Autorin: Silke Lambers Ich erinnere mich noch ziemlich genau an die erste aufsehenerregende Kollaboration zwischen einem Designer und einer Modekette. 2004 fieberte ich mit vielen anderen der Kollektion von KARL LAGERFELD x H&M entgegen. Und danach für eine Zeit jedes Jahr der neuen Kollaboration. Bis dann irgendwann der Reiz des Seltenen und der großen Marke für einen kleinen Preis nachließ. Aber das traf wohl nur auf mich zu, denn gleichzeitig stieg die Zahl der Kollaborationen nicht nur zwischen Highstreet-Ketten und Designern, sondern auch Luxusbrands, Sportartikel-Herstellermarken, Sneaker-Marken, Magazinen, Künstlern, Stores und Musikern. Heute wimmelt es im Modemarkt nur so von Co-Branding und Collabs. Tendenz stark steigend. Wann bleibt da ein Highlight noch ein Highlight?
Die Liste der Kollaborationen steigt in den letzten Saisons exponentiell an: H&M x DIANE VON FURSTENBERG, FENDI x FILA, JW ANDERSON x CONVERSE, OFF-WHITE x IKEA, Nike x sacai, KARL LAGERFELD x KENNETZ IZE, VANS x MoMA, DIOR x sacai, KITH x New Balance, HIGHSNOBIETY x VILEBREQUIN, Fragment Design x Travis Scott x Air Jordan 1, HIGHSNOBIETY x H&M, GUCCI x BALENCIAGA, GUCCI x HIGHSNOBIETY x Gerald Stratford, GUCCI x THE NORTH FACE, BOSS x RUSSELL ATHLETIC … das sind nur ein paar Kollaborationen, die Liste ließe sich noch sehr lange fortsetzen.
Dabei bringen einige Kollaborationen kontinentübergreifend Brands zusammen, andere Marken schweifen nicht so sehr in die Ferne. Auch der KERING-Konzern dachte sich wohl, dass das Gute doch so nah läge, und ließ kurzerhand zwei seiner Luxusmarken miteinander kollaborieren. Ob GUCCI ARIA, die Zusammenarbeit von GUCCI und BALENCIAGA, dabei wirklich einen stilistischen Meilenstein setzen konnte, bleibt dahingestellt.
Vor diesem Hintergrund hat eine große Modezeitschrift deshalb nicht zu Unrecht etwas süffisant kürzlich die Frage in den Raum gestellt, ob man überhaupt noch ein Designer ist, wenn man heutzutage keine Kollaborationen macht. Ich denke, es ist auf jeden Fall erstrebenswerter, gerade heute statt auf Konkurrenz auf Zusammenarbeit zu setzen. Wenn dabei nicht nur Design, sondern auch Know-how (Stichwort Nachhaltigkeit) geteilt werden, umso besser.
Natürlich ist es nicht nur kreativ, sondern vor allem auch wirtschaftlich interessant, mit seiner Konkurrenz zu kollaborieren, statt unter großem Kräftemessen zu versuchen, diese auszuschalten. Mal ganz abgesehen von den positiven Effekten auf Social Media, in der Presse und der Zeit- und Kostenersparnis. Schließlich bekommt man sozusagen zwei Kollektionen für die Entwicklungskosten von einer. Dass dabei auch die Kreativität angekurbelt wird, ist zu wünschen, weil sonst kollaborative Netzwerke zur reinen Marketingmaschine verkommen.
Wenn auch in der (Reiz-)Überflutung der vielen Kollaborationen der Moment des Besonderen ein wenig leidet, finde ich dennoch die Demonstration von Gemeinschaftsgeist in einer globalen Krise ein wichtiges Signal, solange es nicht ausschließlich und offensichtlich aus der Marketingabteilung kommt. Denn eines steht fest: Zusammen ist man auch als Designer weniger allein. In diesem Sinne – designen Sie noch oder kollaborieren Sie schon?