Autor: Dirk Mönkemöller Unser Autor schlüpft jeden Monat in eine neue Haut und probiert modische Trends im Selbstversuch. Diesmal: Fundstücke im vertikalen Handel.
Ich wollte schon immer mal …
… wieder durch ein Modegeschäft stöbern, das ich wegen Corona seit Jahren nicht betreten habe. Meine Wahl fällt auf COS, „die Luxuslinie von H&M“, wie es eine Dame, die das Ladenlokal zeitgleich mit mir betritt, in Richtung ihrer Begleiterin beschreibt. Danke für die Erinnerung! Zu COS gehe ich eigentlich immer gerne, obwohl ich meistens enttäuscht darüber bin, dass die Damenkollektion viel mehr Raum einnimmt und auch mutiger gestaltet ist als die Herrenkollektion. Aber deshalb bin ich ja hier – um zu schauen, ob sich da etwas getan hat.
Kreuz und quer im Vertikalen
„Geh doch zu einem Vertikalen“, hatte mein Chef vorgeschlagen, als ich ihn nach einem möglichen Thema für diese Kolumne gefragt hatte. Als Branchenfremdling musste ich erst mal nachschlagen (ergo: googeln), was genau gemeint ist. Aber jetzt bin ich im Bilde. Dabei verlief mein Besuch bei COS alles andere als „vertikal“ – die Herrenabteilung liegt nämlich ganz hinten und am Ende von zahlreichen Metern ausgestellter Damenmode. Zudem geht es sogar ein paar Stufen abwärts. Immerhin sind die Ankleidekabinen in unmittelbarer Nähe. Und die sind überraschend großzügig gestaltet. Gehört sich ja auch so für eine „Luxuslinie“.
Mein erster Blick gilt den Farben der aktuellen Frühjahrskollektion. Neben den Klassikern weiß/hell und schwarz/dunkel finde ich Teile, die in ansprechendem Grün und Rostrot gehalten sind – allerdings gedämpft, nicht knallig. Hinzu kommen alle erdenklichen Abstufungen von Erd- und Naturtönen, was ja nichts Neues ist. Mir scheint, dass dem „Luxusmann“ durchaus etwas zugetraut wird – aber auf keinen Fall zu viel.
Drei Beispiele
Folgendes nehme ich mit in die Umkleide: ein geknöpftes Hemd aus festem Cord in hellem Rostrot, klassisch geschnitten. Eine Art modernen Trenchcoat in Dunkelgrün, der vom Stoff her an eine Regenjacke erinnert und leicht auf den Schultern liegt. Und eine weit geschnittene Jeansjacke (die auch als Hemd durchgeht) mit drei großen aufgesetzten Taschen. Überraschend finde ich, dass alle drei Stücke einen eher ausladenden Kragen haben. Das war nicht immer so bei COS. Ich verbinde die Marke vor allem mit japanisch anmutenden Krägen, die entweder schmal geschnitten oder gar nicht vorhanden waren.
Die Kombination aus Cordhemd und Regenjacken-Trenchcoat fühlt sich auf Anhieb gut und richtig an. Der Farb- und Materialmix zeugt von einer Eleganz, die nicht zu exzentrisch daherkommt und sowohl im Beruflichen wie im Privaten getragen werden kann. Eine echte Entdeckung ist hingegen die Jeansjacke, die ich als XL-Version in die Umkleide geschleppt habe: Sie weckt Erinnerungen an die 1980er- und 1990er-Jahre, wo Denim-Jacken zum guten Ton der Popkultur gehört haben (DIESEL, CHEVIGNON, LEVI’S, Lee).
Dass Jeansjacken nun ein Revival erleben, passt gut in diese freudlose Zeit, die von einer Pandemie und einem schrecklichen Krieg mit ungewissem Ausgang gezeichnet ist. Kann Mode – trotz allem – Trost spenden? Ich denke, ja. Manchmal sind es die kleinen, privaten Dinge, die uns Kraft geben. Und die „Vertikalen“ haben zum Glück die Regale reich befüllt.
In diesem Sinne: PEACE!