Autorin: Silke Lambers„Same Same But Different“ lautet nicht nur der Titel eines der Trendthemen der MUNICHFABRICSTART, sondern es beschreibt auch das Gefühl auf der MUNICHFABRICSTART, die vom 31. August bis 2. September 2021 im MOC stattfand – fast wie früher. Nach einer ausgefallenen Messe im Januar dieses Jahres und der kleinen Schwester Munich Fabric Days im August 2020 stellten die Veranstalter ein Konzept auf die Beine, das es ermöglichte, eine breit aufgestellte Messe stattfinden zu lassen – mit entsprechenden COVID-konformen Maßnahmen.
Teststationen vor den Hallen, Abstand, Maskenpflicht und viel Platz bei den Trendvorträgen, so trat die MUNICHFABRICSTART an. „Bis zum letzten Moment haben wir uns darauf fokussiert, die Shows Wirklichkeit werden zu lassen – trotz aller Herausforderungen, Maßnahmen und der anhaltenden Planungsunsicherheit. All unsere Mühen wurden mit einem rundum positiven Branchen-Feedback belohnt“, freut sich Managing Director Sebastian Klinder über den Ablauf der Messe. Rund 600 internationale Aussteller zeigten um die 1.000 Kollektionen in den Bereichen Stoffe, Zutaten und Drucke. Nur außereuropäische Aussteller sah man keine oder sie wurden durch europäische Agenturen vertreten.
Haptik braucht Präsenz
Überwiegend zufrieden waren auch die rund 13.400 Fachbesucher, die mit einem Nachholbedarf an haptischen Erfahrungen angereist waren, um die neuen Stoffe für den Winter 2022/2023 auf der MUNICHFABRICSTART und der BLUEZONE zu erfühlen. Was Otti Berger, Textilkünstlerin am Bauhaus, im Jahr 1930 feststellte, bewahrheitete sich dieses Jahr in München immer noch: „Ein Stoff soll gegriffen werden. Das Begreifen eines Stoffes mit den Händen kann ebenso schön empfunden werden wie eine Farbe vom Auge oder ein Klang im Ohr.“ Kaum ein Satz wurde auf der Messe häufiger von Besuchern und Ausstellern bestätigt, wenn auch moderner formuliert.
Das bestätigte uns auch Ulrich Kemmler, Sales Manager bei der tavb – Textil-Vertrieb-Beratungs-GmbH: „Die Besucher waren sehr zufrieden. Alle Kunden waren froh, endlich wieder Stoffe anzufassen. In den letzten zwei Jahren haben viele Kunden aus ihrem Fundus gelebt und auf bewährte Qualitäten gesetzt. Jetzt wird auch wieder auf Neuerungen gesetzt. Dabei ist Nachhaltigkeit eines der ganz wichtigen Themen. Es ist der Megatrend. Außerdem machen wir jetzt mehr Waren für Homewear, also schwerere Jerseys, die absolut angezogen aussehen.“
Dem positiven Eindruck schließt sich Christof Hornung, Eigentümer der Agentur Hornung, an. „Grundsätzlich war die Stimmung super. Es hatten ja auch alle Nachholbedarf nach einer langen Zeit ohne Stoffmesse. Das Arbeiten auf der Messe war sehr gezielt und konstruktiv. Die Kunden waren absolut offen für neue Themen. Das Thema ,Capsule Collection‘ entwickelt sich sehr stark, das schafft die Möglichkeit, auch ganz neue, besondere Themen in den Kollektionen zu platzieren, ohne die ,Hauptkollektion‘ dadurch zu sehr zu beeinflussen.“ Und auch er stellt fest: „Bei allen meinen Lieferanten wurden die neuen innovativen Stoffe gesucht und ebenso das Thema Nachhaltigkeit.“
Neuheiten inspirieren
Auch die Besucher waren grundsätzlich guter Stimmung und nutzten die Messe vor allem zu Inspiration und zur Auseinandersetzung mit aktuellen Themen, wie Nachhaltigkeit und der 3-D-Darstellung von Stoffen. Die neu gestaltete ReSOURCE X SUSTAINABLE INNOVATIONS Area für nachhaltige Stoffe und Innovation begeisterte auch Miriam Herrmann, Design & Development Swimwear bei Anita: „Nachhaltigkeit ist ein wachsendes Thema, deshalb hat uns der neue Resource-Bereich besonders gut gefallen. Ich fände es schön, wenn neben nachhaltigen Stoffen auch Konzepte für die Kreislaufwirtschaft aufgezeigt würden, damit man das Thema für den Endkunden zu Ende denken kann.“ Einen kleinen Wermutstropfen merkte sie auch an: „Nach wie vor würde ich es begrüßen, wenn es unter den Messen bessere Absprachen zum Thema Zeitpunkt gäbe, damit man seine Reisen effektiver planen kann.“
Ein positives Resümee zur Messe zieht auch Felix Wehmeyer, Product Management Men/3D Specialist bei DRYKORN: „Die Stimmung war durchweg positiv, alle sind mit viel Vorfreude nach München gekommen nach einer langen messefreien Zeit. Der Austausch tat gut, auch wenn man nach langer Zeit mit Kollegen über Inspirationen und Eindrücke sprechen konnte. Ich habe speziell nach Outerwear-Stoffen mit technischen Eigenschaften und Struktur Ausschau gehalten, aber auch das Thema Nachhaltigkeit ist noch mal größer geworden. Es war schön, mal wieder auf einer echten Messe zu sein, und ich bin froh, dass die MFS mit dem passenden Konzept stattfinden konnte. Ich fand besonders die Integration des neuen Konzeptes FABRIC.iD sehr gut.“ Mit der FABRIC.iD lancierte die MUNICHFABRICSTART eine neue Area, die innovative Verfahren zur vollständigen Digitalisierung von Stoffen vorstellte und erlebbar machte.
Trends werden expressiver
Aber nicht nur neue Konzepte, sondern auch die Trends auf der MUNICHFABRICSTART und in der angrenzenden BLUEZONE standen unter dem Stern der Veränderung und inspirierten die Besucher. Unter dem Saisontitel „Rise“ stellte die MUNICHFABRICSTART in knalligen Trendforen die Farb- und Stoffthemen vor. Dabei geht es im Winter 2022/2023 nicht nur um die Rückkehr zum (New) Normal, sondern vor allem um den Aufbruch in ein neues Lebensgefühl. „Die menschliche Resilienz zeigt sich in Materialien und Kollektionen, die vor Humor und Ausdrucksstärke nur so strotzen. Wir sehen das Bedürfnis, das Leben zu feiern, aber auch das Verlangen, laut seine Meinung zu äußern, auch und gerade durch Mode. Aus dieser Haltung entstehen spannende Kollaborationen über das bisher Mögliche hinaus“, beschreibt Joachim Baumgartner, Art Director Trends und Fabrics bei der MUNICHFABRICSTART, den Zeitgeist. „Jetzt rebelliert junge Mode in ,alten‘ Stoffen, wie Karo, Cord und Samt, die in neuen Farben und weiten, lässigen Silhouetten aufgemacht werden.“ Außerdem sieht er weiterhin innovative Batik-Eyecatcher als zentrales Druckmotiv, das sich zum Basic in den Kollektionen entwickeln werde. Das Thema Nachhaltigkeit würde weiterhin wachsen und in Zukunft von einem aufmerksameren Kunden vielschichtiger aufgeschlüsselt und klarer beleuchtet werden.
„Back to the Future“ lautete das Trend-Motto der Saison in der Zenith Halle. In der BLUEZONE zeichnete wieder Tilmann Wröbel von der Agentur MONSIEUR-T. für die Trends im Bereich Denim verantwortlich. Er sieht, dass das Thema Gaming den Denimbereich als Sofortthema beeinflusst, mit Looks, die vom Cyberspace inspiriert sind und auf dem Sofa zu Leben erweckt werden (und während der Pandemie wurden). Daneben prognostiziert er eine Rückkehr von High Waist zu Low Waist und damit auch die Rückkehr von mehr Sex-Appeal in den Jeans-Modellen – eine schnelle Belebung des „Denim-Kamasutra“, wie er es beschreibt. Aber auch im Denim-Markt sticht das Thema Nachhaltigkeit als wichtigstes Thema hervor. Hier werde man zurückkehren zu „echten Jeans aus guten Stoffen“, die darüber hinaus mit einer längeren Lebensdauer punkten. Wröbel sieht auch einen Kunden voraus, der lernt, Nachhaltigkeit differenziert zu betrachten und zu bewerten. „Es wird eine wahre Greenwashing Hatery geben.“