Autorin: Katja VadersGreenwashing oder nicht – das ist hier die Frage! Denn während fast alle globalen Fashion-Unternehmen sich seit geraumer Zeit auf die Fahnen schreiben, vor allem im Dienst der Nachhaltigkeit unterwegs zu sein, fragen sich Verbraucherinnen und Verbraucher mit ökologischem Gewissen, was wirklich umgesetzt wird von all den großen Versprechungen.
Diese werden nämlich vermehrt und vollmundig von Global Playern aus dem Fast-Fashion-Segment abgegeben. Seit Ende letzten Jahres ist nun auch PRIMARK mit dabei, seinen Kundinnen und Kunden ein Nachhaltigkeitskonzept zu präsentieren. „Primark Cares“ heißt die Kampagne, die auf der Website des irischen Textilunternehmens vor allem mit vielen Zahlen und der Umsetzung von Maßnahmen zu Themen wie Eliminierung von Einwegplastik, Verwendung von nachhaltigen oder recycelten Materialien sowie regenerativen Anbaumethoden in relativ kleinen Zeitfenstern überzeugen möchte.
Außerdem umfasst die Strategie von „Primark Cares“ insgesamt neun Punkte, um ein „nachhaltigeres, kreislauforientiertes Unternehmen zu werden“. Dazu hat man drei Säulen in den Fokus gestellt: „Kleidung ein längeres Leben geben“, „das Leben auf unserer Erde schützen“ und „das Leben der Menschen verbessern“. Konkret bedeutet das auch, sich für faire Löhne, die Verbesserung von Gesundheit und Wohlbefinden sowie die Chancengleichheit für Frauen entlang der Lieferkette einzusetzen.
Hehre Ziele, für deren Realisierung PRIMARK-Deutschland-Chefin Christiane Wiggers-Voellm laut einem Interview mit dem RND vom letzten Dezember einen Abschied von der Billigmode allerdings nicht für nötig hält. Dementsprechend sehen auch Kritiker des irischen Fast-Fashion-Riesen die Kampagne eher mit Vorbehalten. Auch, da es offenbar an der Möglichkeit einer konkreten Überprüfbarkeit mangelt. Und sind wir mal ehrlich: Nachhaltiger werden und billig bleiben – wie soll das gehen? Dass Nachhaltigkeit Geld kostet, sollte jedem klar sein; schließlich will man Arbeitende besser bezahlen und auch der klimagerechte Anbau von Rohstoffen ist nicht günstig. Verspricht man bei PRIMARK also Dinge, die man nicht halten kann, nur, um auf die stetig wachsende Nachfrage der Verbraucherinnen und Verbraucher nach nachhaltiger Mode reagieren zu können?
Vielleicht sollte man erst einmal abwarten, wie beziehungsweise ob PRIMARK die Ziele seiner Nachhaltigkeitskampagne tatsächlich in die Tat umsetzt, bevor man den Konzern schon jetzt des Greenwashings bezichtigt. Dass das Vertrauen in das Unternehmen nicht besonders groß ist, hat es sich natürlich vor allem selbst zuzuschreiben. Die Marke gilt als Inbegriff von Billigmode mit kurzer Lebenszeit, deren Teile nicht selten bereits nach dem ersten Tragen im Müll landen. Dennoch: PRIMARK wird den Schritt zu mehr Nachhaltigkeit nicht von heute auf morgen gehen können. Dem Bemühen, die richtige Richtung einzuschlagen, sollte man allerdings zumindest mit Wohlwollen begegnen, anstatt schon den Versuch zu verdammen.
Im Dschungel der vielen grünen Zertifikate und Siegel wird es sowieso immer schwieriger, den Überblick zu behalten. Auch bei Marken mit erheblich höheren Preisen und mehr Renommee einzukaufen, ist längst kein Garant dafür, dass man für sein Geld nachhaltige(re) Mode erhält. Und selbst die grünsten aller Eco-Unternehmen haben garantiert irgendwo in der Wertschöpfungs- oder Lieferkette eine Schwachstelle, die man ihnen vorwerfen kann – wenn man denn will. Die einzige Lösung für dieses Dilemma sind wirklich strenge Bestimmungen, die dann aber für die gesamte Branche gelten müssten. Dass sich das wiederum in Preissteigerungen auf dem Textilmarkt ausdrückt, die letztendlich die Verbraucherinnen und Verbraucher tragen, muss nicht extra erwähnt werden.
Nehmen wir also lieber die positiven Aspekte des Themas in den Blick, anstatt zu unken! Erfreuen wir uns an immer mehr Marken und Unternehmen, die dazu beitragen möchten, dass Nachhaltigkeit vom besonderen Kriterium zum integralen Bestandteil der Branche wird.
Wie war das von Ende der 1970er- bis Mitte der 1980er-Jahre, als in Deutschland die ersten Altglas- beziehungsweise Altpapiercontainer aufgestellt wurden? Es war ein langwieriger Prozess für die Deutschen, das Thema Recycling und Mülltrennung in ihren Alltag zu integrieren. Auch in der Lebensmittelbranche galten Bioläden lange als wenig funky, bis sich zuletzt der Anteil der Bioprodukte stetig erhöhte, selbst bei Discountern. Bleiben wir also zuversichtlich, dass sich eine ganz ähnliche Entwicklung auch in der Modeindustrie vollziehen wird und nachhaltige Textilien und Arbeitsbedingungen in nicht allzu ferner Zukunft eine Selbstverständlichkeit sind. Die Zeit ist reif!