Autor: Andreas GrüterHerzlich willkommen zur Februar-Edition unserer ‚Auf ein Kaltgetränk mit…‘-Serie. Heute habe ich Bettina Grüninger, ihres Zeichens Akademieleiterin der LDT Nagold, zu Gast. Bei einem Rosé parlieren wir über bunte Vögel, modernen Medienkonsum und die Rolle der Frau in der Mode. Viel Spaß beim Lesen.
Wir eröffnen die Februar-2022-Bar. Was darf ich Ihnen anbieten?
Da entscheide ich mich doch gerne für ein Glas eiskalten Rosé.
Was kommt dazu auf den Teller?
Eine Portion Crevettes Rosés – mein absolutes Lieblingsessen.
Sie haben an der LDT Nagold studiert und sind dann gleich dortgeblieben. Was hat Sie im Lehrbetrieb gehalten?
Das stimmt nicht so ganz. Ich habe zwar nach meiner Handelslehre bei Sinn Leffers in Bonn an der LDT Nagold studiert, bin danach aber erst einmal für einige Jahre in Baden-Württemberg im Vertrieb und Markenaufbau tätig gewesen. Das war eine wahnsinnig spannende und vielseitige Zeit. Meine damalige Chefin hat mir dann erlaubt, einmal die Woche an der LDT zu unterrichten, weil sie wusste, wie sehr mein Herz an der Schule hängt. In der Zeit habe ich peu à peu den Bereich Ordertraining aufgebaut, der mittlerweile ein echter USP unserer Schule ist. Wir gehen mit unseren Texern, also unseren Studentinnen und Studenten, raus zu den Unternehmen und in die Showrooms, wo sie anhand von Fallbeispielen lernen, mit den Kollektionen zu arbeiten. Das geht von der Einkaufsplanung bis zum Visual Marketing auf der Fläche. Mir macht das wahnsinnig viel Spaß.
Nagold ist mein Nabel der Welt, weil, …
… ich hier mit meiner Familie glücklich und zufrieden im Schwarzwald lebe und die Lebensqualität im Ländle insgesamt sehr zu schätzen weiß. Auch wenn ich als Nordlicht, ich bin gebürtige Hannoveranerin, immer noch auf meine finale Einbürgerung warte. Zudem finde ich das Miteinander von Lehrenden und Studierenden an der LDT super. Nagold ist klein, man läuft sich quasi ständig über den Weg und geht dann auch gerne einfach mal zusammen einen Kaffee trinken.
Sie sind Co-Betreiberin des ‚Pfeffer und Salz‘-Blogs. Ist die Modebranche zu fade?
Nein, überhaupt nicht. Die Modebranche ist eine der vielseitigsten Branchen, die ich kenne, und zudem ein wunderbares Paradies für bunte Vögel. Ich liebe das. Trotzdem ist es eben diese kleine, zusätzliche Prise Pfeffer, diese kleine, zusätzliche Prise Salz und die kleine, zusätzliche Prise Glamour, die das Ganze dann doch noch ein bisschen spannender machen, und das war die Idee hinter der Namensgebung für den Blog, den ich gemeinsam mit Michaela Kranz betreibe. Wir heißen aber auch so, weil wir gerne konstruktiv miteinander diskutieren und mitunter auch streiten. Wer von uns beiden nun Pfeffer und wer Salz ist, wissen wir selbst bis heute nicht. Möglicherweise wechselt das auch manchmal. 2018 haben wir im Zuge des ganzen D.I.Y.- und Handmade-Trends übrigens mit der LDT und der Initiative Handarbeit eine Fortbildungsinitiative für die Handarbeitsbranche ins Leben gerufen, mit dem Ziel, UnternehmerInnen in diesem Bereich zu stärken und sie mit den ganzen BWL-Skills auszustatten, die man so braucht.
Drei Dinge, die man nicht von mir erwarten würde …
Ich habe für die Ausstellung ‚Wert und Wandel der Korallen‘ im Museum Frieder Burda gemeinsam mit meinen Studierenden über 140 Korallen gehäkelt. Dann bin ich bis zu meinem 20. Lebensjahr ganze 15-mal umgezogen, was am Beruf meines Vaters lag, der als General tätig war. Umziehen war quasi mein Hobby. Heute nehme ich nicht mehr gleich den ganzen Hausstand mit, sondern reise einfach. Das hat mir in der Corona-Zeit auch am meisten gefehlt. Und was man mir seltsamerweise gar nicht zuzutrauen scheint, ist, dass ich für mein Leben gerne Skifahren gehe. Auch das hat unter Corona schwer gelitten. Ich hoffe auf Besserung.
Routinen, auf die ich nicht verzichten möchte …
Ich liebe es, am Sonntagmorgen einen Kaffee im Bett zu trinken und nicht sofort aufzustehen.
TV oder Radio?
Die moderne Variante der Frage lautet ja eigentlich ‚Netflix oder Spotify?‘. Ich nutze beides.
Worüber haben Sie das letzte Mal herzlich gelacht?
Als von Grund auf fröhlicher und positiver Mensch lache ich grundsätzlich gerne und viel.
Was hat Sie das letzte Mal nachdenklich gestimmt?
Worüber ich sehr viel nachdenke, ist das Thema Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung und wie sich die Modebranche hier aktuell positioniert und in Zukunft positionieren sollte. Da ist sehr vieles im Umbruch und das ist auch gut und richtig so. Mode basiert auf Kreativität und Flexibilität und ich glaube, dass darüber auch Lösungen für die bekannten Probleme gefunden werden können. Upcycling, Slow Fashion und Recycling sind ja schon einmal gute Ansätze. Aber natürlich wird das für die Industrie eine echte Challenge.
Zu diesem Thema hätte ich einiges zu sagen, wurde bislang aber nicht gefragt …
Tatsächlich zum Thema große Designerinnen. Abgesehen von Coco Chanel, Jil Sander, Vivienne Westwood, Stella McCartney und einigen anderen gibt es sehr wenige weibliche Designer, die zu Weltruhm gekommen sind. In Anbetracht der Tatsache, dass viel mehr Frauen als Männer in der Branche arbeiten, Frauen wesentlich mehr Geld für Mode ausgeben und mithin die Womenswear einen viel größeren Marktanteil als die Menswear hat, finde ich es schon interessant, dass es letztendlich doch die Männer sind, die die Frauen anziehen und als Designer im Rampenlicht stehen. Da stellt sich mir die Frage, ob Frauen in der Mode doch noch immer die Rolle der Muse innehaben. Ich bin gespannt, wie sich das Thema in den kommenden Jahren auch unter dem spannenden Aspekt von ‚Diverse‘ entwickelt.
Wo sehen Sie sich in 20 Jahren?
Vor meinem Haus am Meer, mit einem Glas Rosé in der Hand, den Füßen im Wasser und umringt von meinen mindestens 25 Enkelkindern.
Meine vier Dinge für die einsame Insel.
Da entscheide ich mich für ein Segelboot, um im Zweifelsfall wieder wegzukommen. Für einen großen Vorrat an köstlichem Essen und leckeren Getränken, der natürlich niemals ausgeht. Eine Kiste mit guten Büchern und für den Fall der Fälle einen Notfallknopf. Man weiß ja nie …