Autor: Dirk MönkemöllerUnser Autor schlüpft jeden Monat in eine neue Haut und probiert modische Trends im Selbstversuch. Diesmal: eine grell orangefarbene Outdoor-Jacke für den Herbst.
Ich wollte schon immer mal …
… möglichst heile durch die nahende Herbst- und Winterzeit kommen. Schließlich will man auch bei trübem Wetter als Fußgänger oder Radfahrer von Auto- und E-Scooter-Fahrern erkannt werden, damit man nicht über den Haufen gebrettert wird. Ein spätsommerlicher Besuch beim örtlichen Outdoor-Ausstatter verspricht Hilfe. Zunächst erblicke ich in dem Laden die allseits bekannten Funktionskleider in gedeckten Erdtönen, die groben Karomuster und Hosen mit abnehmbaren Beinen. Auf den zweiten Blick entdecke ich aber Jacken, Hosen, Pullover, Mützen, Handschuhe, Taschen (also so ziemlich alles) in einem strahlenden Orangeton, der bis vor Kurzem noch für Arbeiter in Gefahrenzonen und Jäger auf der Pirsch reserviert war. Anscheinend ist das, was einst als Ausnahmesituation galt, heute das „New Normal“.
Wie konnte es so weit kommen?, frage ich mich, während ich an meterlangen Kleiderständern vorbeiflaniere und immer mehr Klamotten in Signaltönen erspähe. Die Lösung liegt auf der Hand: Denn in den Großstädten gilt inzwischen das Motto „Mensch versus Maschine“. Wer nicht übersehen werden möchte, trägt grell. So einfach ist das. Und die Textilindustrie hat längst erkannt, welches Potenzial dieser Straßenkampf birgt.
Orange Is the New Black
In der Sale-Abteilung finde ich eine Zipper-Jacke mit Kapuze von Jack Wolfskin in leuchtend Orange. Da ich, zugegeben, ein Pfennigfuchser bin, nehme ich sie mit. Auf dem Weg zur Umkleidekabine springt mir ein ähnliches Modell von MOUNTAIN EQUIPMENT in Blau-Orange ins Auge, das etwas weniger wie eine Warnweste daherkommt. Ich probiere beide Jacken in einer kleinen, hell ausgeleuchteten Umkleide an, in der die Jackenfarben beim Fotografieren eher blass daherkommen. Die Passform sowie den Tragekomfort empfinde ich bei beiden Varianten als gleich gut. Und ein kleines bisschen fühle ich mich wie ein Bauarbeiter in einer Gefahrenzone.
Pistengaudi
Wer schon ein paar Jahre auf dem Buckel hat, erinnert sich bestimmt an den Neon-Hype in den 1980er- und 1990er-Jahren. Damals wurden in den alpinen Skigebieten Jacken der Firma elho in Gelb, Grün und Pink gesportet. Es war der letzte Schrei – gefühlt hat jeder Skifahrer unter 60 Lenzen die Neonkluft am Start gehabt. Wie der Zufall es will, ist die Marke elho, die 1948 in München gegründet wurde, nach langer Abwesenheit seit Ende 2020 wiederbelebt am Markt (diesmal übrigens mit Firmensitz in Köln).
Den Outdoorladen verlasse ich dann aber doch ohne Signalkleidung. Die vergangenen Jahre bin ich schließlich auch ohne gut durch die dunkle Jahreszeit gekommen. Mit einem ganz schlichten Kniff, der inzwischen auch ein Riesentrend ist: ACHTSAMKEIT.
In diesem Sinne – bleiben Sie wachsam im Straßenverkehr!