Nachhaltigkeit ist wirtschaftlich

MEYER-Hosen AG

MEYER verkauft heute rund 2 Millionen Hosen an 4.000 Kunden in 35 Ländern. Alle Kollektionen und Linien (MEYER, M|5, MMX, MEYER Golf, MEYER Active, MEYER Exklusive) sind nach Unternehmensangaben durchgängig nachhaltig. alle Bilder ©MEYER Hosen

Autor: Markus Oess
Ist das fair? Seit mehr als zehn Jahren engagiert sich die MEYER-Hosen AG bei FAIRTRADE und dennoch haben wohl nur wenige ausgerechnet den Hosenspezialisten aus Reichshof-Denklingen im Kopf, wenn sie an nachhaltige Mode denken. Inzwischen ist sogar das komplette Hosenprogramm grün. Aber wie kommt ein klassischer Anbieter mit einer eher gesetzteren Klientel dazu, schon früh auf den Öko-Zug aufzuspringen und faire Mode anzubieten? Vorstand Sven Wandres sieht darin keinen Widerspruch. Im Gegenteil: Für ihn ist durchdachte Nachhaltigkeit immer wirtschaftlicher. Auch modisch tut sich was.

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Zielgruppe sind Männer ab 35 Jahren. Je nach Händler sind manchmal jüngere Kunden dabei, manchmal ältere.

Wenn eine Hose aufgrund des Qualitätsanspruchs perfekt passt und sehr lange getragen werden kann, ist das der Kern der Nachhaltigkeit. So lässt sich in etwa der Grundgedanke zusammenfassen, warum MEYER Hosen, Reichshof-Denklingen schon vergleichsweise früh begonnen hatte, das Thema Nachhaltigkeit anders zu betrachten. Sven Wandres, Vorstand des Hosenspezialisten, verweist gleichzeitig auf die europäische Produktion in Rumänien. Die Qualität und detailreiche Verarbeitung wie zum Beispiel Two-Tone-Verarbeitung, Materialmix, saisonal abgestimmtes Innenfutter seien anders nicht sicherzustellen. Und es braucht motivierte und zufriedene Arbeitende. „Daher produzieren wir seit 30 Jahren in unserem eigenen Werk in Rumänien unter fairen Arbeitsbedingungen. In dieser Region hat auch die Landwirtschaft einen hohen Stellenwert und die Mitarbeitenden sind mit der Natur eng verbunden. Auch daher achten wir seit Beginn auf die Umwelt, wie beispielsweise mit unserer eigenen Wäscherei mit integrierter Wasseraufbereitungsanlage vor Ort. Darüber hinaus ist Teil der DNA, immer möglichst natürliche Fasern wie etwa Baumwolle, Tencel, Hanf zu nutzen, um den typischen weichen Griff zu erreichen“, sagt Wandres.

Seit mehr als zehn Jahren engagiert sich das Unternehmen bei FAIRTRADE. Auch die internationalen Sozial- und Ökologiestandards in der eigenen europäischen Produktion werden regelmäßig durch FLOCERT, den weltweit größten unabhängigen Sozialzertifizierer, vor Ort überprüft. „Seit dem letzten Jahr haben wir mit MADE IN GREEN und der STeP-by-OEKO-TEX-Zertifizierung die komplette Lieferkette für den Endkunden transparent miteinbezogen. Durch den konsequenten Einsatz von Bio-Baumwolle und weitere Maßnahmen in der Zentrale und der Produktion haben wir unsere CO2-Emissionen drastisch reduziert. Durch den Erwerb zusätzlicher Zertifikate sind alle unsere Produkte inzwischen klimaneutral. Wir waren schon immer der Überzeugung, dass Qualität, Ethik und ein guter Preis sich nicht ausschließen müssen“, sagt Wandres.

MEYER verkauft heute rund 2 Millionen Hosen an 4.000 Kunden in 35 Ländern. Alle Kollektionen und Linien (MEYER, M|5, MMX, MEYER Golf, MEYER Active, MEYER Exklusive) sind nach Unternehmensangaben durchgängig nachhaltig. „Mit unserem 360°-Responsible-Fashion-Ansatz wird sichergestellt, dass die Artikel fair produziert werden, nachhaltige Rohstoffe zum Einsatz kommen (US-Bio-Baumwolle beziehungsweise Tencel oder Hanf) und dass die Produktion auch unter fairen Umweltbedingungen stattfindet. Dies wird regelmäßig durch unabhängige Institute zertifiziert und durch MADE IN GREEN für den Händler und Endkunden transparent dargestellt“, führt der MEYER-Vorstand weiter aus.

Wie auch im Lebensmittelbereich achteten die Verbraucher deutlich mehr auf nachhaltige Produkte. Kurzlebige Mode sei nicht mehr gefragt, ist Wandres überzeugt. Und auch die Händler hätten inzwischen die hohe Bedeutung der Nachhaltigkeit erkannt und präsentierten diese Produkte in ihren Geschäften auf den besten Flächen. „Was viele Händler uns berichten, ist, dass eine konsequente Ausrichtung auf Nachhaltigkeit schon heute höhere Bons und Margen deutlich über dem Branchentrend ermöglicht“, argumentiert Wandres. „Das ist besonders wichtig im gegenwärtigen Marktumfeld, wo alle mehr denn je um Profitabilität ringen. Nur einige wenige verwechseln Nachhaltigkeit noch mit Marketing oder Philanthropie.“ Nachhaltigkeit limitiere nicht die Rendite, sie sei vielmehr der Wachstumsbringer für die nächsten Jahre, der Schlüssel zu wieder mehr Umsatz und Profitabilität.

Auf der Fläche spiele der Handel das Thema sowieso schon proaktiv aus und nutze zum Beispiel die Pop-ups der Marke. MEYER hebt bei dem Thema besonders auf Glaubwürdigkeit und konkrete Umweltvorteile pro Produkt ab. Auf die richtige Mischung komme es an, die richtige Balance zwischen erklärendem Hintergrund und modischem Image, so, wie es die Hosenspezialisten mit dem HIRMER-Pop-up umgesetzt hätten. Die „nachprüfbaren“ Pluspunkte der Hosen werden mit passenden Icons auf der Fläche visualisiert: Bio-Baumwolle, 100 Prozent klimaneutral, 40 Prozent weniger Wasserverbrauch, made in Europe, transparente Lieferkette durch MADE IN GREEN by OEKO-TEX. Außerdem können die Konsumenten über einen QR-Code an der Hose von MADE IN GREEN den Ursprung der Produktion der Hose und der Stoffe (Oberstoff und Innenfutter) komplett nachvollziehen. Die QR-Codes finden sich auf allen Werbematerialien wieder.

Auch im Vertrieb sei das Thema Nachhaltigkeit fest verankert, wie Wandres betont. „Uns ist der enge Kontakt unseres Vertriebsteams mit unseren Kunden sehr wichtig. Unsere Kollektionen und unsere 360°-Responsible-Fashion-Philosophie müssen detailliert erklärt werden. Das spezifische Sortiment für den jeweiligen Kunden muss aus einer großen Kollektion ausgewählt werden. Aufgrund unseres sehr umfangreichen Stock-Service-Programms für Nachlieferungen kann unser Kunde damit eine sehr gute Marge erzielen. Wir sind im Markt dafür bekannt, dass wir keine Depot-Modelle oder Warenrücknahmen anbieten. Wir sind davon überzeugt, dass dies nicht dem Nachhaltigkeitsgedanken entspricht und dass gerade die individuelle Zusammenstellung eines attraktiven lokalen und saisonal neuen Sortiments für den Händler sehr wichtig ist.“

MEYER ist stark internationalisiert. Auch jenseits der Grenzen gewinnt die Nachhaltigkeit zusehends an Gewicht. „Waren anfangs die skandinavischen Länder in der Nachhaltigkeit führend, haben dies inzwischen aufgrund der weltweiten ,Fridays for Future‘-Bewegungen und der damit einhergehenden politischen Aktivitäten alle Länder weltweit stark im Fokus.“ Das Thema bleibt auf der Tagesordnung und wird fortlaufend weiterentwickelt. So testet der Hosenanbieter im Bereich der Verpackung noch nachhaltigere Lösungen, arbeitet an weiteren Zertifizierungen und sucht im Austausch mit den Lieferanten nach Wegen, den CO2-Ausstoß kontinuierlich zu reduzieren. Die Mehrkosten durch den Schwenk auf eine nachhaltige Produktion finanzierte das Unternehmen über einen simplen Dreh. In der Vergangenheit wurden die Hosen immer mit einem passenden Kunstledergürtel ausgeliefert. Nicht mehr zeitgemäß, urteilte das Management seinerzeit und strich den Gürtel. Mit den Einsparungen wurde die komplette Umstellung auf Bio-Baumwolle finanziert. Viele andere Elemente der Nachhaltigkeit (faire und umweltbewusste Produktion) hätte das Unternehmen sowieso schon umgesetzt. Die Hose jedenfalls sei durch die Nachhaltigkeit keinen Cent teurer geworden. „Generell ist durchdachte Nachhaltigkeit immer auch wirtschaftlicher“, sagt Wandres.

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„Greenwashing wird schnell aufgedeckt“

Wer sich nur einen grünen Anstrich gibt, wird nicht weit kommen, sagt Sven Wandres, Vorstand der MEYER-Hosen AG. Für ihn ist das Thema Nachhaltigkeit in jeder Altersgruppe angekommen und die Marktrelevanz nicht mehr wegzudiskutieren.

Uns ist der enge Kontakt unseres Vertriebsteams mit unseren Kunden sehr wichtig. Unsere Kollektionen und unsere 360°-Responsible-Fashion-Philosophie müssen detailliert erklärt werden. “ Sven Wandres

FT: Herr Wandres, Ihre Endkunden sind nicht die sehr jungen, umweltbewegten Menschen, sondern Männer, die modisch zwar nicht unmodern, aber eher klassisch orientiert sind und die es sich leisten können. Welchen Stellenwert hat Nachhaltigkeit bei ihnen?
Sven Wandres:Unsere Zielgruppe sind Männer ab 35 Jahren. Je nach Händler sind manchmal jüngere Kunden dabei, manchmal ältere. Aufgrund der Breite unserer Kollektionen sprechen wir auch den modisch affinen Kunden an, wie beispielsweise mit unseren Tunnelzughosen LOOSE von M|5 oder vielen Modellen von MMX. Wir nehmen immer mehr wahr, dass die Modeorientierung auch altersunabhängig ist.
Zu Ihrer Frage nach Nachhaltigkeit in den Altersgruppen ist es nach meinen Erfahrungen ein Irrglaube, dass nur die jungen Menschen von Fridays for Future umweltbewusst sind. Auch die Großeltern diskutieren mit ihren Enkeln zu diesem Thema und werden von diesen sensibilisiert. Nachhaltigkeit hat auch in der Mode längst alle Altersgruppen erreicht, wie das bei Bio-Lebensmitteln längst der Fall ist.“

Sind Sie bereit, dafür auch mehr zu bezahlen?
„Die Kunden müssen für die Nachhaltigkeit nicht mehr bezahlen. Sie erhalten bei MEYER, M|5 und MMX eine modische, qualitativ hochwertig verarbeitete Hose mit zuverlässiger Passform, die auch langlebiger gleich nachhaltiger ist.“

Nehmen die Verbraucher Nachhaltigkeit als Kaufkriterium an oder ist es mehr Add-on?
„Für mehr als 50 Prozent der Kunden ist Nachhaltigkeit bereits ein wichtiges Kaufkriterium, wie durch verschiedene Studien belegt. Selbstverständlich muss die Hose aber auch gefallen und passen.“

Inwiefern werden Angebote, mehr über Nachhaltigkeit und MEYER zu erfahren, von den Endkunden auch wirklich genutzt?
„Wir bekommen von unseren Händlern sehr viel Nachfragen zu Marketingmaterial von Endkunden und registrieren auch auf unserer Website viele Zugriffe auf die Hintergrundinformationen zur Nachhaltigkeit. Die Kunden wollen genau verstehen, was Nachhaltigkeit bedeutet. Greenwashing aus Marketinggründen wird von den Endkunden schnell aufgedeckt. Die Kunden wollen ehrlich informiert werden.“

Wie hat der Handel eigentlich auf die Weichenstellung von MEYER reagiert, mehr in Nachhaltigkeit zu investieren?
„Wir haben weltweit sehr positives Feedback bekommen, Neukunden über dieses Thema gewonnen und Bestandskunden, die deswegen auf uns stärker setzen.“

Beliefern Sie inzwischen auch den ein oder anderen Ökoladen?
„Den Begriff Ökoladen finde ich inzwischen antiquiert. Früher gab es auch im Lebensmitteleinzelhandel nur die ,Ökoläden‘, heute können Sie Bio vom Discounter, über den Bauernhof per Hofkiste bis zum Vollsortimenter kaufen. So wird es bei der Mode auch sein. Aber wir bedienen auch Kunden wie avocadostore, die für ,Eco Fashion & Green Lifestyle‘ stehen.“

Wäre die NEONYT ein Thema oder bleiben Sie im „angestammten Revier“ und der Präsenz auf der PREMIUM zur nächsten FRANKFURT FASHION WEEK?
„Die NEONYT ist eine spannende Messepräsenz für Nachhaltigkeit, aber die PREMIUM hat das Thema auch bereits sehr früh erkannt und der Nachhaltigkeit viel Raum gegeben. Wir haben zuletzt mit allen unseren Marken auf der PREMIUM ausgestellt und uns dort sehr wohlgefühlt. Wir planen, dort auch in Zukunft wieder dabei zu sein.“