Autor: Markus OessDas Label ALPHATAURI verfolgt einen Plan: Fashion Meets Function. Und den setzt das Management konsequent um, sagt CEO Ahmet Mercan. Er und Stefan Boeing, Head of Sales Central Europe, sprechen im FT-Interview über die Startphase des Red-Bull-Labels und dessen mittelfristigen Ziele. Der Vertrieb der Premiummarke soll in der Kernregion D-A-CH verdichtet werden. Der Handel sei auf der Suche nach Neuem und ALPHATAURI biete Neues.
FT: Herr Mercan: Wofür steht ALPHATAURI eigentlich?
Ahmet Mercan: „ALPHATAURI steht für einen Newcomer in der Modewelt, der über hybride Kollektionen Innovation, Funktionalität und Fashion zusammenführt. Mode mit einem erkennbaren Mehrwert für den Konsumenten.“
Wie viel Mode und wie viel Formel 1 steckt in dem Namen?
Mercan: „Da ALPHATAURI als Premium-Fashion-Marke auch eine sehr sportliche DNA in sich trägt, liegt der Bezug zur Formel 1, als Premiumprodukt des Rennsports, sehr nahe. Mode bleibt aber unsere Kerndisziplin. Die Formel 1 zahlt hierbei über ihren Technologie- und Innovationsdrang zusätzlich auf die Marke ein.“
Wie viel hat die Marke heute noch vom ursprünglichen Konzept in sich?
Mercan: „Sehr viel. Wir haben einen definierten Plan mit dem festen Ziel, ALPHATAURI als die Marke zu etablieren, die ich eben beschrieben hatte: Fashion Meets Function. Diesen Plan setzen wir sehr konsequent um.“
Wie sah der Plan aus, die Marke zu etablieren?
Mercan: „Wir haben anfangs den technischen Parka in den Fokus gerückt, um genau dieses Konzept zu kommunizieren, in den Markt zu tragen und in einem ersten Schritt die Marke dem Verbraucher näherzubringen. Hierbei ging es nicht darum, als Parka-Spezialist festgelegt zu werden, sondern uns als kompletten Anbieter funktionaler Premiummode zu positionieren, bei der Outerwear eine der Kernkompetenzen darstellt. Uns ging es zunächst darum die Marke aufzubauen und sie ganzheitlich mit Leben zu füllen. Das ist uns bisher auch sehr gut gelungen. Dann hat es auch pandemiebedingt Fahrt aufgenommen und wir haben im Kaufverhalten gesehen, dass die Marke beim Verbraucher angekommen ist. Die Kollektion ist konsequenterweise um weitere Kernkompetenzen wie 3-D-Strick sowie Pants erweitert worden. Heute beliefern wir 60 Türen. Diese Partnerschaften gilt es nun zu festigen, bevor wir weitere Schritte gehen.“
Was würden Sie heute anders machen?
Mercan: „Bei aller Selbstkritik im Grunde nichts. Wir haben auf die richtigen Themen gesetzt: Funktionalität, lässige Urbanität und Premiummode.“
Stefan Boeing: „Genau das bekommen wir aktuell von den Konsumenten, aber auch vom Handel gespiegelt. Im Handel ist die Bereitschaft zu echten Veränderungen so groß wie lange nicht mehr und wir bieten einzigartige Produkte mit einem besonderen Markenerlebnis. Wir treffen den Zeitgeist.“
Wie sieht die Bekanntheit bei den Endkonsumenten aus?
Mercan: „Im Heimatmarkt Österreich ist die Marke durch den Link zu Red Bull und das Engagement im Bereich der Formel 1 schon sehr bekannt und auch in Deutschland werden wir bekannter. Wir sind jetzt seit knapp fünf Jahren am Start. Nach Österreich haben wir vor drei Jahren in Deutschland lanciert. Italien ist vor eineinhalb Jahren dazugekommen. Wir haben natürlich noch nicht die Markenbekanntheit der etablierten Marken.“
Boeing: „Dennoch kommen inzwischen die Händler auf uns zu. Wir haben das Interesse geweckt und es wird über uns gesprochen. Was auch international geholfen hat, waren unsere Präsenz auf der Pitti und explizit auch die Teilnahme der #100 vor wenigen Wochen. Wir haben auch RINASCENTE als langfristigen Partner gewonnen, die uns in nun insgesamt vier Häusern aufgenommen haben.“
Die Kollektionsaussage des Red Bull-Labels
„Eines der Schlüsselelemente für die neue Kollektion Frühjahr/Sommer 2022 sind Farbe und Form. Farben übermitteln Emotionen. Diese Kollektion ist inspiriert von der Glaskunst und Designer Alva Aalto. Der Titel lautet ‚Organic Modernism‘. Die Styles spiegeln diese grundlegende Ästhetik wider und kontrastieren mit der Neuheit im Colour Blocking und Logo Prints. Frisch und gleichzeitig sehr modern!“ Mikyong Yeom, Head of Design – ALPHATAURI
FT: Wie läuft das Geschäft Direct to Consumer?
Mercan: „Wir haben aktuell zwei Stores in Österreich und ein weiterer wird bald dazukommen. Inzwischen macht aber Online mehr als die Hälfte des Volumens aus und wir wachsen hier zunehmend.“
Boeing: „Auch der Wholesale holt zusehends auf.“
Wird es weitere Erweiterungen geben?
Mercan: „Wir haben noch einige Spielfelder definiert, aber alles zu seiner Zeit. Jetzt geht es darum, unsere Kompetenz über Komplett-Looks auszuspielen und uns modisch zu festigen und weiterzuentwickeln.“
Boeing: „Wir wollen Innovationen nicht um ihrer selbst willen einführen, sondern dann, wenn es in die Zeit und in unseren Plan passt. Innovation bezieht sich dabei nicht allein auf das Produkt, sondern auch auf unser Unternehmen und unser kleines, aber sehr bewegliches Team.“
Welchen Einfluss hatte Corona?
Mercan: „Die Pandemie hat natürlich wie überall auch bei uns die Digitalisierung angetrieben. Wir sind heute in der Lage, die komplette Kollektionsübergabe digital mit unserem Digital Sales Assistant abzubilden, der im Sommer 2020 eingeführt wurde. Aber an unserer grundsätzlichen Strategie, die ich eben skizziert habe, hat auch COVID-19 nichts verändert. Im Gegenteil, wir fühlen uns mit Blick auf die Ergebnisse im Handel bestärkt.“
Wo steht ALPHATAURI vertrieblich betrachtet? Sie haben sich ja im Vertrieb und im Marketing verstärkt.
Boeing: „Ich bin im Januar dieses Jahres dazugekommen und habe die Order Herbst/Winter 2021 begleitet. Unsere Händler haben geschrieben. Nach Berlin und der Pitti im Januar 2020 hatten wir ja keine physischen Messen mehr gehabt und dennoch fanden Dinge wie 3-D-Knit und unsere Hosen, die Outerwear Wahrnehmung. Wir müssen zum Händler und zu seinem Portfolio passen. Das gilt aber auch umgekehrt.“
Mercan: „Wir beliefern 60 Türen und wünschen uns ein komplettes Jahr ohne pandemiebedingte Unterbrechungen. Es geht darum, alle Prozesse durchzutakten und zu optimieren. Wir werden sicher die Anzahl der Händler erhöhen, zumal wir derzeit einen Pull aus dem Handel erfahren.“
Boeing: „Wir beschäftigen uns mit den klassischen Vertriebsthemen, also: Wie sieht die Marke auf der Fläche aus? Wie schulen wir den Handel? Welche PoS-Pakete bieten wir an? Wir haben aktuell vier Mitarbeiter, davon zwei in Deutschland und je einen für Österreich und die Schweiz/Italien an Bord und werden das Team sicher auch weiter verstärken.
Nicht nur im Außendienst, sondern auch in anderen Bereichen wie zum Beispiel im E-Commerce.“
Sind Sie damit im Plan?
Mercan: „Wir sind gut in der Zeit und Nachhaltigkeit ist wichtiger als Wachstum um jeden Preis. Wir achten auf einen sauberen Vertrieb und setzen auf Qualität, nicht auf Quantität.“
Wie sehen die nächsten Expansionsschritte aus?
Boeing: „Uns geht es zunächst um Konsolidierung der bestehenden Aktivitäten. Wir wollen den Vertrieb in der Kernregion D-A-CH verdichten. Dazu haben wir erste Aktivitäten auf dem italienischen Markt und machen erste Gehversuche in den Niederlanden und Japan. Und wir haben unseren Online-Shop, der inzwischen in 86 Ländern freigeschaltet und in 7 Sprachen verfügbar ist.“
Die neue Frühjahr/Sommer-Kollektion 2022 wird ab Mitte Januar 2022 erhältlich sein und im Februar und März 2022 durch weitere Drops ergänzt. Die Preis-Range bewegt sich zwischen 79,90 Euro und 799,90 Euro.
Sie wollen selektiv vertreiben, welche Kriterien legen Sie an potenzielle Händler an?
Mercan: „Wir verstehen uns als Premium Fashion Brand. Wichtig ist, dass der Händler unsere Marke nicht nur versteht, sondern im Idealfall auch zu 100 Prozent hinter ihr steht und sie vertritt.“
Stefan Boeing: „Es muss nicht der Platzhirsch sein, sondern auch der Spezialist ist für uns immer eine Option. Wir sind neu und haben daher mehr Freiheiten, allerdings will ich an dieser Stelle auch nicht die Leistung etablierter Marken schmälern, die seit Jahren und Jahrzehnten ihre Leistungsfähigkeit auf der Fläche unter Beweis gestellt haben. Die Händler sind heute allerdings informierter. Für uns ist das ein Vorteil.“
Was wird diese Orderrunde bringen?
Stefan Boeing: „Konkrete Zahlen nennen wir nicht, da bitte ich um Verständnis. Aber ich bin sicher, dass wir das Wachstum im Corona-Jahr 2020 deutlich übertreffen werden und das Geschäft in dieser Order anziehen wird.“
Die Gesprächspartner:
Ahmet Mercan studierte in Köln Wirtschaftsinformatik. Nach seinem Master arbeitete er für Sony Puma und LACOSTE, bevor er im Oktober 2014 zu Red Bull stieß. Mercan ist Head of Global Consumer Products (General Manager) Red Bull und seit Juni 2015 auch CEO ALPHATAURI.
Stefan Boeing verantwortet als Head of Sales Central Europe die Bereiche Wholesale und E-Commerce. Boeing ist seit insgesamt 25 Jahren in der Modebranche zu Hause, die meiste Zeit davon in verschiedenen leitenden Positionen bei Puma und LACOSTE.