MADE IN GREEN verdoppelt

OEKO-TEX®

Ein weiteres Jahr in Folge meldet die internationale OEKO-TEX®-Gemeinschaft ein positives Geschäftsergebnis – trotz der Herausforderungen durch die COVID-19-Pandemie. alle Bilder ©OEKO-TEX®

Autor: Markus Oess
Auch im zweiten Corona-Jahr baut der Zertifizierer seine Geschäfte aus. Allein für MADE IN GREEN wurde die Vergabezahl verdoppelt, über alle Verfahren hinweg hat die Organisation mit Sitz in Genf ein Plus von 31 Prozent verbucht. Das Tempo für die kommenden Monate soll hochgehalten werden, sagt Generalsekretär Georg Dieners gegenüber FT.

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Ein weiteres Jahr in Folge meldet die internationale OEKO-TEX®-Gemeinschaft ein positives Geschäftsergebnis – trotz der Herausforderungen durch die COVID-19-Pandemie. Insgesamt vergab OEKO-TEX® im zurückliegenden Geschäftsjahr mehr als 31.000 Zertifikate und Labels, das bedeutet einen Zuwachs von 31 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Das stärkste Wachstum gab es dabei ein weiteres Mal für das Label MADE IN GREEN by OEKO-TEX®, das sich im Vergleich zu 2019/2020 verdoppeln konnte. Auch für das neue Carbon and Water Footprint Tool zeigt sich OEKO-TEX® zuversichtlich.

„Unsere Mission bleibt unverändert“, sagt OEKO-TEX®-Generalsekretär Georg Dieners. OEKO-TEX® stehe seit fast drei Jahrzehnten für Transparenz entlang der internationalen Lieferketten der Textil- und Lederindustrie sowie für Verbraucherschutz und die Sicherstellung von mehr Produktverantwortung und Vertrauen für alle Beteiligten. „Dabei spiegelt unser Jahresbericht die wachsende Bedeutung unseres Anliegens in der gesamten Branche wider“, sagt Dieners. Mittlerweile arbeiten mehr als 21.000 Hersteller, Marken und Händler in mehr als 100 Ländern offiziell mit dem Zertifizierer zusammen. Die Zahl der ausgestellten Labels und Zertifikate ist in der Zeit zwischen dem 1. Juli 2020 und dem 30. Juni 2021 von 24.205 auf 31.696 geklettert.

Richtlinien für virtuelle Audits

Auch im zweiten Jahr der COVID-19-Pandemie konzentrierte sich die Organisation darauf, Zertifizierungen zu ermöglichen und Unterbrechungen der Lieferkette zu vermeiden. Zudem verzichtete der Verband auf Zertifizierungsgebühren im Rahmen des STANDARD 100 by OKEO-TEX® für Mund-Nasen-Masken, um die Branche zu unterstützen. Wegen der internationalen Reisebeschränkungen führte die Organisation Richtlinien für virtuelle Audits ein, um so den Zertifizierungsprozess aufrechtzuerhalten. Neben diesen kurzfristigen Maßnahmen ging aber auch der Auditierungsprozess weiter: Mittlerweile sind mehr als 620.000 Beschäftigte in STeP by OEKO-TEX®-zertifizierten Betrieben tätig und können so von umweltfreundlichen Arbeitsprozessen und sicheren, sozialverträglichen Arbeitsbedingungen profitieren.

Für das Vertrauen des Marktes in die Qualität der Zertifikate arbeitet die Organisation mit Sitz in Zürich kontinuierlich an der Qualitätssicherung – nicht zuletzt auch unter Einbeziehung externer Urteile. So arbeiten die Institute mit sogenannten Round Robin Tests. Das heißt, sie testen identische Proben mit den global einheitlich festgelegten, gleichen Prüfmethoden, um einen laborübergreifenden Vergleich zu ermöglichen. Zweiter Punkt im Zusammenhang mit Marktvertrauen ist der Schutz vor Missbrauch. Hier setzt die Organisation die Markenschutzsoftware SENTRYC gegen Rechtsverstöße ein. Seit Anfang 2021 wurden auf diese Weise über 2.600 Missbrauchsfälle aufgedeckt und gelöst. Neu ist das OEKO-TEX® International Advisory Board (IAB), das im April 2021 das erste Mal tagte. Kernfunktion des IAB ist dabei die Beratung hinsichtlich der marktnahen Weiterentwicklung der Standards auf Basis der Vorschläge der internationalen OEKO-TEX® Working Groups.

OEKO-TEX® liefert abseits der Zertifizierungen auch wissenschaftliche Daten und nachhaltige Lösungen. Gemeinsam mit dem auf Nachhaltigkeit spezialisierten Beratungsunternehmen Quantis hat die Organisation das Carbon and Water Footprint Tool entwickelt, um der Textilbranche dabei zu helfen, ihre CO2-Emissionen und ihren Wasserverbrauch zu reduzieren. Nach der bereits erfolgreichen Implementierung der Methodik im Jahr 2021 soll das Tool 2022 in die STeP by OEKO-TEX®-Zertifizierung integriert werden.

„Gute Balance zwischen physischen und digitalen Prozessen“

OEKO-TEX®-Generalsekretär Georg Dieners über Nachhaltigkeit und Digitalisierung in Corona-Zeiten. Warum Vertrauen so wichtig für die Zertifizierer ist und wie sie es schützen wollen.

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 „Unsere Arbeit beruht auf Vertrauen, einem unserer drei Kernwerte, das unsere Partner und die Endverbraucher der Marke OEKO-TEX® entgegenbringen.“ Georg Dieners, Generalsekretär von OEKO-TEX®

FT: Herr Dieners, OEKO-TEX® ist in der Krise gewachsen, dies vor allem, weil das Thema Nachhaltigkeit zusehends in den Fokus gerückt ist. Wie bewerten Sie das Ergebnis vor diesem Hintergrund?
Georg Dieners:Wir gehen davon aus, dass das Bewusstsein der Verbraucher für eine nachhaltige Lebensweise auch ohne die Pandemie gewachsen wäre. Die aktuelle Zeit hat diese Entwicklung bloß beschleunigt und verstärkt. Damit geht vor allem auch die Nachfrage nach transparenten Lieferketten und einer genauen Rückverfolgbarkeit von Produkten einher. Gleichzeitig ist das Thema Gesundheit in den Fokus gerückt. Durch diese Faktoren erklären wir uns das starke Wachstum unseres MADE IN GREEN by OEKO-TEX®-Labels um 108 Prozent im gerade beendeten Geschäftsjahr: MADE IN GREEN by OEKO-TEX® garantiert nicht nur die Prüfung der eingesetzten Materialien auf Schadstoffe, sondern steht auch für umweltfreundliche Produktionsprozesse sowie sichere und soziale Arbeitsbedingungen. Anhand eines QR-Codes oder der eindeutigen Produkt-ID können Verbraucher die Produktionskette transparent nachverfolgen.“

Round Robin Tests sollen eine gleichbleibende Qualität sichern. Was verbirgt sich dahinter?
OEKO-TEX® besteht aus 18 unabhängigen Textil- und Lederinstituten in Europa, Japan und Kontaktbüros in mehr als 70 Ländern. Derzeit arbeiten mehr als 21.000 Hersteller, Marken und Händler in fast 100 Ländern offiziell mit uns zusammen, um sicherzustellen, dass ihre Produkte auf potenziell schädliche Substanzen getestet werden. Gleichzeitig nutzen Millionen Verbraucher weltweit die OEKO-TEX®-Labels, um ihre Kaufentscheidungen zu treffen. Verpflichtende Round Robin Tests ermöglichen dabei einen neutralen Vergleich der Laborleistung der einzelnen Institute und der von uns eingesetzten Prüfmethoden. Indem wir gleiche Muster in unterschiedlichen Laboren mit gleichen Methoden prüfen, können wir genaue Vergleiche schaffen und unseren Zertifizierungsprozess dadurch stetig optimieren.“

Sie gehen verstärkt auch gegen Missbrauchsfälle vor. Gibt es einen Anstieg der Missbräuche und wenn ja, woran liegt das?
„Wir begrüßen die zunehmende Digitalisierung, dennoch mussten wir in den vergangenen Jahren feststellen, dass es gerade bei Online-Marktplätzen vermehrt zu Missbräuchen kommen kann. Unsere Arbeit beruht auf Vertrauen, einem unserer drei Kernwerte, das unsere Partner und die Endverbraucher der Marke OEKO-TEX® entgegenbringen. Um diese Sicherheit gewährleisten zu können, ist der Schutz unserer Marke von enormer Bedeutung, weswegen wir hier zunehmend investieren und seit dem vergangenen Geschäftsjahr unter anderem mit der Markenschutz-Software SENTRYC gegen Rechtsverstöße vorgehen.“

Im April 2021 fand auch die erste Sitzung des OEKO-TEX® International Advisory Boards (IAB) statt. Warum wurde das Board eingerichtet und wie ist es besetzt?
„Das International Advisory Board wurde gegründet, um die OEKO-TEX®️-Gemeinschaft durch die Expertise von unterschiedlichen Interessenvertretern und damit um differenzierte Perspektiven zu ergänzen. Es informiert den Lenkungsausschuss über aktuelle Prioritäten am Markt sowie mögliche Strategien, die für die Ziele von OEKO-TEX®️ relevant sind. Dadurch unterstützt es uns, noch sicherere Produkte zu generieren und Unternehmen nachhaltiger und sozial verantwortlicher zu gestalten. Es berät und entscheidet über Vorschläge, die von den OEKO-TEX®️ Working Groups entwickelt und vom Lenkungsausschuss eingereicht wurden. Dadurch spielt es eine wichtige Rolle bei der Weiterentwicklung der OEKO-TEX®️-Standards und beeinflusst die Strategie und das operative Geschäft unserer Organisation. Im Gremium sitzen aktuell Nathaniel Sponsler, Anwalt und Spezialist für Produktchemikalien, Dr. Monika Kohler, Expertin für Umwelt-, Energie- und Konsumentenschutz, Tietje Voss, Director of Operations & IT der CALIDA AG, sowie Dietrich Tegtmeyer, Vice President Business Unit Leather & Innovation der LANXESS AG.“

„Das Thema Gesundheit steht für OEKO-TEX® seit jeher im Fokus und wird auch nach der akuten Pandemie ein wachsendes Thema unserer Gesellschaft bleiben.“

Vieles haben Sie aufgrund der Reisebeschränkungen digitalisiert, etwa die Auditierungen. Was davon wird bleiben?
„Auch im zweiten Jahr der COVID-19-Pandemie konzentrierte sich OEKO-TEX® weiterhin darauf, die Zertifizierung zu ermöglichen und Unterbrechungen der Lieferkette zu verhindern. Neben zahlreichen anderen Maßnahmen haben wir Richtlinien zur virtuellen Auditierung eingeführt, um einen reibungslosen und konsistenten Zertifizierungsprozess zu gewährleisten. Aktuell evaluieren wir, welche digitalen Maßnahmen sich bewährt haben und ob wir diese auch für die Zukunft beibehalten können. Dabei gilt es, eine gute Balance zwischen physischen und digitalen Prozessen zu finden.“

Wir werden lernen müssen, mit dem Virus zu leben. Was bedeutet das im Alltagsgeschäft für OEKO-TEX®?
„Das Thema Gesundheit steht für OEKO-TEX® seit jeher im Fokus und wird auch nach der akuten Pandemie ein wachsendes Thema unserer Gesellschaft bleiben. Auch Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit werden immer wichtiger, was wir wie oben beschrieben unter anderem am Zuwachs unseres MADE IN GREEN by OEKO-TEX®-Labels von Jahr zu Jahr bestätigt bekommen. Natürlich werden wir mit unseren Instituten Forschung und Entwicklung weiter vorantreiben und unsere Prozesse dadurch stetig optimieren. Dabei ist für uns die Digitalisierung ein wichtiger Innovationstreiber. Unter diesem Aspekt arbeiten wir unter anderem weiter an dem OEKO-TEX® Carbon and Water Footprint Tool, um der Industrie skalierbare Lösungen zu bieten. Darüber hinaus werden wir uns auch weiterhin auf Innovationen fokussieren, um für Unternehmen die Bedeutung ökologischer und umweltschonender Verfahren attraktiv zu halten.“

Worauf werden sich die Produktionsbetriebe dann einstellen müssen, die sich auditieren lassen wollen?
„Haupttreiber und Basis für echtes nachhaltiges Handeln werden Transparenz und Nachvollziehbarkeit von Produktionsketten bleiben. Sobald eine Marke oder ein Einzelhändler die volle Transparenz aller Partner in der Lieferkette gewährleisten kann, können sie gemeinsam an nachhaltigen Lösungen arbeiten, die auch soziale Arbeitsbedingungen und Menschenrechte fördern. Neben Transparenz steht für uns die kontinuierliche Optimierung der Wertschöpfungskette im Fokus. Das geht nur gemeinsam mit der Industrie, die ebenfalls Verantwortung übernehmen muss. Hierbei wollen wir weiterhin ein wertvoller Partner sein. Gleichzeitig sind wir davon überzeugt, dass die Zusammenarbeit aller Akteure auf eine andere Ebene gehoben werden muss, um eine nachhaltige Zukunft zu erreichen. Industrie, Politik und Verbraucher müssen hierbei ihren gerechten Anteil tragen.“