Autorin: Angela CavalcaDie italienische Textilindustrie entwickelt nachhaltige Prozessmanagementsysteme und Produkte weiter. Im Bereich Re- und Upcycling haben Stofflieferanten besondere Fortschritte gemacht.
Am 30. März legte die EU-Kommission ein Paket von Vorschlägen zur Förderung von Kreislaufwirtschaftsmodellen und zur Verantwortung der Verbraucher im Hinblick auf den ökologischen Wandel vor. In Bezug auf Textilien und Mode konzentriert sich die vorgestellte Strategie darauf, Produkte haltbarer, reparierbarer und recycelbarer zu machen. In dieser Richtung wurden in Italien schon Maßnahmen getroffen, um mehr recycelte Materialien zu verwenden und die Wiederverwertbarkeit zu verbessern. Im Januar gründeten italienische Hersteller der Mode-Lieferkette das Non-Profit-Konsortium RETEX.GREEN für Mode-Recycling, das von SMI – Sistema Moda Italia und Fondazione del Tessile Italiano unterstützt wird. Durch das kollektive EPR-System (EPR – Extended Producer Responsibility) für die Entsorgung von Textil-, Bekleidungs-, Schuh- und Lederwarenabfällen wird das Abfallmanagement in der Modewelt im Hinblick auf aktive ökologische Nachhaltigkeit optimiert. Anfang des Jahres wurde auch die Entstehung eines Textil-Hubs im Bezirk Prato annonciert, der auf einer Fläche von fast 9.000 Quadratmetern gebaut wird. Die automatische Sortieranlage für Textilabfälle, wie Altkleider und Pre-Consumer-Abfälle, die nach Farbe und Faserzusammensetzung unterteilt werden, wird dann die Materialien an Unternehmen zur Wiederverwertung weiterleiten.
Prato ist schon etliche Jahre für das Recyceln von Wollkleidung und deren Wiederverarbeitung zu Fasern bekannt. Heute kann die lokale Textilproduktion auch in dem einzigartigen und außergewöhnliches Archiv der Textile Library des Museo del Tessuto di Prato entdeckt und besichtigt werden. Darunter sind Materialien wie Leder aus Apfelabfällen und mexikanischen Kaktusblättern, Zellulose aus Ananasblättern, Stoffe aus Kaschmir und recycelter Wolle, wiederaufbereitete Nylonfasern oder Polyester, das im Meerwasser biologisch abbaubar ist, oder Strickwaren aus recyceltem Denim. Neue, nachhaltige Entwicklungen werden schon seit einigen Jahren auf der Stoffmesse MilanoUnica den Designern und Fachleuten der Modewelt präsentiert. Auf der letzten Veranstaltung im Februar wurden 1.100 Stoff- und Accessoire-Muster von 159 Unternehmen im Bereich „Trends und Nachhaltigkeit“ vorgestellt, 71 Prozent dieser Unternehmen verwenden bereits recycelte Materialien und eine beachtliche Anzahl ist GRS (Global Recycle Standard)-zertifiziert.
Im Luxus-Bereich hat die Luxury Textile Laboratory Platform von Ermenegildo Zegna im Jahr 2019 damit begonnen, im Rahmen des Projekts #UseTheExisting aus vorhandenen Fasern und Stoffresten neue Stoffe zu gewinnen mit dem Ziel, den Abfall auf null zu reduzieren. Im Denim-Bereich zielt BERTO durch den GRS-zertifizierten Stoff PIANETA darauf ab, den Verbrauch von Ressourcen und neuen Rohstoffen sowie Wasser und Energie zu verringern und die Qualität der recycelten Produkte zu verbessern. Auch Farbstoffe spielen eine wichtige Rolle. Die Albini Gruppe hat vier innovative Projekte vorgestellt, die aus der Forschungsarbeit des Innovation Hubs ALBINI_next hervorgegangen sind. Das Färbesystem Re-Oxyde verwendet anorganische Eisenoxidpigmente, die durch Recycling von Eisenabfällen aus der Haushaltsgeräteindustrie gewonnen werden. Bei dem Upcycling-Projekt Off the Grain in Zusammenarbeit mit dem Reishersteller Riso Gallo geht es um die Verarbeitung einer besonderen Sorte von schwarzem Reis. Das Kochwasser des Reises, das nicht mehr für die Lebensmittelindustrie verwendet werden kann, wird zurückgewonnen und in einen natürlichen Farbstoff verwandelt. Somit gibt es auch erhebliche Wassereinsparungen.
Pure, die patentierten High-End-Stoffe aus reiner Wolle des Spezialisten Manteco, werden aus 100 Prozent MWool® hergestellt. Das Unternehmen wählt feinste Pre- und Post-Consumer-Luxusartikel sowie hochwertige Kammgarnreste sorgfältig aus, recycelt und verarbeitet sie. Die Farben werden im einzigartigen Recype®-Prozess kreiert, indem verschiedene Schattierungen von recycelten Fasern gemischt werden, ohne irgendwelche Farbstoffe oder Chemikalien zu verwenden. Dank der Konsolidierung der Investitionen in den Produktionsprozess zwischen 2016 und 2021 hat EUROJERSEY seine Unternehmens-DNA verändert und nachhaltiger gemacht. Im Fünfjahreszeitraum 2021 bis 2026 wird sich der Kettenwirkstoff-Spezialist bemühen, den Wasserverbrauch um 20 Prozent und die CO2-Emissionen um 15 Prozent pro Produkteinheit zu senken und an der Wiederaufbereitung von Produktionsabfällen zu arbeiten, um den Sensitive®-Geweben ein neues Leben zu geben. Auch im Bereich Wattierung sind Unternehmen besonders aktiv, wie Thermore, das erste Unternehmen, das in den 1980er-Jahren eine nachhaltige Wattierung auf den Markt brachte. Heute konzentriert sich der Betrieb auf umweltfreundliche Innovationen, hauptsächlich unter Verwendung von recycelten Polyesterfasern aus gebrauchten PET-Flaschen.