„Das haben wir uns alle verdient!“

Création Gross

Aus 2021 sind die Franken gegenüber 2020 besser herausgekommen. Aber zu 2019 fehlen immer noch 25 bis 30 Prozent. alle Bilder ©Création Gross

Autor: Markus Oess
Dieses Jahr werde ein gutes, sagt Thomas Steinhart, Geschäftsführer von Création Gross, gegenüber FT. Um im kommenden Jahr wieder auf Vor-Corona-Niveau zu kommen, starten die Hersbrucker eine Aufholjagd. So sollen auch die restlichen 25 bis 30 Prozent Umsatz wieder hereinholt werden. Modisch werden die großen Themen der beiden Marken CARL GROSS und CG – CLUB of GENTS fortgeschrieben.

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„Wir haben förmlich gespürt, wie ein Ruck durch die Firma gegangen ist und alle zusammenhielten. So haben wir es geschafft, ohne eine einzige Kündigung durch die Pandemie zu kommen. “ Thomas Steinhart, Geschäftsführer Création Gross

Die kommende Saison wird sicher spürbar besser werden als die Vergleichssaison 2021. Wir werden die Zahlen von 2019 noch nicht wieder erreichen können, aber rücken schon deutlich heran. Vorausgesetzt natürlich, Omikron kommt nicht mit Überraschungen ums Eck und wir schwenken wie erhofft tatsächlich in den kommenden Wochen in die endemische Phase ein“, blickt Thomas Steinhart, Geschäftsführer beim Hersbrucker Anzugspezialisten Création Gross, auf die kommenden Monate. Aus 2021 sind die Franken gegenüber 2020 besser herausgekommen. Aber zu 2019 fehlen immer noch 25 bis 30 Prozent. „Genau diese Lücke wollen wir über das Gesamtjahr schließen. Ich bin überzeugt davon, dass wir diese Aufholjagd auch schaffen können“, sagt Steinhart gegenüber FT.

„Wir haben förmlich gespürt, wie ein Ruck durch die Firma gegangen ist und alle zusammenhielten. So haben wir es geschafft, ohne eine einzige Kündigung durch die Pandemie zu kommen. Allerdings hat uns die Kurzarbeit kräftig unterstützt. Wir hatten schwer zu kämpfen und wir alle in der Branche brauchen auch weiterhin Unterstützung“, sagt Steinhart. Das Unternehmen habe sich intern effizienter aufgestellt. Alle Prozesse wurden neu überdacht und auch die Digitalisierung im Unternehmen vorangebracht.

Sorgen bereitet dem Manager allerdings die anhaltende Inflation. Während vor allem steigende Energiekosten den Geldbeutel der Konsumenten merklich schmälern, drücken Probleme in der Supply Chain. „Sie kennen die Problematik um Lieferengpässe, steigende Beschaffungspreise und Logistikkosten. Ich bin mir da gar nicht sicher, ob sich wie angekündigt im Sommer die Situation tatsächlich wieder entspannt. Immerhin hat es ein Gutes: Dank des Kostendrucks steigt insbesondere in den osteuropäischen Ländern die Bereitschaft, Investitionen zu tätigen, um Energie einzusparen und sorgsamer mit unseren Ressourcen umzugehen. Vor Corona haben wir mit unseren Partnern in der Fertigung diese Themen nicht annähernd so ernsthaft diskutieren können. Aber ich bin auch genauso sicher, dass sich das Rad der Globalisierung kaum mehr zurückdrehen wird“, sagt Steinhart.

„Mit den steigenden Temperaturen wird auch wieder die Stimmung steigen und damit die Konsumlaune.“

Etwas Positives in der Pandemie hat Steinhart außerdem ausgemacht. Die überhitzten Ladenmieten würden wieder auf ein Normalmaß zurückgestutzt werden können. „Vor zwei Jahren war es undenkbar, über Mietminderungen zu diskutieren. Ich glaube auch nicht an ein Massensterben im Handel. Die Firmen, die es bis hierher geschafft haben, werden weitermachen, zumal auch der Staat mit Hilfen eingreift. Ich glaube, es kann auch gelingen, den Innenstädten zu einem Revival zu verhelfen, wenn alle vor Ort daran mitwirken, die Attraktivität der Citys zu erhöhen. Mit den steigenden Temperaturen wird auch wieder die Stimmung steigen und damit die Konsumlaune. Die Menschen, sind coronamüde und wollen wieder raus ins Leben. 2022 wird ein gutes Jahr, das haben wir uns alle verdient!“

„Die GOTS-Zertifizierung wird uns bezüglich der Marktakzeptanz, aber auch prozessual einen großen Schritt weiterbringen.“ Thorsten Grönlund, Division Head CARL GROSS

Beide Marken, CG – CLUB of GENTS und CARL GROSS, haben die Eckpreislagen gehalten, mussten aber in der Preisstruktur kostenbedingt Anpassungen vornehmen. Was die Markenentwicklung angeht, läuft vieles in Richtung Nachhaltigkeit. Für CARL GROSS verspricht sich Markenchef Thorsten Grönlund einiges von der GOTS-Zertifizierung, die die Marke vor Kurzem erhalten hat. „Bei CONCEPT GREEN spüren wir eine verstärkte Nachfrage und wir gehen fest davon aus, dass uns die GOTS-Zertifizierung einen großen Schritt bezüglich der Marktakzeptanz, aber auch prozessual weiterbringen wird“, sagt Grönlund. In einem ersten Schritt hat er vier GOTS-zertifizierte Anzüge aufgenommen, zwei als klassisches Orderangebot und zwei im NOS-Programm.

Die Kollektion unter dem Thema „Northern Tweed“ wurde diesmal in der Lüneburger Heide fotografiert. Ursprünglich sollte es eigentlich nach Schottland gehen, aber coronabedingt war das leider nicht möglich. Die Kollektionen sind nach wie vor eine Mischung aus entspannten, aber angezogenen Looks. Sie wurden wieder etwas ausgebaut, allerdings liegt nun der Fokus weniger auf Formenvielfalt, sondern auf dem Suit. Neu ist auch eine zweireihige Weste.

Grünes Konzept

Die Handschriften von CARL GROSS und CONCEPT GREEN sind dabei identisch. Inzwischen kommt CARL GROSS auf einen Anteil von 45 Prozent nachhaltiger Mode in der Kollektion. Im Sommer soll die Marke von 50 Prozent übersprungen werden. „So haben wir beispielsweise Harris Tweed bis hin zu den Hangtags komplett nachhaltig umgesetzt. Auch unsere BLACK LINE haben wir weiterentwickelt. Geshootet haben wir in Hamburg, dem Tor zur Welt. Auch hier wird die Mode noch ein Stück bequemer, moderner. Aber auch hier werden wir den Ursprung der Marke nicht verlassen“, sagt Grönlund. Die Silhouetten werden wieder etwas weicher, lässiger. Cropped Hosen bleiben ein Thema, die Flatfront weicht etwas volumigeren Interpretationen. „Was ich noch nicht sehe, sind größere Fußweiten. Bis wir einen echten Formenwandel mit Anmutungen der 1980er- und beginnenden 1990er-Jahre im konsumigen Bereich erkennen, wird es auf der Fläche noch wenigstens ein Jahr dauern“, sagt Grönlund.

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Zwei Trends werden die nächsten Kollektionen weiter bestimmen: Authentizität und Funktion. Authentizität kommt durch Stoffe wie Tweed, Leinen, Baumwolle zum Ausdruck. Auf der anderen Seite geht die Marke verstärkt auf technische Ausrüstung. „Überraschend hat sich das Hemdsakko in den Abverkäufen nicht so durchgesetzt, wie viele erwartet hatten. Dafür wurden verstärkt sportliche Sakkos verkauft, kräftigere Qualitäten, auch mit Stehkragen. Wir haben das für diesen Winter mit den Sakkos Tyler, Tizian und der Hemdjacke Taddeo aufgegriffen“, sagt Grönlund. „Wenn wir Preise erhöht haben, dann haben wir auch die Qualität der Teile entsprechend verbessert. Beispielsweise verarbeiten wir ausschließlich Stoffe aus Italien, der Türkei und Portugal. Ich bleibe dabei: Wenn die Frequenz auf der Fläche sinkt, müssen die Durchschnittsbons steigen, also mehr höherwertige Teile verkauft werden. Gerade beim Thema Nachhaltigkeit und GOTS haben wir darauf geachtet, ein verbessertes Preis-Leistungs-Verhältnis anzubieten“, betont Grönlund.

Grönlund sagt, er sei während der gesamten Pandemie der festen Überzeugung gewesen, dass der Anzug nicht tot ist: „Die Menschen wollen einen gepflegten Look, nicht nur anlassbezogen. Und da kommt kein Mann am Anzug vorbei.“ Nicht ohne Grund sei die Nachfrage nach dem klassischen Zwei- oder Dreiteiler angezogen, als die Läden wieder öffnen konnten. Auch die Jungen achteten auf gepflegte Kleidung, wenn sie am Wochenende ausgehen. Grönlund rechnet fest damit, dass das Suiting auch im Reinverkauf wieder merklich anziehen wird. „Wir werden ein deutliches Wachstum im zweistelligen Bereich in dieser Order sehen.“

Musik ist Trumpf

Ich bin für den Anzug optimistisch. Das Party-Thema läuft gerade sehr gut und differenziert sich weiter aus.“ Ralf Klute, Division Head CG CLUB of GENTS

Die ersten Reaktionen auf die neue Kollektion von CG – CLUB of GENTS seien durchweg positiv gewesen, berichtet Head of Division Ralf Klute. Die Mode der jungen Linie wird wieder etwas lauter. Hauptthema ist diesmal Musik. „Wir haben unsere drei Linien mit einer bestimmten Musikrichtung verbunden, die für die jeweilige modische Aussage steht“, erklärt dazu Klute.

Die Mainline CG – CLUB of GENTS steht unter der Überschrift „Berlin Calling“. Wie beim Film geht es um die Ursprünge des Techno und um Berlin, eine coole, pulsierende Stadt. „Wir sehen Techno-Elemente, die den Look prägen. Auch Animal Prints sind fester Bestandteil des Looks. Die Leute wollen sich nach den Beschränkungen wieder treffen. Sie hängen die Jog Pants an den Nagel. Jersey bleibt dennoch allgegenwärtig und belegt 60 bis 70 Prozent der Kollektion.“ Das Label interpretiert den Anzug mit Bombersuits neu. Neu ist auch ein Sweatsakko, das die Lässigkeit des Hemdes und die Griffigkeit des Sakkos zusammenführt. Die Farben sind typisch englisch: Beige, Braun, Olive-Taupe, Grau und natürlich Schwarz und Weiß. Die Silhouetten bleiben eng, die Hosen werden etwas weiter. Bundfalten sind angesagt. „Geshootet haben wir in einem Berliner Club, der genau diese Atmosphäre erzeugt: rough, lässig und ein wenig Mick Jagger“, sagt Klute.

Savile Row by CG – CLUB of GENTS läuft unter dem Thema „We are young – we are the Mods“ – orientiert am Film Quadrophenia. „Wir kehren wieder stärker zu den Wurzeln zurück, werden in der Gesamtaussage wieder englischer: kleine Karomuster, Tweed, Flanell, Jersey. Die Farben gehen ins Gelbe, British Racing Green, Blau und Camel, Weiß und Schwarz. Wir haben viele Zweireiher und Hemden mit Wallpaper Prints. Die Revers werden deutlich breiter. Der Look der 1960er- und 1970er-Jahre ist zurück“, sagt Klute.

Mit Your Own Party by CG – CLUB of GENTS geht es ins „Studio 54“. „Wir tauchen ein in die Partynächte der 1970er-Jahre. Schwarz, Grau und Offwhite prägen die Kollektion. Wir haben Lederrevers und Lurex-Sakkos. Animal Prints sind auch in dieser Kollektion nicht mehr wegzudenken. Auch hier wird die Mode offensiver. Der Clou ist das Innenfutter, das wir immer selbst gestalten. Dort haben wir diesmal das Rezept für das Kultgetränk Studio 54 eingearbeitet“, sagt Klute. Schließlich hat das Team das Hochzeitsthema vom Sommer in den Winter übertragen: Wolle in dunklen Rottönen, Salbei, Dunkelblau in Mohair-Optik.

Zudem haben die Hersbrucker die Landingpage neu gestaltet und gehen für die Kollektionspräsentation neue Wege. Ein Fahrstuhl in einem Club bringt die User auf drei Etagen zu den jeweiligen Kollektionen. Club- und Tanzräume, die die Überschrift der jeweiligen Linie ausdrücken. „Wir rechnen in der Order mit deutlichen Zuwächsen gegenüber 2021, vor allem Your Own Party by CG – CLUB of GENTS bereitet uns aktuell Freude. Ich bin für den Anzug optimistisch. Das Party-Thema läuft gerade sehr gut und differenziert sich weiter aus. Nicht nur Schwarz wird gut verkauft, auch die Farbigkeit in der Kollektion gewinnt. Weitere Silhouetten und breitere Schultern werden sich in unserem Segment aber schwertun. Bundfaltenhosen sind well received.“

Im Marketing stehen vor allem zwei Themen an. Zum einen wurde für alle Linien ein neues einheitliches Shopsystem mit Warenträgern entwickelt, das nun schrittweise ausgerollt wird. Den Auftakt macht P&C Süd in Düsseldorf, Köln und Berlin. Auch mit den Pop-ups geht es weiter, unter anderem bei ANSON’S.  Zehn Flächen sollen es in einem ersten Schritt werden. Außerdem knüpft das Label an die zurückliegenden PoS-Aktionen an und veranstaltet Bier-Tastings auf der Fläche. „Wir verkosten sogar unser CG-Bier, das wir bei einem heimischen Brauer abfüllen lassen – in CG-Gläsern, die die Kunden dann mit nach Hause nehmen können“, sagt Klute. Aktuell sind 25 POS-Events nur für Frühjahr geplant (davon 15 Bier-Tastings)