver betreuen konnten, unter anderem mit der schnellen Anbindung an OUTFITS24. Wir haben gerade im Zusammenhang mit den Staatshilfen viel Beratungsarbeit leisten können und auch im Bereich der sozialen Medien unterstützt.“
Gerhard Albrecht: „Noch im März 2020 hatten wir eine Präsenzveranstaltung in Erfurt und schon im April waren wir ‚on air‘ mit digitalen Formaten wie webiknow und webinew, also Webinaren. Diese Dinge werden wir auch sicher beibehalten. Wir werden uns dort weiter digitalisieren, wo eine Automatisierung sinnvoll ist und wo die Dinge ohne physischen Kontakt erledigt werden können.“
Wie steht es mit den Mitgliedsunternehmen, sind jetzt alle „on“?
Xaver Albrecht: „Schwer zu sagen, ob jetzt alle vollumfänglich ,on‘ sind. Aber sicher sind mehr als 90 Prozent unserer Mitglieder in irgendeiner Weise digital vernetzt, sei es mit dem Shop oder sei es auf den sozialen Medien.“
Laut BTE sind Online-Verkäufe häufig unrentabel, wie sehen Sie es?
Gerhard Albrecht: „Es gibt jetzt sicher keinen Automatismus, mit Online-Handel Geld zu verdienen, für den Modehandel zumal nicht. Da spielen viele Parameter wie Retourenquote, Verkaufspreis oder der Durchschnittsbon eine Rolle.“
„Der größte Teil der Menschen auf dieser Welt würde gerne mit uns tauschen. So gesehen, sollten wir zuversichtlich bleiben und vielleicht etwas genügsamer werden.“
Die Umbrüche durch Corona sind doch weniger stark ausgefallen, als von einigen vermutet, selbst das Händeschütteln kommt wieder. Was hat sich für den mittelständischen Handel durch die Pandemie verändert?
Gerhard Albrecht: „Zunächst muss man feststellen, dass die Online-Verkäufe überproportional zugelegt haben. Ich glaube nicht, dass das Pendel wieder voll zurückschlägt. Also müssen sich die Händler auch langfristig Gedanken über ihr Geschäftsmodell machen. Bei vielen haben die staatlichen Hilfen das Geschäft stabilisiert, aber eine dauerhafte Lösung kann das schlecht sein. Die Frequenzen im stationären Handel sind in stark frequentierten Lagen und bei vertikalen Anbietern gesunken. Das eröffnet dem unabhängigen Mittelstand auch Chancen.“
Xaver Albrecht: „Es hat sich außerdem gezeigt, dass es nicht reicht, 360 Grad zu verkaufen, der Mittelstand ist auch gefordert, seine Kunden 360 Grad zu betreuen und für sie da zu sein – auf allen Ebenen.“
Kaum ist die eine Krise hoffentlich abgearbeitet, kommt mit dem Ukraine-Krieg die nächste Katastrophe. Was erwarten Sie für die unitex und ihre Mitglieder von diesem Jahr?
Gerhard Albrecht: „Die Zeit steckt voller Überraschungen, mehr als früher, so scheint es, und vor allem keinen positiven Überraschungen. Sicher werden wir auch negative Einflüsse der aktuellen Weltgeschehnisse sehen. Zudem ist der Ukraine-Krieg eine unfassbare menschliche Tragödie. Jede Zeit hatte ihre Katastrophen. Nehmen wir die Weltkriege, die Konflikte in der Nachkriegszeit, den Kalten Krieg oder Tschernobyl. Umso wichtiger ist es, das Glück, das wir haben, festzuhalten. Der größte Teil der Menschen auf dieser Welt würde gerne mit uns tauschen. So gesehen, sollten wir zuversichtlich bleiben und vielleicht etwas genügsamer werden.“
Werden drohende Preiserhöhungen an Endverbraucher weitergereicht?
Xaver Albrecht: „Die Frage wird sein, wie viel der Handel davon an den Endverbraucher weiterreichen kann und wie viele Haushalte vom Inflationsdruck so stark getroffen werden, dass sie überhaupt bereit und willens sind, für Mode Geld auszugeben.“
Rechnen Sie auch mit Lieferengpässen?
Gerhard Albrecht: „Ich rechne zwar damit, dass es hier und da zu Engpässen kommen kann. Komplette Ausfälle sehe ich nicht. Dazu ist die Versorgungslage immer noch zu gut. Die Branche ist außerdem wendig und flexibel genug, mit möglichen Engpässen umzugehen.“
Party und Programm
Gerhard Albrecht ist Geschäftsführer der unitex GmbH und seit mehr als 20 Jahren im Unternehmen. Sein Sohn Xaver Albrecht hat unter anderem in Köln und Cambridge (USA) Wirtschaftswissenschaften studiert. Vor drei Jahren ist Xaver Albrecht zur unitex gestoßen. Er ist Mitglied der Geschäftsführung und leitet das Team „Marketing & Digitalisierung“.
Vom 31. Mai bis 1. Juni veranstaltet die Neu-Ulmer Verbundgruppe unitex ihr FashionFestival auf dem Gelände der Ulm-Messe. Den Haupt-Act des Party-Programms übernimmt der deutsche Sänger Tim Bendzko. Im Anschluss an das Livekonzert wird DJane 2elements auflegen. „Wir möchten mit dem unitex-FashionFestival ein Quäntchen Glück, Leichtigkeit und Unbeschwertheit in den gerade doch recht grauen Alltag tragen“, sagt Gerhard Albrecht, Geschäftsführer der unitex GmbH.
Auch die Fachvorträge seien geprägt von „happiness and good vibes“. Unter anderem referieren die Bestseller-Autorin Maike van den Boom das Geheimnis des Glücks und der Zukunftsforscher Prof. Dr. Ulrich Reinhardt. Auf rund 60 Ständen präsentieren sich über 90 Marken.