Starkes Signal
„So nicht erwartet“, war eines der häufig zitierten Statements auf den Messeständen der Pitti Uomo #101. Wohl einige Aussteller sind eher mit gemischten Gefühlen zur Menswear-Messe gefahren und erlebten dann eine durchweg positive Überraschung. Raffaello Napoleone, CEO of Pitti Immagine, spricht gegenüber FT vom „ appuntamente giusto“ vom richtigen Termin. „Wir haben die Erlaubnis erhalten, die Messe zu veranstalten, also haben wir es auch getan“, sagt Napoleone. Es brauche die Plattformen, um die wieder erwachte Modeindustrie weiter zu unterstützen – auch und besonders auf internationalem Niveau. Der Manager verweist auf die steigenden Umsätze der italienischen Modeindustrie, von mehr als 9,10 Milliarden Euro für 2021, auch wenn Sie noch nicht Vorkrisenniveau erreicht hätten. Auch die Exporte nach Deutschland sind wieder merklich angestiegen. Insgesamt haben sich rund 540 Marken angemeldet, davon 151 aus dem Ausland. 37 Marken sind ausschließlich digital auf der Pitti Connect präsent. Die Messe zählte nach eigenen Angaben allein für die ersten zwei Messetage rund 3.900 Buyer. Darin sind die übrigen Fachbesucher nicht enthalten. Die Pitti sei zwar noch nicht zu den alten Zahlen zurückgekommen ist, so Napoleone, die Pitti Immagine hatte im Lockdown rund 39 Millionen Euro Umsatz verloren, aber diese Ausgabe sei die richtige Antwort auf die augenblickliche Situation und ein großer Erfolg.
Manager von Caruso, Tombolini oder People of Shibuya, erklärten unisono, dass es wichtig war, mit dieser Messe einen Impuls zu setzen. Tenor: Die Einkäufer, die das Risiko einer Infektion in Kauf genommen hätten und nach Florenz gekommen seien, hätten keine Zeit für unverbindliche Gespräche zu verlieren und wollten Geschäft machen. Auch von den deutschen Marken war dies zu hören. Cristobal Felipe Machhaus, Exportchef von Digel aus Nagold, betont, dass man mit der Besucherzahl wieder an das Prä-Corona-Niveau heranreiche. „Es war die richtige Entscheidung, hierher zu kommen“, betont er. „Trotz aller Herausforderungen, welche die Pandemie mit sich bringt, sind wir mit dem Verlauf der Pitti zufrieden. Es herrschen eine gute Atmosphäre und Stimmung. Vor allem freuen wir uns über die Resonanz auf unserem Stand. Viele nationale und internationale Einkäufer haben uns besucht und wir haben großartiges Feedback zu unserer Kollektion erhalten“, sagt auch ein Sprecher von Marc O‘ Polo. Ahmet Mercan, CEO von AlphaTauri und sein Vertriebs-Chef Stefen Boeing ziehen eine überaus positive Bilanz. Man habe Ruhe bewahrt und an dem Messeauftritt festgehalten. „Wir glauben als junge Marke fest an diese Plattform“, betont Mercan, mit Blick auf die internationalen Expansionspläne des Unternehmens. Von den deutschen Einkäufern haben sich laut Pitti unter anderem Abseits, Apropos, August Pfueller (Germany), Braun (Germany), Breuninger, Bungalow Daniels (Germany), Hirmer, Lodenfrey. Moeller & Moeller, Peek & Cloppenburg und Voo Store angemeldet. Den Schätzungen der Aussteller kommen etwa 70 Prozent der Besucher aus dem Inland. International stammten sie überwiegend aus West- und Osteuropa. Aber selbst Russen seien angereist.
Modisch setzt Florenz weiter auf Material-Exzellenz und perfektes Handwerk. Mit diesem klaren Bekenntnis zur Qualität unterstreicht die Pitti kulturelle Werte und macht sie begehrlich, nach dem Motto – weniger, aber besser konsumieren. Formelle und Casual Welten verbinden sich immer gekonnter. Lässige Overshirts oder Strickjacken statt Sakkos machen smarte Looks deutlich zeitgemäßer. Die großen Checks in den Flanellhemden und der aufregend gemusterte Strick gehören zu den visuellen Highlights der Messe. Outdoor Performance in Puffer oder Tech-Parkas sind stilistischer Anker für aktive Männer. Die Statements zur Sustainability und die Verbindung von Reality mit Virtuellem sind als Megatrends der omnipräsente Unterton.