Autor: Andreas GrüterZur März-Edition unserer „Auf ein Kaltgetränk“-Serie waren wir in Italien zu Gast und haben uns mit dem CEO der Pitti Immagine Raffaello Napoleone getroffen. Unter einer freundlichen Frühlingssonne unterhielten wir uns über Seemannsbärte, Segelabenteuer und Anzüge.
FT: Herzlich willkommen zu unserem Montagnachmittag-Umtrunk. Was darf ich Ihnen anbieten?
Raffaello Napoleone: „Um drei Uhr nachmittags präferiere ich einen richtig guten italienischen Mokka.“
Worauf trinken wir?
„Das Wochenende war wunderbar sonnig, was mich ein wenig von den schrecklichen Meldungen der vergangenen Tage abgelenkt hat. Ich würde sagen, wir trinken auf einen schnellen Frieden, auf eine gute und sichere Zukunft und auf die Sonne.“
Sie sind in Rom geboren und dort auch aufgewachsen. Welche Sehenswürdigkeiten sollten sich Besucher der Ewigen Stadt neben den üblichen Touristenspots nicht entgehen lassen?
„Ein Leben reicht wahrscheinlich nicht aus, um alle Sehenswürdigkeiten zu besuchen, die Rom zu bieten hat. Mein erster Tipp wäre ‚Die Verzückung der heiligen Theresa‘, eine unfassbar schöne aus Marmor und Goldbronze gefertigte Statue von Gian Lorenzo Bernini, die sich in der Barockkirche Santa Maria della Vittoria befindet. Wenn man ein Faible für die Kunst des Barocks hat, kommt man an den drei Caravaggios nicht vorbei, die die Wände der Cappella Contarelli in der Kirche San Luigi dei Francesi zieren.“
Apropos Rom – schlägt Ihr Herz für AS Rom oder Lazio Rom?
„Seltsamerweise weder noch. Ich bin Fan des FC Bologna, weil meine Mutter von dort kam. Allerdings habe ich auch eine Weile bei meinen Großeltern gelebt, die AS-Roma-Anhänger waren. Wenn es also um Fußball in Rom geht, steh ich auf der AS-Roma-Seite.“
Sie haben sich für eine Karriere in der Modeindustrie entschieden. Gab es für den Teenager Raffaello Napoleone alternative Pläne?
„Ich stamme aus einer Notars- und Anwaltsfamilie und natürlich wurde von mir erwartet, dass ich in diese Fußstapfen meines Vaters und Großvaters trete. Mein älterer Bruder Gianluca hat dann schließlich die Nachfolge übernommen, während ich mich der Segelwelt zuwandte. Ich habe Segelboote gebaut, bin kreuz und quer über die Weltmeere gesegelt und habe während des großen Sturms am Admiral’s Cup teilgenommen. Das war meine erste Karriere. Nebenbei habe ich dann auch noch Jura studiert. Um ehrlich zu sein, weiß ich gar nicht, warum ich in der Mode gelandet bin. Nach der ganzen Segelei bin ich mit meiner damaligen Frau zunächst von Rom nach Florenz gezogen und wir haben versucht, in den diplomatischen Dienst zu kommen. Dummerweise habe ich die Prüfung aber nicht bestanden und so habe ich auf eine Annonce in einer Zeitung geantwortet und bin dann bei Les Laboratoires Servier, einer französischen Pharmafirma, gelandet. Und von da ging es dann schließlich weiter zu Salvatore Ferragamo, wo ich als Head of HR arbeitete. Das war dann mein Einstieg in die Modewelt. Eigentlich war das aber eher ein Zufall …“
Der Anzug: für Sie Notwendigkeit oder Passion?
„Eigentlich weder noch. Der Anzug war in meiner Familie immer omnipräsent. Mein Großvater und mein Vater sind regelmäßig zum Schneider gegangen, um sich Maßanzüge fertigen zu lassen, und dieses Gespür für einen feinen, geschmackvollen Look habe ich mitgenommen. Für mich ist das einfach Alltag.“
Wie entspannen Sie sich nach einem harten Arbeitstag?
„Ich habe Glück, in einer wunderbaren Stadt wie Florenz zu leben. Genauer genommen wohne ich mit meiner Familie in einem schönen Haus auf den Hügeln, die die Stadt umgeben. Der perfekte Ort zum Runterkommen. Ich mag es, im Garten zu sein, zu lesen oder mit den Hunden zu spielen.“
Pizza oder Pasta?
„Kommt auf die Tageszeit an. Mittags würde ich mich für Pasta entscheiden. Mit den richtigen Zutaten kann man hier ein fantastisches Essen zaubern. Pizza ist genau das Richtige nach einem abendlichen Kino- oder Theaterbesuch. Dabei darf ein gutes Bier nicht fehlen. Sie sehen, ich kann mich nicht entscheiden und würde einfach sagen, es steht unentschieden zwischen Pizza und Pasta.“
Sie sind leidenschaftlicher Segler. Welche Passage ist noch auf Ihrer Liste?
„Mich würde die Nordostpassage noch sehr reizen. Ich war mit dem Segelboot bislang noch nie im hohen Norden unterwegs und ich glaube, das ist ein wirkliches Abenteuer.“
Cleane Nassrasur oder verwegener Seebärenbart?
„Rasieren ist für mich ein tägliches Ritual, dem ich auch auf dem Boot nachgehe. Für mich ist das ein echter Moment der Entspannung. An keinem der 55 Tage nach Kapstadt habe ich mich nicht rasiert. Mit Salzwasser ist das übrigens ein tolles Gefühl.“
Wenn ich noch einmal 18 wäre, würde ich …
„… mich wahrscheinlich stärker gegen die Wünsche meiner Eltern durchsetzen und dem Segeln noch mehr nachgehen. Ich hatte im Leben bislang sehr viel Glück und konnte viele wunderbare Momente genießen, aber ich bin beispielsweise nie komplett um die Welt gesegelt, was ich sehr bedauere.“
Als Rentner werde ich …
„Ach, ich habe da viele Pläne, aber es kommt natürlich drauf an, wie fit ich dann sein werde. Ich habe eine Triumph Bonneville, die ich aktuell leider viel zu selten fahre. Da wären dann längere Touren angesagt. Und natürlich möchte ich meine Familie viel häufiger sehen. Übrigens hoffe ich, eher später als früher in Rente gehen zu müssen. Ich mag Herausforderungen und finde es wichtig, Träume zu haben, an denen ich arbeiten kann. Man muss neugierig und aktiv bleiben. Das große Geschenk des Lebens ist das Leben selbst und deshalb sollte man immer nach vorn schauen, selbst wenn man schon 100 Jahre alt ist.“
Sie tun einer Fee einen Gefallen und haben dafür drei Wünsche frei …
„Gesundheit, eine wunderbare, liebevolle Familie und ein Leben in einer friedlichen Welt. Natürlich gibt es immer Wettbewerb, aber der sollte stets friedlich ausgetragen werden. Seinen Werten treu zu bleiben, ist immer wichtiger als der Erfolg.“