Autor: Markus Oess Der Hosenspezialist HILTL, Sulzbach-Rosenberg, hat sich für den Restart der Branche viel vorgenommen. Zur anstehenden Order Frühjahr/Sommer 2022 präsentiert HILTL ein neues Konzept mit einer strategisch ausgerichteten Markenkampagne. Das Label soll wieder mehr durch hochwertige, handwerkliche Produktqualität Handel und Konsumenten überzeugen und mit neuen Angeboten auch neue Zielgruppen ansprechen, unter anderem wurde eine Denim-Linie eingeführt. Was das Unternehmen in dieser Saison plant und wohin die Marke sich entwickeln soll, erklären Ina Krumm, Head of Design, und CEO Gerhard Kränzle im Gespräch mit FT.
„Ich bin seit 16 Monaten im Unternehmen und davon arbeite ich seit 14 Monaten in einer Sondersituation. Schon im Februar 2020 war klar, dass wir einen Lockdown bekommen, und dessen Folgen ebenso wie die des zweiten Lockdowns sind ja nun hinlänglich diskutiert worden“, berichtet Gerhard Kränzle, CEO von HILTL, gegenüber FT. „Dann ist unser Investor, die NORD Holding, abgesprungen und wir mussten alles auf Hold stellen. Jetzt haben wir im Dezember 2020 mit der LOREA AG einen finanzstarken strategischen Investor gefunden, der uns auch die nötige Zeit gibt und die notwendigen Investitionen mit geht“, betont der Manager noch. Im Zuge der Insolvenz und des neuerlichen Investorenprozesses hat der Hosenspezialist ein strategisches Konzept entwickelt und damit begonnen dieses auch schon umzusetzen. Kränzle plant in diesem Jahr mit Investitionen von rund 2,5 Millionen Euro, davon 2,1 Millionen Euro für den Standort hier in Sulzbach-Rosenberg. „Wir müssen auch die Infrastruktur des Unternehmens genauso wie den Vertrieb modernisieren und als weitere wichtige Maßnahme haben wir eine strategisch angelegte Markenkampagne entwickelt, die wir noch in diesem Frühherbst starten werden“, kündigt Kränzle an.
Das Unternehmen hat sich bei der Erarbeitung des Konzeptes externe Hilfe geholt, wie Ina Krumm, Head of Design & Marketing, weiter ausführt. „Wir haben h + p hachmeister + partner damit beauftragt, Stärken und Schwächen von HILTL im Handel und gegenüber dem Endverbraucher zu analysieren und Verkaufsdaten auszuwerten. Zusätzlich haben wir Interviews mit den strategisch wichtigen Handelspartnern geführt. Aus Daten heraus haben wir die notwendigen Maßnahmen abgeleitet, um jetzt nach Corona wieder vorn mitspielen zu können.“ Krumm listet gleich die Key Learnings auf: HILTL habe eine treue Zielgruppe, müsse aber auch sportiver werden. Händler, die die Marke auslisten, verlören ihren Endkunden, da er wegen der hohen Markentreue nicht zu Ersatzprodukten greife, sondern dann lieber eine andere Produktgruppe aufsuche. Dennoch müsse es gelingen, die klassischen Kunden auch zur Sportswear zu bringen, die sie mit der Marke noch nicht verbinden, und das Label müsse auch über die Sportswear etwas modernere Kundengruppen gewinnen. „Es geht mir gar nicht um die ganz Jungen, sondern um den gestandenen Mann von 40 bis 55 Jahren, der sein Leben aktiv angeht und Wert auf gute Passform und Qualität legt – und der sich unsere Hosen leisten kann. Einer, der sich gerne gut kleidet und sich dabei auch noch wohlfühlt“, sagt Krumm.
Gleichzeitig sollte die Marke, so eine weitere Erkenntnis der vorangegangenen Analyse, die Preislage mindestens halten, eher noch in der Preisstruktur etwas nach oben gehen. „Wir wollen in der oberen Hälfte der Sanduhr bleiben und nicht durchrutschen. Unsere Hosen können durchaus auch 20, 30 Euro mehr kosten, solange es das Preis-Leistungs-Verhältnis hergibt und die Geschichte dahinter stimmt“, meint Krumm dazu. Folgerichtig verschoben die Hosenspezialisten die Preisstruktur noch oben, ohne aber die Eckpreislagen zu verlassen.
HILTL produziert seit vielen Jahren mit exklusiven Partnerbetrieben in Rumänien und der Produktionsprozess hat sich gut eingespielt. „Dennoch haben wir begonnen, hier in Deutschland Kleinserien zu fertigen. Hochpreisige, handgenähte Teile, die wir in enger Absprache mit unseren Handelskunden entwickeln und hier in Sulzbach-Rosenberg im hauseigenen Atelier fertigen. Dazu haben wir eigens unseren Nähmaschinenpark auf Vordermann gebracht und unsere Mitarbeiterinnen haben sich intensiv mit den traditionellen Fertigungstechniken auseinandergesetzt. Wir haben bereits mit bubeundkönig, Nürnberg, eine Kleinserie produziert und arbeiten bereits an einer zweiten mit den Jungs“, erklärt Kränzle weiter. Die 14 Hosen von bubeundkönig waren innerhalb von zehn Tagen verkauft – bei einem VK von 429 Euro. Zusätzlich hat HILTL mit „Made in Germany“ eine Linie aufgelegt, die in Deutschland auf hohem handwerklichen Niveau und mit entsprechenden Stoffen und Zutaten produziert wird. Sie rundet das Programm mit Preislagen von 199 Euro bis 249 Euro nach oben ab. Sie ist Ausdruck „unseres generellen Qualitätsanspruches. Die Linie zahlt auf die Marke und damit auf unser gesamtes Programm ein“, wie Kränzle betont. Ein weiterer neuer Baustein der Wachstumsinitiative von HILTL ist die Einführung einer Denim-Linie im Upper-Premium-Bereich, mit Inch-Größen und Nachversorgungsplan. Das Programm umfasst mit Regular, Slim und Tapered insgesamt drei Fits und circa 30 Optionen. „Wir brauchen Denim. Wir müssen die Marke stärker emotionalisieren“, betont Kränzle.
Der HILTL-Chef geht von einem „angemessenen Wachstum von rund 12 Prozent“ für dieses Jahr gegenüber 2020 aus. Man müsse ja sehen, dass wir aus einem Jahr kommen, in dem die Umsätze branchenweit deutlich zweistellig eingebrochen sind. HILTL macht rund 60 Prozent seines Umsatzes in Deutschland und betrachtet insbesondere die DACH-Region als Kernmarkt. Außerdem will das Management mit zwei Agenturen und einem eigenen Country Manager, Cees de Windt, der seit Juli an Bord ist, Benelux ausbauen. „In der Insolvenz und auch in der Zeit des Lockdowns haben wir im Grunde kaum Händler verloren. Sicher gab es einige Überraschungen, positive wie negative, wie Händler uns gegenüber aufgetreten sind. Wir hatten vor der Insolvenz 930 Türen beliefert, jetzt sind es 850. Hinter dem Verlust verbirgt sich vor allem das USA-Geschäft, bei dem leider der Distributeur nicht so gut gearbeitet hatte, wie er sollte.“ Nun sind die Hosenanbieter mit einem ehemaligen Vertriebler dabei, das Geschäft wieder aufzubauen.
Produkt und Marke
Der Hosenspezialist HILTL hat sich im Corona-Jahr auf eine Neuausrichtung vorbereitet, die nun umgesetzt wird. Mit der bankenunabhängigen Finanzierung durch die Schweizer Beteiligungsgesellschaft LOREA AG liegt das strategische Hauptaugenmerk auf der Marken- und Produktentwicklung. Die HILTL-Hose soll als Premium-Produkt bei einer modernen Zielgruppe mit Qualitätssinn und Werteanspruch bekannt gemacht werden, gleichzeitig aber die angestammte Kundschaft mitnehmen, heißt es weiter. Gelingen soll das mit einer bereits eingeleiteten Casual-Offensive und einer modischen Stärkung der Produktwelt. Auch das bislang eher vernachlässigte Thema E-Commerce erhält mit dem „Restart“ mehr Relevanz. Ziel sei es, on- und offline präsent zu sein und diese beiden Welten mit einer einheitlichen Kommunikation und Bildsprache zusammenzuführen.
Die Produktentwicklung wird zentral aus dem Headquarter gesteuert. Um den lokalen Gedanken besser auszuspielen, soll der Aufbau der Produktion in Bayern über ein „Kleinserienformat“ vorangetrieben werden. Neue Marktsegmente und Zielgruppen will HILTL mit der Markenlinie D’CADE DENIM erreichen. Zu dieser Order bietet HILTL damit Jeans im Upper-Premium-Bereich an, mit Inch-Größen und Nachversorgungsplan. Das Programm umfasst mit Regular, Slim und Tapered insgesamt drei Fits und circa 30 Optionen. HILTL gab auch eine Marktanalyse bei h + p hachmeister + partner in Auftrag. Herausgekommen sei unter anderem, dass die Marke auch online gut angenommen werde.
Einen zentralen Stellenwert nimmt die noch für dieses Jahr geplante Brandkampagne ein. Die Kampagne soll Passformsicherheit, Detailarbeit und die europäische Produktion herausstellen.
Modisch setzt HILTL zur Order Frühjahr/Sommer 2022 auf moderne Nostalgie und die Einführung von Elementen der Klassiker. Die Weiterführung bewährter Silhouetten mit luxuriösen Materialien und sportiver Eleganz soll den Träger auch in die Zeiten der Handwerkskunst zurückversetzen. Gleichzeitig fungiert der urbane Komfort als Verbindungsfaktor zwischen Home & Office mit bequemen, leichten Silhouetten und All-in-one-Looks.