Das mit der Kreislaufwirtschaft läuft immer noch nicht ganz rund und das, obwohl inzwischen auch die Großen der Branche das Thema für sich entdeckt haben. Neben Vinted und Co sind inzwischen auch zalando und ABOUT YOU am Start. Tatsächlich heben sie das Modell zirkuläre Mode auf ein anderes Niveau, weil nicht mehr der „klassische Kleidertausch“ läuft, sondern Secondhand von professionellen Vermarktern auf- beziehungsweise weiterverkauft wird. Auch Mietmodelle sind eine gute und sinnvolle Ergänzung zum Kauf, vor allem, wenn es „mal eben“ gebraucht wird und anders im Keller vor sich hin gammelt. Man muss kein Perfektionist sein; alles, was hilft, Ressourcen zu sparen und unsere Umwelt zu schützen, hilft. So weit ist das gut. Aber das heißt noch lange nicht, dass wir uns der Verantwortung entziehen können, wenn andere Interessen vom Greenwashing bis hin zur Entsorgungsklappe nach Afrika vorherrschen, um so möglichst billig weitermachen zu können wie bisher. Inzwischen sollte jedem klar sein, dass Billigmode ihren Preis hat und der ist mit Blick auf Umweltschutz und Menschenrechte verdammt hoch. Nun gilt es, auch auf EU-Ebene die Branche diesbezüglich einzufangen. Zu Recht, denn wir haben angesichts der UN-Prognose, wonach die 1,5 Prozent-Erderwärmung schon 2026 erreicht werden könnte, zu wenig Zeit, weiter auf Laisser-faire zu setzen, in der schalen Hoffnung, dass es schon irgendwie gut gehen wird.
Rundlaufen soll es auch wieder mit den Messen. Die Frage, ob Berlin oder Frankfurt, lässt sich klugerweise mit einem „Es kommt darauf an“ beantworten. Für den rückwärtigen Bereich ist sicher die messe frankfurt gesetzt und genau diesen Status wird sie auch im Juni, wenn vor allem techtextil und texprocess ihre Tore öffnen, unter Beweis stellen. Bei der Fashion wird wohl Berlin die Nase vorn haben und spätestens in der Winterausgabe wird sich zeigen, wie gut das neue Konzept der PREMIUM GROUP tatsächlich ankommen wird. Die Chancen stehen gut, denn abseits von dem D2C-Festival „The Ground“ braucht die Branche eine funktionierende Messe, und SEEK wie auch die PREMIUM mit neuen Konzepten bieten genau das. Schließlich können gerade deutsche Marken es sich auf Sicht nicht leisten, an einer Leistungsschau im positiven Sinne vorbeizugehen, die einen hohen zweistelligen Umsatzanteil abdeckt, nämlich den deutschen Markt und das grenznahe Ausland. Wird noch mehr daraus, umso besser.
Wenn unitex-Geschäftsführer Gerhard Albrecht im FT-Interview zu mehr Zuversicht aufruft und er mit seinem FashionFestival einen kleinen Beitrag dazu leisten kann, ist das eine gute Sache. Und nebenbei gesagt geht mit Musik tatsächlich alles besser, gerade dann, wenn sich Vertriebsverantwortliche auf ein Kaltgetränk mit FT treffen. Kurzum, wir sollten nicht die rosarote Brille aufsetzen, aber wir sollten mit Optimismus und Tatkraft an die Aufgaben der nächsten Monate gehen. Tun wir das nicht, werden sie schlechter gelingen, als sie es anders könnten.
Ihr
Markus Oess